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Computerspiele haben gegenüber Literatur einen unschätzbaren Vorteil - sie benötigen keine Begründung für das gewählte Szenario. Weder müssen psychologische Beweggründe dafür herhalten, warum der Eine böse und der Andere ein Held ist, noch braucht es eine ausgeklügelte Hintergrundstory, um zu erklären, wieso Hundertschaften von Soldaten gegen einen Volksstamm von Krugs antreten - ganz abgesehen davon, dass man gar nicht erst erfährt, woher diese Tier-Mensch-Wesen mit den Pappmasken eigentlich herkommen.

So gesehen macht Uwe Boll alles richtig, indem er gar nicht erst versucht, die auf ständige Kämpfe hinauslaufende Handlung zu verfeinern. Er besetzt einfach die Bösen mit Schauspielern, die sowieso immer die fiesen Typen markieren (Ray Liotta, Matthew Lillard) , den Helden mit Jason Statham, den kumpeligen Side-Kick mit dem coolen Ron Perlman, den König mit einem sonoren Burt Reynolds und lässt dazu gleich eine Armada attraktiver Frauen auflaufen (Claire Forlani, Leelee Sobieski, Christanna Loken), die ein bisschen für emotionale Stimmung sorgen. Geradezu bewundernswert ist dabei der Mut zu Dialogen, wie gleich zu Beginn, als Farmer (Statham) mit seiner Frau Solana (Forlani) im Bett rummacht - so wunderbar einfach gestrickte Mann/Frau-Konstellationen, bei der der Mann ein in sich gekehrter Schweiger und die Frau voller Sehnsucht nach Worten der Liebe ist, traut sich heutzutage kaum noch Jemand.

Ähnlich tief schürfend beginnt die Story, die gleich einen unmotiviert mit Muriella (Leelee Sobieski) rumknutschenden Ray Liotta zeigt, der noch ein wenig von Liebe schwafelt, bevor er sich in Luft auflöst, woran der Beobachter gut erkennen kann, das es sich bei ihm um einen Mann namens Gallian handelt, der magische Kräfte besitzt. Bei der nächsten Begegnung der Beiden hat es sich dann aber mit den Gefühlen, denn inzwischen hat die tapfere Muriella, in der als Tochter des Hofmagiers ebensolche Kräfte ruhen, gemerkt, dass es sich bei Gallian um einen ganz Bösen handelt. Warum ihr das trotz Rays Narbengesicht erst so spät auffiel, bleibt ebenso ein Rätsel, wie ihre schnelle und problemlose Überwindung angeblicher Gefühle – immerhin entschuldigt sie sich später dafür bei ihrem Vater mit den eindrucksvollen Worten : „Es tut mir leid!“.

Nicht weniger problemlos entledigt sich Boll der Figur des kleinen Jungen, der Farmers Sohn sein soll. Zumindest wird das zu Beginn so geschildert, indem die üblichen väterlichen Weisheiten an den Sprössling weitergegeben werden, aber nachdem der Junge von den Krugs gekillt wurde (natürlich nicht im Bild zu sehen), regt sich sein Papa noch mal kurz bei wildem Grabschaufeln ab und dann ist das Thema gegessen. Der Junge hätte bei den kommenden Schlachten auch schlicht gestört, denn Solana wurde natürlich nicht getötet, sondern soll in einem unterirdischen Bergwerk dem bösen Gallian als Sklavin dienen. So kann sich Farmer unbelastet mit seinen Kumpels auf den Weg machen, sie zu befreien…

In „Schwerter des Königs“ wird Komplexität mit möglichst vielen zusätzlichen Gruppierungen und Personen verwechselt, auch wenn deren Interaktion selten schlüssig ist. Auffälligste Figur in diesem Panoptikum ist des Königs Neffe Herzog Fellow, der von Matthew Lillard gewohnt chargierend als hinterhältiger Feigling gegeben wird. Warum er seinen Onkel als König beerben will, ist mit dieser Charakterisierung natürlich ausreichend geklärt, allerdings fragt man sich, wie er das bewerkstelligen will, da es keine Person gibt, die ihn unterstützt – außer dem Magier Gallian. Dieser scheint wiederum eigene Machtinteressen zu verfolgen, weswegen er das sonst vor sich hin vegetierende Volk der Krugs unter seine Kontrolle bringt und gegen des Königs Heer antreten lässt.

