Review

Nightmare Detective
(Sunfilm/ Tiberius Film) 

Japans Ausnahme- und Extremkünstler Shinya Tsukamoto beglückt uns in seinem neusten Film Nightmare Detective wieder mit einem Ausflug in die abgründigsten Untiefen seines kreativen Denkens.Lagen früher Jahre zwischen den einzelnen filmischen Kunstwerken Shinya Tsukamotos, so zeichnet sich in letzter Zeit eine kreative Schaffensphase ab, die es ihm ermöglicht, innerhalb kürzester Zeit eine Vielzahl von faszinierenden Filmen zu drehen, die auf der einen Seite durch eine visuelle Wucht glänzen, auf der anderen Seite den Zuschauer aber auch zutiefst verstören. Nebenbei gelingt es ihm, auch als Schauspieler sowohl in seinen eigenen, als auch in vielen Filmen seiner Kollegen zu überzeugen (Takashi Miikes Dead or Alive 2 oder Ichi the Killer, Takashi Shimizus Marebito oder in eigenen Filmen wie Haze, Snake of June, Tokyo Fist oder den beiden Tetsuo – Filmen).
Nach Filmen wie Vital, oder dem extrem unangenehmen Kurzfilm Haze ist Nightmare Detective nun ein fast konventioneller Streifen geworden, der sich stringent an einer Storyline hält, und nur punktuell seine überbordende morbide Kreativität durchscheinen lässt.
Die Geschichte präsentiert uns die junge Polizistin Keiko (dargestellt von der Sängerin Hitomi), welche nach einer freiwilligen Versetzung in eine neue Abteilung nicht nur gegen die Vorbehalte von Teamkollegen zu kämpfen hat, sondern noch zwei mysteriöse Todesfälle bearbeiten muss, die auf den ersten Blick wie Selbstmorde aussehen, aber so bestialisch ausgeführt wurden, dass ihr Zweifel erscheinen. Zumal das eine der Opfer sich vor den Augen seiner Frau im Schlaf wie im Rausch immer wieder mit einem Messer auf sich eingestochen hat. Wurden die Opfer in ihren Alpträumen zu diesen Taten getrieben? Warum haben alle Opfer vor ihrem Tod dieselbe Nummer auf dem Handy angewählt? Kann der mysteriöse Nightmare Detective, ein Medium mit der Gabe, sich in die Träume seiner Auftraggeber zu begeben, weiterhelfen?
Auf den ersten Blick scheint es, als habe Tsukamoto seinen Beitrag zum sehr angesagten japanischen Gruselfilm geliefert, aber so einfach kann man es sich nicht machen. Zu sehr sind Verknüpfungen zu seinem Gesamtwerk zu sehen, zu offensichtlich taucht der Bezug zu Themen wie Selbsttötung, Aufgabe  des eigenen Ichs oder die Kapitulation vor der gesellschaftlichen Norm auf.
Wenn Träume der Spiegel zur Seele eines Menschen sind, Tsukamoto seine Träume dabei filmisch verarbeitet, dann möchte ich nicht wissen, wie sein Seelenleben aussieht!!!
In Nightmare Detective schafft Tsukamoto den Sprung von der Reflexion des Innenlebens seiner Charaktere hin zu einer Betrachtung auf den Zustand einer ganzen Generation. Die Unfähigkeit der Kommunikation, der Verlust der Gabe der Empathie, Probleme, die sich leider nicht nur in der japanischen Gesellschaft finden. Aber auch hier zeigt ein versöhnliches Ende den Willen nach Veränderung.
In meinen Augen ist Nightmare Detective Tsukamotos am leichtesten zugängliches Meisterwerk, welches vom Zuschauer, ähnlich wie bei vielen Filmen David Lynchs, auf vielen Ebenen betrachtet werden kann. Dies macht den Film so spannend und interessant.
Zur Rezension lag mir nur eine Presse -DVD vor, aber ich denke, dass die Firma Sunfilm die gewohnt hohe Qualität veröffentlichen wird. Als Bonusmaterial wird Sunfilm neben dem Originaltrailer noch ein Interview mit dem Regisseur Shinya Tsukamoto und ein 100 Minuten langes Making of präsentieren, welches einen umfassenden Einblick in die Produktion von Nightmare Detective gewähren wird.
Nightmare Detective ist ein modernes Meisterwerk geworden, welches definitiv einer intensiven Auseinandersetzung seitens des Zuschauers bedarf, aber durch seine geniale Verknüpfung von visuell rauschhaften Bildern, einer interessanten Story und dem typisch hypnotischen Soundtrack genau diese intensive Betrachtung so interessant macht!

CFS

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