"Goal 2" fackelt gar nicht lange und bringt uns sofort in die höchsten Sphären des Fußballer-Himmels. Kaum ist der junge mexikanische Fußballer Santiago Nunez (Kuno Becker ) bei Newcastle United in der englischen Liga zum Star und besten Spieler der Mannschaft aufgestiegen, bekommt er schon ein Angebot von Real Madrid, das er nicht ablehnen kann.
Diese Mannschaft, bei der bekanntlich noch der Platzwart ein Nationalspieler sein muß, kann für jeden Fußballer nur der ultimative Traum sein und so stellt er seine süße englische Freundin Roz (Anna Friel) vor die nicht zu ändernde Tatsache und verläßt das heimelige England und wandelt in Hugo Sanchez Spuren...
Hugo wer ? - Na, so realistisch soll es trotz der vielen hier mitwirkenden Stars auch nicht sein. Hugo Sanchez ist zwar ein Nationalheiliger Mexikos und war sieben Jahre mit Madrid hundertprozent erfolgreicher als die hier zu sehenden Fußballer, aber Mexiko hat sich wahrscheinlich nicht an der Finanzierung des Films beteiligt. Sanchez wird jedenfalls nicht erwähnt und auch die mexikanische Nationalmannschaft spielt hier keine Rolle, obwohl diese kaum auf einen Spieler verzichten würde, der bei Real Madrid spielt.
Dafür werden hier eine Vielzahl anderer sehr aktiver Mitspieler aufgeboten. Das "Siemens"-Logo strahlt uns ständig von den weißen Hemden an, "Audi" bringt sein gesamtes Werbe-Knowhow mit ein und kann den A8 und den Lamborghini seiner Tochtergesellschaft immer schön dynamisch in den Vordergrund schieben und "Adidas" läßt sich auch nicht lumpen und hat gleich eine Kopie seiner Werbefeldzüge mit den Straßenfußballern eingefügt.
Bei solchen Sponsoren kann nichts mehr schiefgehen und so ist die Optik hier vom Feinsten - alles gestochen scharf und in Zeitlupe, sobald fußballerische Kabinettstückchen gezeigt werden. Dazu gelingt die Kombination aus dokumentarischen Szenen realer Spiele und den fiktiven Spielszenen mit den geschauspielerten Fußballern Nunez und Gavin (Alessandro Nivola) sowie Trainer Van Der Merwe (Rutger Hauer) perfekt. Alles ist lässig in Szene gesetzt und selbst die Aufnahmen aus den Kabinen nach dem Spiel mit einem Blick auf den tätowierten Körper von David Beckham erinnern mehr an die "Gilette"-Werbung als an schwitzende und ausgepowerte Männerkörper.
Bei äußerst oberflächlicher Betrachtung kann man den Film durchaus goutieren, angesichts der vielen Stars, schönen Dribble- und Torszenen sowie unzähligen weiblichen Schönheiten. Dazu ist alles schnell und abwechslungsreich erzählt ,ohne das man dabei irgendeine Hirnfunktion in Betrieb setzen müßte - und genau so ist es auch gewollt. Denn Jeder, der Fußball liebt, kann diesen Film nur hassen und diejenigen, die Fußball nicht leiden können, werden an Langeweile zergehen.
Doch kommen wir zu den Liebhabern fußballerischer Künste und des ehrlichen Spiels. Es ist nur allzu offensichtlich, daß die Mannschaft mit dem höchsten Marketingwert, dem höchsten Umsatz und Gewinn sich hier ein weiteres Denkmal setzen wollte ,was sie angesichts ihrer Historie gar nicht nötig hätte. Allerdings sieht die Gegenwart nicht so rosig aus, weshalb der hier dargestellte fiktive Gewinn der Championsleague von besonderer Peinlichkeit ist. Anstatt das man eine halbwegs realistische Geschichte um den CF Barcelona herum gesponnen hätte, der tatsächlich gegen Arsenal London gewonnen hatte, wird hier die Geschichte umgeschrieben.
Gerade angesichts der seit Monaten andauernden Diskussion, daß eine mit viel Geld zusammengekaufte Mannschaft aus lauter Topstars noch keinen Sieger macht und daß viele hier zu sehende Spieler Madrid längst verlassen haben oder bald werden, wird erst recht offensichtlich ,daß hier nur Werbestrategen etwas zu sagen hatten und auf die lukrativen Verträge mit Beckham, Ronaldo und Co. pochten. Das muß doch auch einem Madrid-Fan äußerst peinlich sein. Wen will man mit dieser Strategie eigentlich erreichen ?
Doch als wäre das nicht genug, muß uns die völlig vorhersehbare Story um den Fußballer aus einfachsten Verhältnissen noch eine werbewirksame Armut vorgaukeln, in der natürlich noch echte Gefühle und vor allen Dingen der ehrliche Fußball zu Hause ist. Santiago stellt fest, daß seine lange vermißte Mutter mit ihrem Sohn - also Santiagos Halbbruder - in Madrid lebt. Für deren Umfeld wurde hier eine Dritte-Welt-Landschaft mitten in Madrid gezaubert, die in ihren warmen Brauntönen und den pittoresken staubbedeckten Ruinen von folkloristischer Anmut ist. Armut und Zerfall, der einem trotzdem nicht den Appetit verdirbt und der einen angesichts der schlanken Jungen, die in abgetragener Kleidung geschickt den Ball laufen lassen, von der Wiedergeburt der Straßenfußballer träumen läßt.
So kulminiert der Film in der Szene, in der Nunez gemeinsam mit den Jungs auf dem Bolzplatz herumspielt - Armani, Rolex und Lamborghini meets unverfälschte, ehrliche Emotionen - ich sehe regelrecht, wie sich die Macher in ihrer Satinbettwäsche wälzen. Ich habe immer etwas für ein gutes Geschäft übrig und verwerfe keineswegs geschickte Strategien, aber hier findet ein Ausverkauf des Fußballs statt, der sich noch dazu den Anschein gibt, diesen auf seinen Ursprung zurückbringen zu wollen.
Fazit : Dauerwerbesendung, die so ziemlich alle aktuellen Stilrichtungen und Marketingtricks anwendet. Entsprechend attraktiv, abwechslungsreich und konfliktarm ist hier auch alles erzählt, so daß man den Machern nur bescheinigen kann, daß sie einen guten Job gemacht haben.
Doch bei "Goal 2" handelt es sich um einen Film, der eine Geschichte erzählen will ,die dazu noch auf drei Teile angelegt ist. Unter diesen Gesichtspunkten scheitert der Film völlig, da es sich um ein vorhersehbares, berechnendes und verlogenes Machwerk handelt, das den Fußball nicht von seinen schönsten Seiten zeigt, sondern nur die Art, wie er am geschicktesten ausgebeutet werden kann.
Der Film wird seine Zielgruppe erreichen, aber ich kann aus meiner Sicht nur zum Boykott aufrufen (1/10).