Kann man eigentlich einen Abenteuerfilm in Mitleidentertainment einbinden, ohne dass es bitter aufstößt? Edward Zwick gelingt die schmale Gratwanderung zumeist recht gut, er zeigt erschreckend deutliche Bilder vom Grauen des Bürgerkrieges und lässt darin drei Figuren nach dem titelgebenden Blutdiamanten fiebern.
Einzige größere Kritikpunkte sind die Länge seiner Odyssee und die Vorhersehbarkeit ihres Verlaufs.
Sierra Leone, Ende der 90er: Konfliktdiamanten werden illegal verkauft, um einheimische, revolutionäre Rebellen zu finanzieren. Einer der Diamantenschmuggler ist Danny Archer (DiCaprio), ein ehemaliger Soldat, der während einer kurzzeitigen Inhaftierung von einem besonders großen Blutdiamanten hört. Salomon (Djimon Hounsou), der als einziger vom Versteck des Diamanten weiß, wird von Archer überredet, ihn dorthin zu führen. Als Tausch werde er ihm helfen, die verschleppten Mitglieder seiner Familie wieder zu finden.
Merkwürdig. Da haben wir auf der einen Seite gelernt, uns von den nahezu alltäglichen Krisenberichten irgendeines afrikanischen Staates mit hilflosem Achselzucken zu entziehen und dann erlebt man drei Einzelschicksale auf Zelluloid und schon ist man wieder mittendrin.
Es ist eben nicht so anonym, wenn man die Sichtweisen einzelner Charaktere inmitten von Blutvergießen und Völkermord miterlebt, weil einem plötzlich das Gefühl beschleicht, diese Menschen persönlich zu kennen.
Da gibt es Archer, den selbstgerechten Zyniker, der auch vor Gewalt nicht zurückschreckt, - Hauptsache das Geld stimmt, oder der Diamant befindet sich in seinen Händen. Andererseits kann er das Elend, das ihn Zeit seines Lebens im afrikanischen Kontinent umgeben hat, nicht länger ertragen, der Diamant soll seine Fahrkarte in der Ferne und eine bessere Zukunft sein.
Dann gibt es die Journalistin Maddy (Jennifer Connelly), die ähnlich ambivalent gepolt ist. Ihr Einsatz ist in sämtlichen Krisenregionen der Erde, der Fotoapparat ist stets griffbereit. Momentan untersucht sie den Fall der Blutdiamanten, um eine Story über die Drahtzieher zu schreiben, wobei ihr Archer sehr hilfreich sein könnte. Doch auch sie bleibt nicht ungerührt vom Leid, nicht immer steht ihre journalistische Berufung an erster Stelle.
Die dritte Figur ist das Bindeglied und der eigentliche Held der Geschichte, Salomon. Sein Charakter ist weitaus weniger zwiespältig, denn als Familienvater ist ihm der Aufenthalt des Diamanten zweitrangig, er ist um das Wohl seiner Familie bedacht, Frau und Kinder wurden verschleppt und sein Sohn gar zum Kindersoldaten „ausgebildet“. Sein Charakter schwankt zwischen Naivität und Impulsivität, lässt sich jedoch für den Zuschauer am besten nachvollziehen.
Folgerichtig bildet die Entwicklung dieses Dreiergespanns den Kern des Ganzen. Da mag man der Beziehung zwischen Archer und Maddy durchaus ein „Casablanca“ Plagiat vorwerfen, aber es hätte mich andererseits angekotzt, wenn die beiden in der Kiste gelandet wären, anstatt sich gegenseitig fortwährend zu hinterfragen.
Zwar erscheint mir die Entwicklung Archers vom Saulus zum Paulus nicht ganz nachvollziehbar und auch die nach außen hin völlig uneigennützige Herangehensweise Maddys wirkt nicht immer glaubhaft, aber die Figuren offenbaren Potential.
Was man über den äußerlichen Verlauf der Geschichte nicht unbedingt behaupten kann, denn auf der Basis eines Abenteuerfilms ist der Ablauf fast schon einseitig und vorhersehbar. Die drei hasten durch den Dschungel, umgeben von Rebellen und Schüssen, man hält inne, ein weiterer Schauplatz und wieder das gleiche: Eine lange Reise unter Dauerbeschuss, neben den Rebellen kommen im späteren Verlauf auch noch skrupellose Söldner hinzu.
Aber die Sache ist spannend inszeniert, lange nicht mehr haben sich Gewehrschüsse so realistisch angehört und selten wirkten Kulissen eines Kriegsschauplatzes authentisch wie hier. Innerhalb weniger Sekunden werden Dutzende von Menschen einfach niedergestreckt, Kinder werden gezwungen, mit verbundenen Augen auf Erwachsene zu schießen, Landschaften gleichen Trümmerfeldern und das Elend umklammert einem in jedem Winkel.
Dabei arbeiten die zahlreichen Statisten ebenso eindrucksvoll, wie die Pyrotechnik und nicht zuletzt Schnitt und Kamera, die besonders während der Schusswechsel hervorragende Ergebnisse liefern.
Vom Cast enttäuscht niemand.
Da es aber um einige Oscarnominierungen geht, etwas genauer: DiCaprio spielt gut, nuanciert und verleiht seiner innerlich gebrochenen Gestalt stets den passenden Ausdruck. Als oscarwürdig sehe ich seine Leistung jedoch nicht an.
Den hätte definitiv Djimon Hounsou verdient, denn er verkörpert den Solomon mit einer Inbrunst und Kraft, einer manchmal schier haltlosen Emotion, dass es zeitweilig fast zu Tränen rührt. Dagegen sieht Jen Connelly zwar hübsch aus, aber ihrer Rolle kann sie nicht allzu viel entnehmen, um richtig zu glänzen. Jedoch erleichtern die guten Darsteller auf jeden Fall ein Mitfiebern.
Und das ist gegeben, es gibt spannende Momente, hoch emotionale Szenen und nur manchmal ein paar inhaltliche Ungereimtheiten. Insgesamt ist mir persönlich die Sache ein wenig zu lang ausgefallen, einige Szenen wirken in die Länge gezogen und stark ausgeschmückt, was sich besonders im Mittelteil bemerkbar macht.
Ansonsten bleibt ein Film der fesselt, nachdenklich macht und zwischenzeitlich auch wachrüttelt. Aus der Perspektive betrachtet, ein nicht unerheblicher Beitrag,
8 von 10