Die Erben des just verstorbenen, wohlhabenden Lord Lebanon staunen bei dessen Testaments-Verlesung nicht schlecht, denn bevor das beachtliche Vermögen unter ihnen verteilt wird, müssen diese zunächst sechs Tage und sechs Nächte im Lebanon'schen Familien-Sitz "Marks Priory" miteinander aushalten... leichter gesagt als getan, denn allzu grün sind sich die lieben Verwandten untereinander eh nicht und dann geht auch noch ein unheimlicher Mörder in dem Schloss um, der - vermutlich um seinen potenziellen Erbteil zu vergrößern - den Anwesenden nach und nach mittels einer speziellen Tuch-Würgetechnik den Hals umdreht. Da draußen ein Sturm tobt, der die Flucht unmöglich macht und die Polizei ob der gestörten Telefon-Leitung nicht verständigt werden kann, bleibt dem Anwalt Frank Tanner nichts anders übrig, als den Killer auf eigene Faust zu entlarven... Dieser Beitrag zur hiesigen Edgar Wallace-Reihe verlässt die durch die Vorgänger etablierten Gruselkrimi-Pfade und macht stattdessen ziemlich ungeniert einen auf Agatha Christie, indem er in einer stimmungsvollen Schloss-Kulisse die gute, alte "Zehn kleine Negerlein"-Nummer variiert. Nun ja, das zeitgenössische Publikum wird sich darüber nicht allzu sehr gegrämt haben, denn unterm Strich ist "Das indische Tuch" doch einer der besseren Filme der Serie geworden, der einen - für die Verhältnisse seiner Zeit - recht beachtlichen Body Count initiiert und mit einem unkaputtbaren Whodunit?-Plot für spannendes Mystery-Entertainment sorgt. Auch wenn hier zur Abwechslung mal nicht die nebligen Straßen Londons als Kulisse dienen, ist die Angelegenheit atmosphärisch dank der immer noch gut anzusehenden Schwarzweiß-Fotografie doch wieder mal ganz beachtlich ausgefallen, während die versammelte Schauspiel-Riege wie erwartet ziemlich in ihren überkandidelten Rollen aufgeht... allen voran natürlich Eddi Arent als Comic Relief-Butler und der wieder mal freidrehende Klaus Kinski als (zu offensichtlich) Verdächtiger. Ziemlich auffällig und erstaunlich ist allerdings, dass Edgar Wallace-Stamm-Regisseur Alfred Vohrer hier mit einer subjektiven Kameraführung die eine oder andere Mord-Szene erarbeitet, die auch in einem frühen italienischen Giallo-Streifen nicht wirklich fehl am Platz wäre... und die "Das indische Tuch" damit ebenso wie die zeitgleich entstandenen Mario Bava-Werke als Vorläufer des Slasherfilm-Genres kennzeichnet (auch wenn die gewählte Mord-Methode hier natürlich völlig unblutig ist). Wäre da nicht der Soundtrack, der das gruselige Geschehen in hibbeliger 60s-Manier immerzu echt unpassend untermalt, gäbe es hier nicht wirklich was zu bekritteln, aber das mit der stimmungsstützenden Verbindung von Bild und Ton hatte man hierzulande damals halt noch nicht so wirklich raus und so virtuos wie später bei Argento und Carpenter kommt das dann ergo nicht rüber... was aber natürlich nicht bedeuten soll, dass man mit "Das indische Tuch" heutzutage nicht doch noch allemal seinen Spaß haben kann, wenn er feiertags zusammen mit ein paar anderen Wallace-Streifen am Stück in der Glotze läuft. Dass das Filmchen es mit der Logik jedoch nicht so arg hat, muss man ihm dabei halt nachsehen, aber Arents trockene Sprüche und der augenzwinkernde Schluss-Gag (Edgar Wallace erbt am Ende alles!) deuten ja darauf hin, dass die Chose wohl bereits 1963 schon nicht so gänzlich bierernst gemeint gewesen ist...
7/10