Review

Mit Slashern ist das so eine Sache, ähnlich der der RomComs - die Abwechslung unter Genrekollegen beläuft sich tendenziell auf null, Klischee über Klischee stapelt sich, sprich: immer dasselbe. Auch die Filmindustrie sah das jetzt, zehn Jahre nach „Scream“ und den folgenden Nachahmern, ein und vermarktet praktisch keine Slasher mehr – in der Videothek immer weniger, was bei den letzten Direct-to-DVD-Slashern nur zu begrüßen ist, und schon gar nicht mehr im Kino. Eine neue Welle, die „Terrorwelle“ mit Filmen wie „The Hills have Eyes“, „Hostel“ und Konsorten, löste die Schlitzerfilmchen ab. Das Slasherherz blutet nur wenig, freundet sich mit der neuen Sparte an, genießt es aber, wenn dann doch mal wieder ein Vertreter des geliebten Genres die Kinoleinwand erblickt.
Dass der auf 2006 gerechnete erste dieser Gattung zwei Wochen vor Ende des Jahres herauskommt, ist wegen oben benannter Gründe zu verschmerzen, wenn es dann aber gleich noch ein Remake, im vorliegenden Fall vom gleichnamigen ’74er Horrorthriller „Black Christmas“, ist und erste vernichtende Kritiken die Zeitungen füllen, ist selbst bei eingefleischten Fans Vorsicht geboten.

Ohne die Kenntnisse des Originals lässt er sich dann aber doch ganz gut konsumieren, muss man sich doch nicht über Änderungen, Modernisierungen oder Ähnliches am Drehbuch brüskieren, sondern kann, bis zur Betrachtung des Originals, das ich mir nach dem Kinobesuch bei Zeiten durchaus gespannt ansehen werde, das Remake vorerst als alleinstehendes Werk, losgelöst vom ’74-Film sehen.
Trotzdem fällt „Black Christmas“ ’06 aber auch da erstmal wie für den Slasher gewohnt marginal aus – bei der Story.
Denn abgesehen von einem Haufen, zugegebenermaßen sehr attraktiver, Studentinnen, die Weihnachten im Verbindungshaus verbringen wollen/müssen, dann aber vom Psychopathen Billy (Robert Mann), der hier einst mit seiner Mutter und seinem Stiefvater wohnte und eines Tages beide umbrachte, heimgesucht werden, hat man hier gänzliches Storyvakuum.

Die Geschichte in der Gegenwart bietet also leider nur Platz für gähnende Leere, weshalb sich Drehbuchautor Glen Morgan („Final Destination 1“ sowie einige „The X-Files“-Folgen; nach diesen ist das hier ein herber Rückschritt) der Vergangenheit Billys widmet. Die erste halbe Stunde springt munter von der Gegenwart der Mädchen über die Gegenwart Billys hin zu dessen Vergangenheit. Eine Hand voll damaliger Weihnachten wird gezeigt, wie es zur Abneigung seiner Mutter kam, die inzestuöse Zeugung seiner Schwester, die von da an der größte Schatz seiner Mutter wurde, das Einsperren auf dem Dachboden, wo er etliche Jahre verbrachte, bis hin zum Mord an den Eltern.
Auf dem Blatt Papier hätte es sicher auch ausgereicht, die ganze Geschichte anfangs von jemandem als Legende erzählen zu lassen. Doch dann hätte man nicht mal den Anflug von Plot, der Bodycount wäre niedriger und der Film knapp 15 Minuten kürzer.

Bodycount ist ein gutes Stichwort, um mal gleich auf die positiven Aspekte ein Auge zu werfen. Nicht nur, dass die Horrorfilme in letzter Zeit zunehmend brutaler werden, da macht auch „Black Christmas“ keine Ausnahme, sondern hier wird die Anzahl der Mordopfer noch mal deutlich nach oben geschraubt. Gepaart wird diese mit einigen nett-derben Effekte - gerade in den Rückblenden. In der TV-Serie „Dinosaurs“ gab es immer Fleischkekse zu essen, hier wird das Wort allerdings ganz neu definiert – lecker. Wenn da nicht mal Festtagsstimmung aufkommt.
Sonst wird aber auch nicht mit blutigen Effekten gespart, wenngleich sich mancher davon schnell totläuft – gerade das Tüte über den Kopf, Augen rausreißen und verspeisen kommt wieder und wieder. Zum Schluss hin schockt das nicht mehr, sondern wird erschreckenderweise schon fast langweilig.

Theoretisch ein weiterer Pluspunkt ist das größtenteils Verzichten auf den oft in dieser Art Film vertretenen Humor, allerdings wirken manche Dialoge und Handlungen teils so abstrus, dass es in unfreiwillige Komik abdriftet. Genauso ärgerlich und dabei überflüssig ist Kellis (Katie Cassidy; „When a Stranger calls“ - wenn die in allen Remakes von Horrorfilmen mitspielt, sollen sie ruhig alles neu verwursten, ich werde immer eine Kinokarte kaufen) Freund Kyle (Oliver Hudson, „The Breed“) samt seinem den Film in keiner Weise voranbringenden Porno. Sein Charakter, als einer von zwei Männern, wirkt dabei genauso überflüssig wie Sean Bean in „Silent Hill“.

