Kitty Darling ist ein erfolgreiches und berühmtes Showgirl aus New York, aber auch allein erziehende Mutter der kleinen April. Schweren Herzens schickt sie diese (auf den Rat eines Freundes hin) in eine Klosterschule, auf dass die Göre eine richtige Ausbildung verpasst bekommt und es dereinst zu einer seriösen Berufung bringt.
Jahre später befindet sich Kittys Stern im freien Fall, dafür säuft sie wie ein Loch und fällt auf einen zwielichtigen Typen namens Hitch rein, der sie nichts als betrügt und ausnimmt. Als er von der Tochter erfährt, zwingt er Kitty dazu, das Mädel aus der Klosterschule und zurück nach New York zu holen. Mit dem Schulgeld hat er besseres vor.
April darf also zurück nach Hause kommen, zeigt aber gewisse Anpassungsschwierigkeiten. Kein Wunder: Im Gegensatz zum geruhsamen Kloster ist New York hektisch und laut, Mutti ist eine abgewrackte Säuferin, die in heruntergekommenen Clubs vor perversen Gaffern auftritt, der Stiefvater will aus ihr ebenfalls ein Showgirl machen und steigt ihr zu allem Überfluss auch noch nach. Aber es gibt Hoffnung: April lernt Tony kennen, einen jungen, hübschen und netten Marine. Amor tut sein bestes und schon bald machen die beiden Hochzeitspläne. Doch Aprils kann ihre Mutter, deren Abhängigkeit von Hitch zu einem tragischen Ende führt, nicht einfach im Stich lassen…
APPLAUSE entstand in der Frühzeit des Tonfilmes und ist, wie so viele seiner Zeitgenossen, ein Musical. Genauer gesagt: Ein Backstage-Musical, in dem tatsächlich relativ wenig gesungen, dafür das (tragische) Leben der Showgirls hinter der Bühne zum Thema gemacht wird. Das Ganze driftet bald mal heftig in Richtung Melodram ab, was Gelegenheit für ausschweifende Dialoge bieten. Das Gerede wird teils etwas gar viel, aber Schwatzhaftigkeit ist bei frühen Tonfilmen nicht unbedingt ungewöhnlich, schliesslich war damals das lippensynchrone Sprechen von der Leinwand herunter eine der aufregenden Neuerungen, die das revolutionierte Medium bot und von denen das Publikum nicht genug kriegen konnte (so wird APPLAUSE sogar im Vorspann als „100% all talkie“ beworben).
Der Film ist also auch ein Melodram. Das Schicksal schlägt heftig zu und auch wenn es für April und Tony ein Happy End gibt (Hollywood und so, gell), so ist APPLAUSE doch alles andere als ein Wohlfühl-Film: Zum einen ist da der Leidensweg der kleinen April, die ihr schönes Leben im Kloster hinter sich lassen und konfrontiert wird mit einem Stiefvater, dem der Sinn nach mehr als nur elterlicher Liebe steht, und einem entwürdigenden Business, in dem sich ihre Mutter verbraucht und in dem auch sie selbst, Mutti zuliebe, die gierigen Blicke der Männerwelt über sich ergehen lassen muss.
Kitty indes hat nicht einmal das Glück, von einem strahlenden Helden gerettet zu werden, sondern verzweifelt an ihrer gescheiterten Karriere und dem parasitären Hitch, der sie schlussendlich fallen lässt. Ihr Freitod mittels Schlaftabletten gibt der glücklichen Vereinigung von Tony und April eine bittere Note.
Auch die schummrigen Clubs, die nicht gerade hübschen Mädchen auf der Bühne und die noch weniger hübschen Penner im Publikum sorgen dafür, dass hier der Blick auf die Welt nicht übermässig positiv ausfällt. Freude und Glück schimmern nur in den Szenen mit April und Tony auf, wo Mamoulian dann auch aus dem Zwielicht des Milieus an die „Oberwelt“ wechselt; wenn der junge Marine seiner April auf dem Dach eines Hochhauses den Heiratsantrag macht (wirklich ganz wunderbaren Aussicht auf das alte New York an der Stelle).
Drehbuchautor Garrett Fort (der für diesen Film einen Roman einer gewissen Beth Brown adaptierte) war übrigens auch an Paramounts DRACULA, FRANKENSTEIN und DRACULA’S DAUGHTER beteiligt (und schrieb für Mamoulian am Skript von THE MARK OF ZORRO MIT).
