Menschen, die unter fortgeschrittener Agoraphobie leiden, wird man (außer übers Internet) schwer kennen lernen, da sie aus Angst vor größeren Menschenmengen oder fremden Orten ihre eigenen vier Wände nicht mehr verlassen können.
Was aber, wenn so ein Phobiker von einem Gaunerpaar überfallen und in Beschlag genommen wird?
Dieser Frage nimmt sich der australische Psycho-Thriller an und schildert eine psychologisch überraschend gut durchdachte Szenerie, die allenfalls dadurch enttäuscht, vorhandenes Potential nicht noch effizienter auszuspielen.
Im Mittelpunkt stehen drei Personen: Der Agoraphobiker und ehemalige Kunsthändler Andrew, der sein Herrenhaus nicht (mehr) verlässt, Gangster Ron, aggressiv und impulsiv und seine Freundin Dale, eine manipulierbare Stripperin.
Nachdem sich das Pärchen im Herrenhaus niederlässt, bietet Andrew ihnen einen Deal an: Dale soll sich bei der Bank als Andrews Verlobte ausgeben (die für sechs Monate außer Landes sei) und könne so zweimal eine größere Summe abheben. Damit dieser Plan funktioniert, muss Dale allerdings Aussehen und Oberschichten-Verhalten annehmen, was Andrew nicht ohne Hintergedanken verfolgt…
Diese simple Konstellation auf Kammerspiel-Ebene funktioniert die meiste Zeit erstaunlich gut. Zwar ist keiner eindeutig als Sympathieträger auszumachen, doch jeder Figur wird genügend Spielraum eingeräumt, um jeweilige Schwächen aufzudecken, die der andere wiederum ausspielen kann.
Bereits als Dale von den Kleidern Andrews Verlobter entzückt durch den Raum tänzelt, erkennt dieser ihre leicht beeinflussbare Ader. Raus aus dem Sumpf des Stripper-Daseins (Ron erschoss ihren Boss) und ein wenig vom Glamour der Oberschicht schnuppern.
Andrew ist Ron hingegen ein Dorn im Auge, schließlich ist Dale alles was er hat, doch er braucht ihn, um an das Geld zu kommen und sich nach Thailand abzusetzen (Logikfehler oder naives Denken: Mit 40.000 kommt man nicht so leicht über die Grenze, wenn das Fahndungsfoto bereits im TV ausgestrahlt wird).
Dass sich Dale von Andrews kultivierter Art und seiner ständigen Gelassenheit scheinbar angezogen fühlt, passt dem aufbrausenden Ron gar nicht.
Und so nehmen diverse Psycho-Duelle ihren Lauf, nicht ohne auch mal den Hauptschauplatz des Herrenhauses zu verlassen und Dale bei ihrem unsicheren Gang in die Bank zu folgen, während zwei ermittelnde Cops immer mal wieder auftauchen und nachhaken.
Leider verfällt man zum Showdown in recht konventionelle Abläufe, mit Verfolgungen im Haus und einer Befreiungsaktion, allerdings auch mit einem leicht offenem Ausgang, der Raum für Spekulationen lässt.
In diesem Zusammenhang hätte man jedoch die Spannungen innerhalb der Dreierkonstellation etwas mehr auf die Spitze treiben dürfen, nicht im Sinne gewalttätiger Auseinandersetzungen, sondern auf Ebene von Provokationen, da diese nur sehr zaghaft zutage treten und gerade bezogen auf Rons impulsiven Charakter ein wenig glatt gebügelt bleiben.
Das ist insofern ein wenig schade, da alle drei Figuren sehr glaubhaft verkörpert werden.
Stephen Moyer hält sich als Andrew stark zurück, doch verraten seine stechenden Augen und sein manchmal prüfender Blick, dass der eventuell doch die eine oder andere Leiche im Keller haben könnte.
Ron wird von Travis Fimmel verkörpert, einem ehemaligen Model mit einer gewissen Ähnlichkeit zu Brad Pitt. Seine Unberechenbarkeit drückt gleichzeitig etwas sehr Zerbrechliches aus, zuweilen wirkt er wie ein kleiner Junge, dem man sein Spielzeug wegnehmen könnte, was bezeichnend für seinen Filmcharakter ist.
Teresa Palmer ist hingegen ein Hingucker für die Herren. Sie geizt nicht mit nackten Tatsachen und verführerischen Gesten, sondern weiß auch mit glaubwürdigen Facetten zu überzeugen, egal ob sie die Ware beim Tankwart mit einem Handjob bezahlen will oder in der Bank in eine Fassade schlüpft, die ihr einerseits gefällt und andererseits Unsicherheiten in den Weg legt.
Kurzum: Alle drei Darsteller legen erstklassige Leistungen an den Tag.
Vielleicht fehlen dem Regie-Debüt eines gewissen David Denneen noch kleine I-Tüpfelchen innerhalb der Inszenierung, die zwar atmosphärisch dicht ausfällt, aber selten markante Bilder bietet und eventuell ist jene Geschichte auf den ersten Blick zu gewöhnlich, um eine breitere Masse anzusprechen, zumal ganz große Überraschungen ausbleiben.
Zumindest aber ergeben die notwendigen Zutaten ein unterhaltsames Ganzes, um Freunden klaustrophobischer Thriller-Kost ein grundsolides Werk zu bieten.
7,5 von 10