"Wenn du jemanden liebst, musst du ihm vertrauen - anders geht’s nicht. Eine Zeit lang glaubte ich jemanden zu haben, der diese Liebe rechtfertigt..." sagt Robert De Niro im Vorspann, steigt in sein Auto, welches explodiert und ihn in Zeitlupe in der Luft zerdehnt. Schon das grandiose Intro lässt vermuten, dass "Casino" ein fast dreistündiges, meisterhaftes Epos des großen Martin Scorsese ist.
Der Film erzählt die Geschichte von Sam Rothstein (Robert de Niro), der als Leiter eines Casinos in den 70er Jahren zum mächtigsten Mann in Las Vegas aufsteigt. Doch der Absturz lässt nicht lange auf sich warten: durch die Liebe zum geldgierigen Callgirl Ginger (Sharon Stone) und das Zerwürfnis mit seinem ehemals besten Freund Nicky Santoro (Joe Pesci) kommt der Fall ebenso schnell wie der Aufstieg...
Die edle Optik des Intros wird im gesamten Film beibehalten. Dadurch wird die Atmosphäre in den Casinos perfekt eingefangen und lässt einen richtiggehend versinken. Die Inszenierung könnte wirklich nicht besser sein, vom Regisseur bis zum Kameramann erledigen alle ihre Arbeit fantastisch.
Von Anfang an habe ich mich in die Aufmachung verliebt und war nie gelangweilt, trotz der Länge von fast drei Stunden.
Die Parallelen zu Scorseses früherem gefeiertem Mafiafilm "GoodFellas" sind unverkennbar: Sowohl vom Erzählstil, als auch von der Besetzung und dem Soundtrack ist sehr viel ähnlich. Doch Casino schafft es, noch mehr zu fesseln, wohl auch aufgrund der wie verrückt aufspielenden Schauspieler, allen voran Robert De Niro, der sich hier mal wieder selbst übertrifft. Sein Charisma ist schier grenzenlos und wenn er aus dem Off kommentiert scheinen sogar die Engel die Harfen beiseite zu legen. Zum Glück kommt er in der deutschen Fassung genauso gut rüber, denn seine bekannte Synchronstimme Christian Brückner wurde auch für "Casino" verpflichtet.
Was die deutsche Fassung nicht so gut übermittelt, ist die extrem rüde Sprache. Joe Pesci schimpft hier wie schon in GoodFellas wie ein Rohrspatz und das Wörtchen mit "F" fällt in der Originalfassung über 350 (!) mal. Beibehalten wurden in Deutschland dagegen die Gewaltszenen, bei denen das FSK 16 doch ziemlich verwunderlich ist. Die letzten 20 Minuten sind wirklich nichts für zarte Gemüter, aber verdammt gut gemacht.
Und Sharon Stone schafft es, nicht nur, geballte Erotik auszustrahlen, sondern sie beweist, dass sie auch eine gute Schauspielerin ist, was ihr sogar eine Oscar-Nominierung und den Golden Globe einbrachte. Und auch James Woods, der ihren Zuhälter spielt, ist . Martin Scorsese hat es also mal wieder geschafft, die Darsteller zu Höchstleistungen anzuspornen.
Die ganze Inszenierung, die Atmosphäre, die Kamerafahrten durchs Casino, die Schauspieler und der klasse 70er Jahre Soundtrack lassen mich einige Abkupferungen von GoodFellas vergessen und machen "Casino" zu einem häufig unterschätzten Meisterwerk, dass mich für drei Stunden fesselte und mich in die Gangsterwelt von Las Vegas eintauchen ließ. Nichts für ungeduldige Menschen, die die Überlänge abschrecken wird. Ansonsten: Anschauen!