Der Armenier Mamoulian, welcher mit APPLAUSE seinen ersten Hollywoodfilm fabrizierte (und der später bekannte Werke wie DR. JEKYLL AND MR. HYDE (1931), THE MARK OF ZORRO oder SEIDENSTRÜMPFE mit Fred Astaire drehen sollte), präsentiert sich als sattelfester Regisseur: Das Tempo ist anständig, stockt höchstens etwas in den bereits erwähnten, breit ausgewalzten Dialogen. Abgesehen zeigte sich Mamoulian, was den Ton anbelangt, experimentierfreudig: Gleich die Anfangsszene, Kitty Darlings triumphaler Einzug in die Stadt, wird nur mit Musik und etwas Gejubel unterlegt, ansonsten gibt es keine Geräusche, was eine befremdliche Atmosphäre, eine surreale Wirkung zur Folge hat. Auch wenn April in New York ankommt und allein die Geräusche der Grossstadt, allen voran der Lärm der Autos, die Szene beherrschen, stellt sich dieser Effekt ein (insbesondere auch, da sie zusätzlich hochgespeedet ist). Intensiv ausserdem die Sequenz, in der Kitty nach den Schlaftabletten sucht: bis auf ein paar vereinzelte Geräusche der herumgeschobenen Fläschchen im Badezimmerschrank bleibt die Szene völlig still.
Andererseits muss ist auch anzumerken, dass der Ton ab und an nicht ganz synchron, die Qualität hingegen eher erschütternd ist und dafür sorgt, dass man den Streifen öfters mal schwer versteht. (Wobei das auch schlicht mit dem Alter und allfälligen Beschädigungen des Filmmaterials zusammenhängen kann.)
Auf der visuellen Ebene versucht Mamoulian das Bild etwas aufzulockern, indem er einige ungewöhnliche Kameraperspektiven ausprobiert (z.B. extreme Aufsicht) und in den ansonsten eher statischen, theaterhaften Dialogszenen, die zum grössten Teil in langen Einstellungen gefilmt wurden, den Filmapparat immer in Bewegung hält. Es gibt auch einige recht aufwändig wirkende Kamerafahrten (die allerdings ziemlich ruckelig rüberkommen, ausserdem gerät schon mal der Schatten des Kamerateams dick und fett ins Bild). Mit all dem gehörte Mamoulian zu den wenigen Regisseuren der frühen Tonfilmzeit, die trotz der technischen Schwierigkeiten, die in der Hinsicht mit der Tonaufnahme einhergingen, nicht auf visuelle Dynamik verzichten wollten. (Und sei es, dass das Geräusch der Kamera mit auf die Tonspur gerät.)
Gewitzt sind ein paar Szenenübergänge, beispielsweise wenn die Kette, die April als kleines Mädchen geschenkt bekommt, in der nächsten Einstellung zum Rosenkranz wird, oder Kitty von Hitch tagträumt, während der Bildschirm sich teilt und uns zeigt, dass der Kerl grade mit einer anderen rummacht.
Kitty Darling wird gespielt von Helen Morgan, eine damals berühmte Broadway-Sängerin, welche sowohl das junge, dynamische und optimistische Showgirl, als auch das alte und versoffene Wrack mit zittriger Stimme (tragischerweise endete sie im richtigen Leben ganz ähnlich) überzeugend rüberbringt. Man hat durchaus Mitleid mit ihr und ihr Tod fährt einem doch ziemlich ein; andererseits kann einem sauer aufstossen, wie sie sich von Hitch gängeln lässt und alles macht, was er verlangt, nur damit er sie nicht verlässt. Als er sich, ziemlich offensichtlich, an ihre Tochter ranmacht, schaut sie gar nicht erst hin, sondern geht stattdessen mit Freundinnen einen saufen.
Süss und unschuldig und etwas komisch in ihrer tiefreligiösen Art (sie betet regelmässig, ist extrem angwidert von dem sündigen Treiben in New York, etc. Naja, Klosterschülerin halt) ist Joan Peers als April Darling. Man fühlt mit ihr mit, wenn sie in ihrem knappen Kleidchen (resp. dem, was man damals dafür hielt) über die Bühne hüpfen muss.
Angemessen fies, aber nicht übermenschlich böse ist Fuller Mellish Jr. (der hier sein Debüt als Filmschauspieler gab und zwei Streifen später in jungen Jahren starb) als Hitch. Tony wird dargestellt von Henry Wadsworth (debütiert hier ebenfalls, war später zu sehen in THE THIN MAN oder MARK OF THE VAMPIRE), der vielleicht etwas zu sehr auf Grinsekatze und verliebten Jüngling macht, aber gerade noch sympathisch rüberkommt (und zudem für die heiteren Momente in diesem ansonsten eher düsteren Film sorgt).
Fazit: APPLAUSE nicht unbedingt ein Meilenstein der Filmgeschichte, weder inhaltlich noch formal noch technisch, aber als ein Beispiel des frühen Tonfilmes ist er immer noch interessant und auch der von Hollywood ungewohnt düstere Ton der Story und die vereinzelten technischen Experimente machen ihn bemerkenswert. Kann man sich mal ansehen.