Man muss sein Publikum überraschen. So denkt auch Jerry, der die Nachtklubsängerin Kiki daher mit einem schwarzen Leoparden auf die Bühne schickt. Clo-Clo, die noch gerade ihre Show darbietet, ist davon nicht begeistert und provoziert das Tier, sodass es die Flucht ergreift. Ein suboptimaler Zustand, zumal bald die erste Leiche auftaucht und der Verdacht schnell auf die Raubkatze fällt. Doch bei diesem einen Opfer bleibt es nicht.
Inszeniert von Jacques Tourneur ist "The Leopard Man" nach dem Roman von Cornell Woolrich ein durchaus interessantes Drama mit Horroranleihen. Der Plot setzt den Punkt mit dem Tier, bedient sich seiner bei dem ersten Todesopfer und baut dann eine unsichere Ebene ein. In dieser lässt es der Film erst einmal offen, was es mit den weiteren Morden auf sich hat. Und hier liegt das in meinen Augen größte Problem, denn die offensichtlichste Möglichkeit entpuppt sich am Ende auch als wahr. Zu früh nimmt sich der Streifen damit den Wind aus den Segeln, was mich rückblickend doch enttäuscht hat. Wobei er immer noch mit anderen Attributen überzeugen kann.
Visuell hat er in Schwarzweiß gehalten einige schöne Bilder zu bieten. Gerade nachts, in schattengetränkten Straßen oder einem Friedhof, im Schwarz unter einer Brücke – atmosphärisch ist Tourneurs Werk allemal. Auch bietet er keine Längen, was bei einer Laufzeit von unter 70 Minuten nicht allzu verwunderlich ist. Fast ist man geneigt zu kritisieren, dass etwas mehr Lauflänge nicht geschadet hätte. Immerhin nutzt er seine Zeit effektiv, verzweigt die Erzählstruktur auf die verschiedenen Figuren und schafft manch spannende Szene, insbesondere rund ums Ableben mancher Figur. Wobei dies eher der Inszenierung und weniger der Empathie geschuldet ist.
Denn gerade in der Entwicklung der Charaktere wäre mehr nicht verkehrt gewesen. Das Skript beleuchtet zwar diesen Mikrokosmos, in welchem sich oftmals die gleichen Figuren wieder begegnen, thematisiert ihre Fassaden und Wünsche. Doch bleibt wohl nicht genug Zeit, um sie tiefer zu ergründen, was dem Ganzen sicherlich gut gestanden hätte. Am Ensemble liegt's letztlich nicht, dieses spielt gelungen auf, wenn auch niemand so recht heraussticht.
So ist "The Leopard Man" ein sehenswerter Film mit einer gelungenen Atmosphäre und Bebilderung, doch war mir die Auflösung letztlich zu offensichtlich und die Figurenentwicklung bleibt hinter den Möglichkeiten. Da hab ich mir mehr erhofft, zumal Tourneur sich durchaus für die Konstellationen und Hintergründe zu interessieren scheint, diese aber einfach nicht tiefer gehend betrachtet. Vielleicht hätte es dafür auch einfach etwas mehr Zeit gebraucht. Trotzdem empfehlenswert mit manch spannender Sequenz.