Worum es wirklich geht, erfährt man zu keinem Zeitpunkt. Weder erkennt man Fellows Nutzen für Gallian, noch versteht man, warum dieser überhaupt gegen den König kämpft, da er selbst genug Macht besitzt und es nicht nötig hätte, einen unfähigen Typen wie Fellow als Statthalter auf dem Thron zu dulden. Es stehen nicht einmal irgendwelche Reichtümer oder gar ein Ring auf dem Spiel – einzig die Furcht vor dem Leben unter der Fuchtel dieser Bösewichter wird für Farmer als Motivation an die Wand gezaubert, damit er den König bei dessen Kampf unterstützt.

Wie einfach gestrickt die Inszenierung angelegt ist, erkennt man daran, dass jede Konstellation, die irgendwie Tiefe oder zumindest eine gewisse Ambivalenz beinhalten könnte, sofort fallen gelassen wird. Die anfängliche, nicht nachvollziehbare Liebesaffäre zwischen Muriella und Gallian sorgt bei späteren Konflikten für keinerlei weitere Irritationen und als Fellow nach einem Mordversuch auf den König auch noch mit dem größten Teil des Heeres davon zieht, befürchtet man einen inneren Konflikt, gar eine Art Bürgerkrieg. Doch alleine das Auftreten des wieder genesenen Königs vor seinen Soldaten, führt ohne Diskussionen, Zweifel oder gar Schuldzuweisungen zu deren Rückkehr ins königliche Lager. Und der böse Fellow ist wieder allein.

Es kommt dementsprechend zu mehreren groß angelegten Schlachten, die das königliche Heer und die sie unterstützende Bevölkerung immer im Kampf mit den anonymen Krugs zeigen. Wahlweise werden sie dabei von Ninjas oder hübschen Waldbewohnerinnen unterstützt, aber der nicht zu erkennende Grund dafür spielt keine wesentliche Rolle, da die Kampfhandlungen insgesamt nur schwer zu entziffern sind. Es wird zwar gehauen und gestochen, aber weder fließt Blut noch fliegen irgendwelche Gliedmassen. In diesen Momenten ist „Schwerter des Königs“ von quälender Langeweile, da das optisch verwischte Gemetzel nicht fesseln kann, denn zum Einen wird keine Spannung aufgebaut und zum anderen sind die Kampfhandlungen im Detail nur schwer zu verfolgen.

Trotzdem kann man Bolls Film einen gewissen Unterhaltungswert zugestehen, der auch über die hier weit verbreitete unfreiwillige Komik hinausgeht, wenn etwa Jason Statham in „Transporter“ – Manier mit Kung-Fu Sprung ins mittelalterliche Getümmel eindringt. Auch wenn es nach wie vor schwer vorstellbar ist, wie es Uwe Boll immer wieder gelingt, so bekannte, wenn auch nicht aktuell zur 1.Garde gehörende Darsteller zu verpflichten, so sind doch die Momente, in denen Ray Liotta, Matthew Lillard und Burt Reynolds ihrem Job nachgehen, gerade in ihren einfach gestrickten, komplett an der Erwartungshaltung orientierten Dialogen jederzeit amüsant. Selbstverständlich kann die gesamte Handlung nur wenig überraschen und ist auch in vielen Details richtig schön schlecht, aber wenn man Ray Liotta auf den Vorwurf, er wäre wahnsinnig, antworten hört: „Hier nennt man das nicht Wahnsinn, sondern Macht!“, dann bereitet „Schwerter des Königs“ durchaus Vergnügen.

Fazit: Wer von „Schwerter des Königs“ einen schlüssigen Film mit einer nachvollziehbaren Handlung und charakterlicher Tiefe erwartet, wird enttäuscht, aber im Gegensatz zum unsäglichen genreverwandten „Die letzte Legion“ riskiert Boll noch etwas, indem er vor allem seine Bösewichter munter chargieren lässt. Zwar werden auch hier alle gewalttätigen Kämpfe familiengerecht abgeschwächt, aber immerhin verfügt sein Film noch über ein paar böse Überraschungen, der immer mal wieder ein Guter zum Opfer fällt.

Tatsächlich ist „Schwerter des Königs“ am schwächsten während der groß angelegten Kampfhandlungen, deren Inszenierung trotz viel Dreck und Regengüssen eher lieblos wirken, aber wer Freude an Dialogen hat, die in ihrer Einfachheit schon wieder originell sind, kommt hier auf seine Kosten (4/10).

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