Vor 3 Jahren wurde Vincents Frau Ashley ermordet, der Täter wurde nie gefasst. Man weiß nur, dass es ein Taxifahrer mit roter Jacke, auffallendem Ring und einem Schaden am Auto war. Heute wohnt Vincent in New York, verdient sein Geld mit Hunderennen, und wird von seiner Nachbarin Alice belagert eine Beziehung zu beginnen. Aber Ashley ist immer noch in Vincents Kopf, und um sie da raus zu bringen muss der Mörder her. Irgendein Mörder. Also nimmt sich Alice einen x-beliebigen Taxifahrer, gibt ihm eine rote Jacke, einen Ring, beschädigt sein Auto, und präsentiert das alles Vincent. So weit so gut, aber dieser Taxifahrer, Roger, ist ein weitaus härterer Brocken als gedacht. Und vor allem weitaus klüger als gedacht …
Dass ich nach einem Film im Dunklen sitze und sinniere, das kommt nicht oft vor. Normalerweise heißt das Spiel aufstehen, Licht machen, DVD raus, einpacken und einsortieren. Aber hier ist es irgendwie anders. Vieles ist hier anders. Zum Beispiel habe ich schon ewige Zeiten nicht mehr so schöne und gleichzeitig verkommene Bilder von New York gesehen. Selbst die Bronx wirkt auf eine spezielle Art heimelig, und wenn Roger seine Bumerangs durch die Straßenschluchten wirft und darauf wartet dass sie wiederkommen, dann gehen Mystik, Schönheit und Sozialromantik eine merkwürdig stimmige Symbiose ein. Es gibt nicht viele Filme, wo man sich wünscht in Brooklyn zu leben und nie wieder fort gehen zu müssen!
Und inmitten dieser, noch einmal, mystisch aufgeladenen Bilder, inmitten von Bars, in denen erregend bekleidete Menschen mit Feuern spielen und dabei doch jegliche Anrüchigkeit fehlt, und inmitten von chinesischen Lokalen in denen der Tod darauf wartet zuschlagen zu dürfen, inmitten dieser Tableaus steht Harvey Keitel mit Stirnband betrunken auf einer Tanzfläche und bewegt sich zu einem rudimentären Rhythmus. Nein, richtiger: Er beschwört sein Glas in einem geradezu schamanischen Ritual und wartet dabei doch nur auf seine Königin. In seiner Wohnung, in der Bronx direkt an einer U-Bahn-Linie gelegen, stapelt sich Holz, türmen sich Holzgerüste, sind mysteriöse Schnitzereien an der Tür angebracht. Kleine und kleinste Geheimnisse sind in den halbdunklen Winkeln verborgen, welche von der ruhigen Kamera nur kurz erfasst und sofort wieder verschwiegen werden. Ins Dunkel gehüllt.
Das Dunkel. Die Finsternis zwischen den Häusern. Die Abgründe zwischen den Menschen. Die Dunkelheit, die den Dschungel erst zu dem macht was er ist. Was für ein Erlebnis, mit Harvey Keitel im Taxi durch New York zu fahren! Ihm zuschauen zu dürfen wie er Bumerangs von der Brooklyn Bridge wirft. Und wie er Liebe macht mit Emmanuelle Béart – Dieser Akt ist keine Liebe, das ist ein Verschmelzen zweier Körper, unterlegt mit dem betörend schönen Soundtrack der vorbeifahrenden U-Bahnen. Ein dunkel-romantischer BAD LIEUTENANT, aber ohne die Selbstzerstörung. Keitel gibt der Figur des Roger Culkin eine enorme Tiefe. Wie eine sinnliche Weiterentwicklung des Travis Bickle, der sich im Großstadtdschungel zurechtgefunden und sich ein Stückchen Wildnis zurückerobert hat.
Dass ich nach einem Film im Dunklen sitze und sinniere, das kommt nicht oft vor. A CRIME ist ein Krimi. Eine Liebesgeschichte. Eine Liebeserklärung an die Großstadt und ihre Verbrechen. Ihre dunkeln Ecken. Und ihre romantischen Plätze. Eine Liebeserklärung an die Liebe. Und an den Hass …