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Patriotismus in seiner reinen Form – ein ganz amerikanischer Heldenstreifen

Neulich, im Flughafen von Athen. Beim Einchecken sehen wir zwei verdächtig aussehende Menschen. Beide tragen buschige Bärte und einer der beiden einen weißen Anzug, dazu weiße Slipper. Wie wir wissen: es gibt Todsünden in der Herrenmode, und ganz klar gehören da weiße Slipper dazu. Damit ist bekannt, wer der Fiesling des Films ist – und insgesamt sind die Araber in diesem amerikanischen Heldenepos allesamt fies aussehende arg bärtige Typen. Die zwei Verdächtigen bringen auch ruckzuck das Flugzeug in ihre Gewalt und verbreiten an Bord Angst und Schrecken.

Sensationell und daher hier einen eigenen Absatz wert allerdings ist Hanna Schygulla als deutsche Stewardeß „Ingrid“ mit unglaublich schlimmer Hochfrisur, dafür aber mutig und tapfer sich weigernd, die jüdischen Fluggäste herauszusuchen. Ihre gekreischte Begründung dafür ist die Nazivergangenheit der Deutschen – nun auch verewigt in einem amerikanischen B-Movie. Man darf zitieren: „Can’t you see? I am German...the Nazis...the selections, the camps…I won’t do it”! Dank Euch, Golan und Globus, für diese feinsinnige Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit.

Schlimme Dinge spielen sich dann im folgenden ab, als die Hijacker die jüdischen Passagiere einen nach dem anderen vom Rest trennen, herzzerreißende Szenen, kleine Kinder rufen, man solle nicht gehen, es gibt Kußhände, Tränen, und eigentlich möchte man an dieser Stelle ausschalten. Aber Hurra, Auftritt Delta Force, die schlagkräftige Truppe unter der Führung von Lee Marvin und Chuck Norris, mit dabei Haudegen wie Steve James und Bo Svenson. Was man aber nicht weiß: bei einer Zwischenlandung in Beirut sind zusätzliche Terroristen an Bord gekommen – und die aussortierten amerikanischen Juden wurden weggebracht. Und so muß der Versuch, die Maschine in Algier zu stürmen, abgebrochen werden, da die Gefahr, Geiseln zu töten, zu groß ist. Aber wir haben es ja mit einem patriotischen Film zu tun, und daher ist klar – der zweite Versuch, den man startet, als die restlichen Geiseln von Bord gebracht und in einer Turnhalle eingekerkert werden, muß gelingen. Außerdem gilt der alte Wahlspruch „Leave no man behind“ immer und überall, daher folgt der finale Einsatz in Beirut bei drei Zielen: Geiselbefreiung in der Turnhalle, Befreiung der Juden aus dem Hauptquartier und Sturm auf den Flughafen, da dort noch die Crew in Händen der Terroristen ist.

Schon die längliche Beschreibung bisher stellt das klare Problem des Films deutlich heraus: es dauert viel zu lange, bis etwas passiert und man die Deltas in Aktion sieht. Genau gesagt: bis zur Filmminute 61, und da gibt es nur ein kurzes Schießen lediglich seitens der Terroristen. Richtige Aktion passiert eigentlich erst in Beirut, aber da ist man schon in der Filmminute 74 angelangt. Die Aktion ist aber dann prima inszeniert, man achtet auf die DREI GROßEN GRUNDSÄTZE bei einer Autoverfolgungsjagd: Es müssen die Fahrzeuge explodieren, sobald sie beschädigt sind, es muß ein Marktkarren umgenietet und es müssen offene Autotüren abgefahren werden. Auch die Feuergefechte sind in Ordnung, denn auch da hat man auf Wesentliches aufgepaßt: Anzahl der getöteten Amerikaner: 1, Anzahl der getöteten Terroristen: mehr als 100. Dabei geht es teils auch recht heftig zur Sache, die letzte halbe Stunde des Films macht richtig Spaß. Schauspielerisch ist das alles natürlich indiskutabel, Norris hat in etwa die gleiche Menge an Gesichtsausdrücken parat wie Steven Seagal, und Lee Marvin brauchte wohl das Geld. Immer wieder schön ein Wiedersehen mit George Kennedy ( Nackte Kanone ) und Robert Vaughn, die alten Haudegen...aufgrund der zähen ersten Stunde und des gerade zum Schluß hin widerwärtigen amerikanischen Patriotismus aber nur durchschnittliche Unterhaltung, daher am besten die DVD kaufen ( die amerikanische, schon allein wegen Frau Schygullas Ausbruch... ) und bei Kapitel 17 einsteigen - 6/10.

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