Inspiriert durch Arnold Böcklins Gemälde Die Toteninsel inszenierte Regisseur Mark Robson unter der Leitung von Produzent Val Lewton, deren Zusammenarbeit insgesamt vier Genrebeiträge hervorgebracht hat, eine Geschichte von Isolation, Wahnsinn und Aberglaube, eingebettet in die Kriegswirren des Balkankrieges zu Beginn des 20. Jahrhunderts in und um Griechenland. Dazu hat man Boris Karloff als Hauptdarsteller gewinnen können, der schon der Opening Sequence seinen Stempel aufdrückt und den Zuschauer während der gesamten Laufzeit nicht mehr zur Ruhe kommen lässt.
General Nikolas Pheridas (Boris Karloff) ist ein strenger, verbitterter Kriegsherr, der von seinen Untergebenen geschätzt und gefürchtet wird. Fehler werden nicht akzeptiert und dies bekommt einer seiner Männer am eigenen Leib zu spüren. Als krasser Gegenpart zu dieser Figur fungiert jene des Kriegsberichterstatters Oliver Davis (Marc Cramer), der sich mit dem hierarchischen und autoritären Führungsstil Pheridas‘ nicht so recht anfreunden kann. Nichtsdestotrotz ist der Umgangston der Männer, die bis zum Ende des Films zusammen sein werden, untereinander stets freundlich, wenngleich man eine gewisse, in der Luft liegende, Spannung nicht verleugnen kann. Allein schon durch das Producion Design und der durchweg spärlichen Beleuchtung setzt gleich zu Beginn von Isle of the Dead ein Gefühl des Unwohlseins ein, welches erst reicht nicht durch das markante Gesicht Karloffs gemindert wird, dessen bloße Leinwandpräsenz den Puls beschleunigen lässt.
So ist es besonders die Atmosphäre des Sets, welches in den ersten Filmminuten für Suspense und Grauen sorgt und so scheint es auch keine gute Idee zu sein, ausgerechnet jetzt das Grab von Pheridas verstorbener Ehefrau aufzusuchen, wo doch der Tod in der Luft liegt, die Soldaten von Seuchen und Krankheiten dahingerafft werden. Eindrucksvoll in Szene gesetzt in einer apokalyptischen Sequenz, in der Pheridas und Davis vorbei an dutzenden Leichen über das Schlachtfeld waten, von einem von Menschen gezogenen und mit Toten beladenen Wagen gekreuzt werden und schlussendlich zur Friedhofsinsel übersetzen, welche just durch Bröcklins Gemälde illustriert wird.
Die Eröffnung sitzt, der Fan schnalzt mit der Zunge und erwartet nun den Mittelteil, der, so viel kann an dieser Stelle verraten werden, mit der Eingangssequenz dann doch nicht mithalten kann. Der Film wandelt sich in der sich anschließenden Phase zu einem Kammerspiel; ist die Handlung nur noch auf wenige Räume konzentriert. Auch betreten nun weitere Personen die Bühne: der ehemalige Hehler Albrecht, der sich auf der Insel niedergelassen hat, seine überaus abergläubische Haushälterin Kyra, sowie die St. Albanys samt Dienstmädchen Thea, die auf dem Eiland Schutz vor dem Krieg gesucht haben und ein wenig später auch Pheridas‘ Stabsarzt Drossos.
In diesem Abschnitt verflacht das Drehbuch dann auch leider, weil man es versäumt hat, die Flut an neuen Personen geschickt in die Story einzubauen und den Spannungsbogen aufrecht zu halten. Zu sehr ist man teilweise mit Kleinigkeiten beschäftigt: die anbahnende Liebesbeziehung zwischen Thea und Oliver zum Beispiel oder die Rolle des Mr. St. Albany, die wenig ausgefüllt wirkt, ganz so wie die des Albrecht. Sicherlich werde auch jetzt noch einige Anhaltspunkte und Fährten gelegt, wie Theas Abneigung gegenüber Pheridas oder Kyras Gerede, dass das Böse unter ihnen sei, was zu erst von den Gästen ignoriert wird. Doch die ist leider zu wenig, um das hohe Niveau der ersten Minuten zu halten. Hier wurde eindeutig Potential verschenkt.
Erst durch die Komponente der Isolation, eingeleitet durch den plötzlichen Seuchentod des Mr. St. Albany und der möglichen Kontamination aller Gäste des Hauses, kommt neue Spannung in die Geschichte, denn die einzelnen Konflikte kommen mit der Zeit – ausgezeichnet durch die Montage der waschenden Hände verbildlicht – immer mehr zum Tragen und zehren am Nervenkostüm der Protagonisten. Man kann sich jedoch noch immer über einige Böcke des Drehbuchs wundern, wie der Frage, wo plötzlich Drossos herkommt, doch man merkt, dass die Daumenschrauben kontinuierlich angezogen werden.
Man sollte in diesem Zusammenhang jedoch keinen Ausbruch des Wahnsinns inklusive Blutbad erwarten, jedenfalls noch nicht, denn der Verfall geht langsam vonstatten. Stellenweise ist es dann auch nicht ganz nachvollziehbar, welches der Auslöser dafür ist, ob nun die klaustrophobische Enge, Kyras vom Aberglauben geleitete Hexenjagd – übrigens spielen Mythologie und Glaube in dem Film eine wichtige Rolle, nicht umsonst hat man sich Griechenland als Schauplatz ausgesucht und so ist es schlussendlich bittere Ironie, dass ausgerechnet die am rationalsten erscheinende Person diesem Irrglauben erliegt – oder der Schrecken des Krieges, in den alle Parteien mehr oder weniger stark involviert sind. Robson spart eine konkrete Erläuterung jedoch aus und versucht nicht, den Film auf eine politische Ebene zu heben, was angesichts der Kontiguität zum Zweiten Weltkrieg, ist Isle of the Dead doch aus dem Jahr 1945, durchaus möglich gewesen wäre.
Sein Ziel schien viel mehr zu sein, einen Unterhaltungsfilm für die Masse zu kreieren und dies gelingt ihm auch aufgrund des Finales, welches dann schon fast ungewohnt dynamisch daherkommt, denn nun vereinen sich Suspense, der mentale Verfall und die schlimmsten Albtraumvorstellungen der Protagonisten zu einer tödlichen Dosis, bei der, untermalt vom düster-bedrohlichen Score, nicht nur Karloff zur Höchstleistung aufläuft und wer bei der schaurigen Szene mit dem Sarg in der Gruft, dem Kratzen und Schreien, keinen Anflug von Gänsehaut verspürt, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Man fragt sich nur, warum man dies so lange zurückgehalten hat und das vorhandene Potential nicht schon früher ausgeschöpft hat. Sicherlich kann man auch hier noch über Ungereimtheiten stolpern, sei es die Glaubwürdigkeit von Mrs. St. Albanys Krankheit, doch ein zu genaues Zerlegen würde übers Ziel hinausschießen. Man sollte den Film schlussendlich als das ansehen, was er ist: Schaurige Unterhaltung für den Alltagsgebrauch und diesen Job erfüllt Isle of the Dead mehr als gut.
Sieht man einmal vom teils trägen und unausgeglichenen Mittelteil ab, bekommt der Fan von Schauergeschichten hier alles präsentiert, was ihn glücklich macht: eine solide technische Umsetzung der Story, gruselige Sets, Suspense, einen stimmigen Score und Boris Karloff wie er leibt und lebt. Ein todsicheres Rezept.