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Nach einer viel zu langen Durststrecke serviert Multitalent Danny Boyle („Trainspotting“, „28 Days later“) dem geneigen Publikum endlich mal wieder einen prickelnden Science-Fiction-Thriller, der nicht nur mit einem über weite Strecken ausgiebigen Spannungsbogen fesselt, sondern daneben auch dank ausgereifter Tricktechnik und einer faszinierenden Prämisse überzeugt.
Genrefans werden sich jedenfalls gewiss über das frische Futter freuen, auch wenn ein unnötiger Drehbuchkniff im letzten Akt den Filmspaß ein wenig trübt.

In „Sunshine“ hat die Menschheit ein riesiges Problem: Die Sonne geht aus. Deshalb kratzt man alles spaltbare Material auf der eingeschneiten Erde zusammen, bastelt daraus eine riesige Atombombe und hofft darauf mit ihr die Sonne fremdzustarten. Die Crew der Icarus II soll die heikle Fracht dorthin schippern, abladen und dann schnellstens die Biege machen. Natürlich kommt auf dem Flug dorthin aber erstens alles anders und zweitens als man denkt.

„Sunshine“ bringt frische Luft in den miefigen Science-Fiction-Sektor, der nach dem Ende von „Star Trek“ und „Star Wars“ trotz gelungener Genrebeiträge wie „Serenity“ momentan nicht sonderlich salonfähig ist. Die üblichen Klischees werden weitestgehend vermieden, die klaustrophobischen Sets sind eine Wucht und die angespannte Atmosphäre ein echter Bringer.
Boyle hält sich auch gar nicht lange mit ausufernden Erklärungen der Katastrophe auf, sondern konzentriert sich ganz auf die Crew von Spezialisten, die auf sich allein gestellt bald vor massiven Problemen steht, weil der unberechenbare Faktor Mensch die gesamte Mission zum Scheitern verurteilen könnte.

Genüsslich dreht Boyle an der Spannungsschraube seines visuell atemberaubenden Science-Fiction-Thrillers und treibt dabei eine Riege spielfreudiger Akteure voran, die sonst zumeist leider zu oft in Nebenrollen vergammeln (Cliff Curtis, Rose Byrne) oder sich in mittelprächtigen Blockbustern wiederfinden (Chris Evans, Cillian Murphy), hier aber überraschend ihr ganzes Spektrum abrufen.
Denn in dieser Extremsituation behalten nicht alle ihre Nerven, ziehen folgenschwere Fehler ungeahnte Konsequenzen nach sich und setzt schließlich die Entdeckung des verschollenen Schwesterschiffs Icarus I eine Kettenreaktion in Gang, die die Mission scheinbar zum Scheitern verurteilt.

Von kniffeligen Reparaturmaßnahmen im Weltall vor wunderschönen Aufnahmen der Sonne über hektische Notfälle im Inneren des Schiffs bis hin zu Mord & Totschlag an Bord bietet „Sunshine“ eine Spannungsspitze nach der nächsten, bekommt im letzten Viertel aber nicht mehr ganz die Kurve, als man an die Icarus I andockt und auf ein ziemlich abstruses Ende zusteuert. Zugunsten des bis dahin nachvollziehbaren und unangenehm real scheinenden Szenarios driftet der Film in ein phantastisches Szenario ab, um eine religiös-philosophische Sprosse zu erklimmen, die man zugunsten einer glaubwürdigen Weiterführung lieber opfern hätte sollen.


Fazit:
Letztlich macht „Sunshine“ aber trotzdem sehr viel Spaß. Die beeindruckende Inszenierung und der wuchtige Sound laden jeden Zuschauer zum Genießen ein. Die dichte Atmosphäre und die überbordende Spannung muss man selbst erlebt haben, auch wenn der Film diese Wirkung natürlich nur beim ersten Mal vollends entfalten kann. Die hervorragende Tricktechnik, atemberaubende Aufnahmen des Weltalls, die durch die Bank weg überzeugenden Darsteller erheben diesen Science-Fiction-Thriller trotz der finalen Drehbuchschwäche eindeutig in die Oberliga des Genres. Aliens gibt es übrigens nicht. So viel sei verraten.

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