Unglücklich gewählt fallen des Weiteren auch die Schluss-Schlussszene auf, die man sich wie immer hätte sparen können, und der immer und überall auftauchende Killer, der diesmal nicht mal ein Motiv zu haben scheint. Die Identität ist auch von Anfang an bekannt, weshalb die Spannung und das „Rätselraten“, so man denn will, gänzlich ausbleiben. Nur eine kleine, schnell durchschaubare Überraschung wird es zum Schluss geben – na ja, hatten wir alles schon.

Aber immerhin ist man das als Genreanhänger gewohnt, ohne diese Klischees würde es vielleicht auch nur halb so viel Spaß machen, wer braucht denn immer Realismus? Hauptsache es gibt mal wieder solch einen Horrorstreifen, da der Durchschnitts-„Scream“-Verschnitt aus der Videothek auch immer mehr zum Durchschnitts-„The Ring“-Verschnitt übergreift.

Wie oben bereits erwähnt und zu erwarten war, sind Frauen wie Katie Cassidy, Michelle Trachtenberg („Buffy“), Mary Elizabeth Winstead („Final Destination 3“) bestenfalls da, um ihren mehr oder weniger bekannten Namen herzuhalten und logischerweise gut auszusehen. Denn, ob man das glauben kann oder nicht, die Charaktere sind noch oberflächlicher ausgefallen als bei sonst irgendeinem Film. Somit ist einem höchstens auf Grund optischer Reize nicht egal, wer nun als nächstes in die Tüte beißt, sonst herrscht aber einige Scheißegal-Haltung gegenüber allen – nur Kyle nervt von Anfang an; aber Eyecandy-Miss-Hauptdarstellerin braucht natürlich einen Sunnyboy an ihrer Seite. Somit ist Talent in Sachen Schauspiel gar nicht gefragt, manche Damen dürfen kreischen, andere sind dafür zu schnell tot, laufen aber alle irgendwann mal durch unheimlich düstere Flure, um nicht zu bemerken, dass der Killer direkt hinter ihnen steht und vorher schon mal Aldi die Plastiktüten leer kaufte.

Obwohl das Haus einiges an schicken Locations bieten kann, bleiben die Schleicherein durch sie doch erschreckend spannungsarm. Grundsätzliche Vorhersagbarkeit trüben den Sehspaß enorm und so wünscht man sich, dass der Film endlich zur Sache kommt.
„Black Christmas“ zeigt deshalb gerade zu Anfang erhebliche Startschwierigkeiten, wenn es darum geht, das Interesse des Zuschauers zu wecken, da die wenigen Morde ein schier endloses Blabla hinter sich herziehen – jeweils ohne Ergebnis. Irgendwann fällt den restlichen Mädchen auf, dass manche von ihnen sich lange nicht haben blicken lassen, sie suchen sie, finden nichts, stimmen wieder ab, ob sie nicht vielleicht doch schon die Geschenke aufmachen sollten…. Erst wenn langsam realisiert wird, dass dieses Jahr nicht nur der übergewichtige Weihnachtsmann auf der Suche nach Plätzchen und Milch durchs Haus spaziert, nimmt der Film Fahrt auf. Und hier bemerkt man dann, wer da am Drehbuch gewerkelt hat. Das ganze schreit förmlich nach „Final Destination“ - nur mit weniger kreativen Todesarten. In der zweiten Hälfte ist es praktisch gleich ablaufend mit dem dritten Teil der Teen-Horrorserie, wurden sich Storypassagen gänzlich geschenkt und hechtet man von einem Mord zum nächsten – der nächste immer blutiger als der vorherige. Das ist zwar garantiert nicht neu oder gar revolutionär, aber immer noch gut unterhaltsam.

Somit gibt es spannungsfreie Gruselszenen für Leute, die leicht zu erschrecken sind, und sehr blutige Effekte, die gerade bei den Szenen, in denen die Augen rausgerissen werden, fast schon leicht trashig wirken, für Hartgesottene. Eine Mischung, die für beide Seiten nicht funktioniert, weshalb der Film bestenfalls im Durchschnitt hängen bleibt. Aber endlich gibt es mal wieder einen Slasher im Kino zu sehen und Fanatiker macht alleine die Tatsache schon halbwegs glücklich. Ein etwas anderes Weihnachtsfest für alle, die keine Lust auf Friede-Freude-ist-nicht-alles-wundervoll-X-Mas-Filme haben – mit Kannibalismus, neuen, abartigen Plätzchenkreationen und Lichterketten, die nicht nur Tannenbäume schmücken, sondern sich auch dekorativ um Hälse machen.
Ohne Tiefgang, nennens- oder gar liebenswerte Charaktere, dafür aber mit genügend hübschen Mädchen geht „Black Christmas“ in der zweiten Halbzeit gut ab, schmeißt dann auch die letzten, unnötigen Dialoge über Bord und metzelt sich freudig zum bekannten Showdown mit allem drum und dran (kleiner Plottwist, Hausbrand, nicht sterben wollender Killer, Schlussgag…).

In der Hoffnung (und praktisch dem Wissen), dass das Original „Black Christmas“ etwas stimmungsvoller und besser ist… (knappe 6/10)

Details
Ähnliche Filme