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„Wenn du jemanden liebst, musst du ihm vertrauen – anders geht es nicht. Eine Zeit lang glaubte ich jemanden zu haben, der diese Liebe rechtfertig.“ erzählt Sam „Ace“ Rothstein (Robert De Niro) im Vorspann. Das Auto, in das er grade einsteigt, explodiert. Scorsese greift diese Szene erst fünf Minuten vor Schluss wieder aufgreift, in den 160 Minuten zuvor erzählt „Casino“ die Geschichte vom Glücksspieler Sam Rothstein, der in den 70ern Leiter eines der größten Casinos von Las Vegas wird.  

Scorsese präsentiert uns eine heile, traumhafte Welt, in der sich Sam befindet. Das Geld fließt in Strömen und er steigt mit den Jahren zu einem der mächtigsten Männer Las Vegas auf. Doch der Fall kommt so schnell wie der Aufstieg: Er verliebt sich in Luxus Hure Ginga (Sharon Stone) und gerät in einen Streit mit seinem Freund Nicky Santoro. Die Probleme überschlagen sich, bis mehrere falsche Entscheidungen am Ende, den Abstieg bedeuten. Der Rauswurf aus dem „Paradies“. 

Die edle Optik fällt dem Zuschauer ab der ersten Sekunde ins Auge. Knallige, farbgesättigte Bilder, eine sehr gute Ausstattung und optimale Kulissen sorgen für eine pralle Atmosphäre. Die tolle Kameraarbeit erledigt dann den Rest: „Casino“ besticht mit einer unbeschreiblichen Sogwirkung. 

Die Erzählweise übernimmt Scorsese aus seinem vorigem Meisterwerk, „GoodFellas“. Das nicht immer beliebte „Voice Off“ Verfahren wird hier durchgehend angewandt. Nicky und Sam geben, vor allem am Anfang ihren Senf dazu. Meist werden einzelne Szenen oder Verhaltensweisen im Milieu noch näher erläutert. Gerade dieser Stil verhilft „Casino“ zu einem Meisterwerk. Das Geschehen wird so nah und verständlich an den Zuschauer heran gebracht, dass der Film ebenfalls mit tadelloser Charakter- und Milieuzeichnung besticht, grade De Niro mit seiner, scheinbar unerschöpflichen Vielseitigkeit, beeindruckt.  

Auch der Cast erinnert sehr an „GoodFellas“, mal wieder De Niro und Pesci, die den entscheidenden Zusammenhang bilden, aber auch Sharon Stone spielt hervorragend und zeigt, dass sie zurecht eine Oscar-Nominierung für diese Rolle bekam. Frank Vincent, ebenfalls aus GoodFellas und James Woods dürfen ebenfalls neben den vielen anderen unter Scorseses Regie brillieren. 

„Die Leute kommen mit vollen Taschen nach Las Vegas, um ihr Geld, bei uns zu verspielen“ Mit Geld werden Träume erfüllt erzählt Sam weiter, doch genau er müsste es besser wissen, dass es anders ist: Ginga hat ihn nie geliebt, Sam versprach ihr Geld und Reichtum, sie müsse nie wieder arbeiten, dann war auch Ginga bereit ihn zu heiraten. Ein Fehler – Ginga liebt immer noch ihren Zuhälter Freund (James Woods) von früher. 

Dieser Gesichtspunkt zieht sich wie ein roter Faden durch den Film. In seinen Monologen erkennt auch Sam schlussendlich, dass man mit Geld keine Träume erfüllen kann. Er kauft Ginga, wie er es Anfangs tat, als sie noch Callgirl war.  

Man sollte, wie es bei den meisten Gangster-Dramen, den Film aber nicht auf seine Handlung reduzieren, denn bei einer realistischen Darstellung der Mafia, kann man nicht viel Neues erfinden. Wenn jemand nicht zahlt, hältst du ihm ’ne Kanone hinters Ohr, so einfach ist das. "Casino" glänzt viel mehr als intensive, stellenweise fiktive, stellenweise überwältigend realistischen Milieustudie: Extrem fesselnd, perfekt ausgestattet und umgesetzt, und dazu mit ein paar ganz großen Schauspielern besetzt. 

Scorsese arbeitete insgesamt nur dreimal an den Drehbüchern mit. Bei "GoodFellas", "Hexenkessel" und "Casino". Alle Filme sind Klassiker und zählen zu den besten seinerseits. „Casino" stellt letztlich seinen, mit Abstand besten Film dar. Als inoffizielle Fortsetzung immer etwas unterschätzt, ist „Casino“ ein Meilenstein der Filmgeschichte. Großes, episches Kino. Anschauen und genießen.    

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