Schon mit dem Horrorthriller "28 Days Later" konnte Danny Boyle einen kleinen Atmosphäre-Meilenstein setzen. Mit "Sunshine" gelingt ihm nun 2007 erneut ein phänomenaler SF-Film, der zwar aufgrund seiner spezielleren Beschaffenheit sicher nicht als Millionen-Blockbuster aus der Kinosaison hervorgehen wird, im Gegenzug aber dem interessierten Cineasten-Publikum ein einmaliges Fest für die Sinne beschehrt.
Parallelen zu Stanley Kunbriks "2001" werden schnell offensichltich. Dennoch geht Boyle mit "Sunshine" seinen eigenen, einfacher zugänglicheren Weg zwischen SF-Drama-, Horror- und atembraubenden Actionelementen. Tiefgründiges wird nur vereinzelt angedeutet - und das ist auch gut so! Schließlich soll der Film auch im Kino Spass machen und nicht einer Philosophiestunde gleichen.
Ein zweiter "Amargeddon" wäre natürlich auch nicht im Sinne der Sache gewesen. Danny Boyle scheint das auch so gesehen zu haben und konsequent erweist sich einmal mehr der Mittelweg als der goldrichtige.
Die Menschheit steht vor ihrer Vernichtung, denn der nächste Stern unseres Universums, die Sonne, stirbt. "Ikarus 2" ist nun die letzte Hoffnung. Eine Kernwaffe von der Größe Manhattans soll in das Herz der Sonne befördert werden, um durch eine dort gezündete, künstliche Supernova den sterbenden Stern wieder zu beleben. Doch steht es den Menschen zu, ihr Schicksal zu verändern, sich womöglich mit Gott anzulegen? Oder sind es vielmehr die Crewmitglieder selbst, vielleicht eine fremde Macht oder Angehörige einer früheren "Ikarus"-Mission, die das gewagte Unternehmen sabotieren wollen?
Hat man die Möglichkeit, sich auf einen Film voll und ganz einzulassen, in ihm förmlich zu versinken (-> möglichst eine Spätvorstellung ohne Pubertierende wählen), so ist "Sunshine" die perfekte Gelegenheit hierzu. Extrem ruhige, langsame Passagen wechseln mit schlicht überragenden Allszenen, fesseln den Zuschauer mit superbem Setdesign und einer kolossal-wuchtigen wie abwechslungsreichen Soundkulisse, die schlicht oskarwürdig daherkommt.
Auch das Design der "Ikarus"-Raumschiffe ist ein Fest für die Sinne. Schaurig-schön-repekteinflössend trifft es vielleicht recht gut. Seit dem beinahe schon angestaubten "Event Horizon" war nichts Vergleichbares mehr auf der Leinwand zu sehen!
Gänsehaut garantiert "Sunshine" nicht nur beim spektakulären Weltraum-Spaziergang in unmittelbarer Merkur-Nähe. Auch das allmähliche Dezimieren der zwischen Melancholie und selbstmörderischer Hingabe schwlegenden Crew geht zunehmend unter die Haut. Und just in dem Moment, wo man schließlich denken mag: Jetzt könnte aber auch mal richtig Action und Spannung passen, dann gibts eine toll inszenierte Slasher-Passage und die nervenzerfetzenden letzten Minuten vor Zündung der größten nuklearen Bombe, die die Welt je gesehen hat.
Bewußt weitgehend auf unbekannte Schauspieler setzend ist "Sunshine" schon jetzt eines der grandiosen Highlights des Kinojahres 2007. Wie schon bei "28 Days later" katapultiert die sensationelle, erfrischend-"andere" Inszenierung - insbesondere sei auch die tolle Filmmusik in dieser Hinsicht erwähnt - "Sunshine" in eine ganz eigene Liga.
Im Kino ist der Film im Prinzip sogar falsch aufgehoben, da man dort kaum die Ruhe findet, die der Film eigentlich voraussetzt. "Sunshine" dürfte geradezu prädestiniert sein für das perfekte HD-Heimkinoerlebnis ohne jede Störung von außen.
Aber selbst im Kino kann man sich trotz aller Nachteile wie dem miesen Schwarzwert und Defekten auf den Filmrollen der fast schon unheimlichen Faszination von "Sunshine" kaum entziehen. Ich konnte kaum glauben, dass der Film meiner Uhr nach mit Werbung gerade mal 2 Stunden gedauert hat. Angefühlt hat es sich wie 3 Stunden, deren es gerne auch 4 hätten sein dürfen! :)
Fazit: Wertungspunkt Nr. 10 geht auf das Konto des konventionellen, an den Haaren herbeigezogenen Endes. Hier hätte Danny Boyle ruhig noch einmal so richtig böse nachtreten müssen und sein Werk entweder mit offenem Ende oder dem Untergang der Menschheit schliessen lassen sollen. Über den Umfang der Slasher-Elemente könnte man ebenfalls streiten, aber ich fands letztlich absolut ok.
Vielleicht gibts ja noch ein alternatives Ende auf kommenden Veröffentlichungen, dann wären die 10 v. 10 eine sichere Sache!