Review

Es ist schon seltsam, wenn man sechs Jahre nach dem fulminanten „The Magnificent Seven" und der Rolle des Revolverhelden Vin auf einmal ein Greenhorn spielen muss, welches nicht imstande ist, vernünftig mit Waffen umzugehen. Doch wenn man einmal auf ein Rollenbild festgelegt wird, ist es naturgemäß immer schwer, sich davon wieder zu lösen. Denn McQueen verkörperte in seiner Laufbahn fast durchgängig einen gestandenen Mann, der keine Schwächen kannte und jeder gefährlichen Situation trotzen konnte. Wie wenig glaubhaft wirkt da seine Rolle des heranwachsenden Max Sand in „Nevada Smith". Da nützt auch eine etwas kürzere Haarpracht nicht, um die Zeit rückwärts zu drehen. Und wie ein Halbblut, seine ermordete Mutter war eine Indianerin, sieht er auch nicht aus.

In einer Zeit, in der der Italo-Western so richtig am Aufblühen war, musste ein Werk wie „Nevada Smith" zwangsläufig wie ein Anachronismus wirken. Denn die simple Rollenverteilung nach dem Gut-Böse-Schema des klassischen amerikanischen Western wird hier auf konsequente Art und Weise bis zum Schluss hoch gehalten. Es ist die ewig währende Geschichte vom Mann, der Rache nehmen muss, weil seine Familie auf grausame Art von gewissenlosen Banditen gefoltert und ermordet wurde. Und es ist die Geschichte des halbwüchsigen Max Sand, gespielt von Steve McQueen.

„Nevada Smith" ist in seiner streng linearen Erzählweise gerade zu puristisch ausgefallen. Es gibt keine weiteren Nebenhandlungen und keine unterschiedlichen Zeitebenen oder -sprünge. Sand sein langer Weg der Rache ist das Ziel und man fragt sich, welch interessante Nuance hier Spannung verspricht, da das klassische Motiv des Racheübens kaum überraschende Momente mehr bieten wird. Die Überraschung kann nur in der Hauptfigur Max Sand selbst verborgen sein, sonst nirgends. Und damit ist die Eigenschaft des unbeholfenen, ja fast tollpatschig wirkenden Sand von geradezu essenzieller Art, denn als Unbeteiligter fragt man sich unwillkürlich, wie will dieser Bursche bloß die drei Männer finden, geschweige denn ins Jenseits befördern?

Und so versucht Regisseur Hathaway, die Geschichte anzureichern mit einem sich weiter entwickelnden jungen Mann, der das harte Leben zwar schon kennen gelernt hat, sich allerdings auf seine Aufgabe, in der er sich förmlich verbissen zu haben scheint, noch vorbereiten muss. Das Erlernen der perfekten Handhabung der Waffe gehört da natürlich dazu, aber auch solche Momente wie das Lesen lernen finden hier ihren Platz. Leider nimmt sich der Film nicht die Zeit, dieser Entwicklung tiefer auszuloten. Das erstaunt um so mehr, wenn man auf die Länge von über zwei Stunden schaut, in der wir dann doch vornehmlich Max auf seinen langen Ritt vor schön abgefilmten Landschaftspanoramen sehen dürfen: Die weite unbewohnte Prärie vermittelt dabei zumindest den Gemütszustand des innerlich leeren Sand, doch ist auf Dauer eine gewisse Eintönigkeit nicht zu verbergen.

Es ist für die Anteilnahme der Beobachter auch nicht förderlich, dass die Gegner von Max nicht nur in der Anfangssequenz, sondern auch im weiteren Verlauf nicht weiter in Erscheinung treten. Die erneuten Aufeinandertreffen geraten kurz und heftig, wie eine unvermeidbare Katastrophe nimmt das Geschehen seinen weiteren Lauf. Aus dramaturgischen Gründen hat man dabei die drei Schurken in alle Winde verstreut, so dass es auf klassische Einer-Gegen-Einer-Duelle hinauslaufen muss. Aber das beraubt dem Film einiger überraschenden Momente und Wendungen, auch wenn Max sogar eine Straftat begeht, um seinen Rachefeldzug in einer in den Sümpfen gelegenen Strafkolonie fortzusetzen. Die hier gebotene Kulisse ist dann auch wie erwartet trostlos und voller Dreckigkeit, doch erscheint das alles nur wie eine leichte Fingerübung für die Jahre später erlittenen Qualen von McQueen in dem Reißer „Papillon".

„Nevada Smith" nimmt im letzten Drittel auch tragische Züge an, da weitere Personen wie die bei der Flucht behilfliche Pilar in die Angelegenheit mit hineingezogen werden. Es wird aber auch hier offen gelassen, ob Max an seiner Aufgabe bereits anfängt zu zweifeln oder ob er weiterhin bedingungslos bereit ist, sein Werk zu vollenden. Denn sein Umdenken wirkt nach einem kurzen Aufenthalt in einer Mission und einem flüchtig hingeworfenen Gespräch mit einem Geistlichen eher befremdlich und schlägt einen zu plötzlichen Haken in seinem weiteren Handeln, als er den Dritten im Bunde endlich aufspürt. Abgesehen davon, dass das Finale einen eher müden Eindruck hinterlässt und die Konfrontation Max mit seinem letzten Widersacher auch nicht genutzt wird, um den Sinneswandel auf der einen und Reue auf der anderen Seite stärker zu betonen. Max seine Einstellung wirkt eher wie eine resignierende Geste als wirkliches Umdenken. Befriedigend ist letztlich keine der beiden Deutungsweisen.

„Nevada Smith" konnte mich insgesamt nicht völlig überzeugen. Das liegt nicht nur daran, dass ausgerechnet Steve McQueen als fehlbesetzte Hauptrolle bezeichnet werden muss. Der Film will mit einem wuchtigen Bilderbogen eine große Geschichte erzählen, doch kann er dieses Versprechen in den folgenden zwei Stunden nie ganz einlösen. Zu einem Epos gehören nun mal auch differenzierte Zeichnungen der teilnehmenden Personen und nicht nur simple Schwarz-Weiß-Malereien und die Zeit dafür hätte der Film auch gehabt. Leider nur ein völlig normaler Western, der wenig Wiedererkennungswert besitzt.

Details
Ähnliche Filme