Review

Das Klappern
Nach einem Treffen mit ihrem Verlobten Akira beschließt die junge Kanako, den Nachhauseweg durch das nächtliche Tokio ausnahmsweise zu Fuß zurückzulegen, als sie unvermittelt ein seltsames, rasselndes Geräusch vernimmt. Nicht nur, dass der beunruhigende Ton sie zu verfolgen scheint, auch spürt Kanako plötzlich eine bedrohliche und unerklärliche Präsenz. Endlich in ihrer Wohnung angelangt, ist die junge Frau jedoch keineswegs in Sicherheit, materealisiert sich vor ihr doch plötzlich die Erscheinung einer hasserfüllten Frau, die Kanako daraufhin erbarmungslos durch die menschenleeren Straßen hetzt...

Stahl

Das ereignislose Leben des schüchternen Mechanikers Sekiguchi wird lediglich von dessen Arbeit bestimmt und erfährt mit einem Mal eine Wendung, als ihn sein Chef darum bittet, mit seiner Schwester auszugehen. Diese entspricht jedoch so gar nicht den schmeichelnden Beschreibungen, wie Sekiguchi beim ersten Treffen mit ihr feststellen muss, vielmehr ist der gesamte Oberkörper der jungen Dame von einem alten Kartoffelsack verhüllt, den sie offensichtlich niemals abzulegen pflegt. Zwischen den beiden entwickelt sich trotz aller Widrigkeiten eine bizarre Liebesbeziehung, die für Sekiguchi nicht ohne Folgen bleiben soll...

Das Erbe

Nach ihrer Scheidung verlässt Saeko für einige Zeit die Großstadt, um mit ihrem Sohn Michio zu ihrer Mutter aufs Land zu ziehen. Dort scheint jedoch nicht alles mit rechten Dingen zuzugehen, denn während eine sonderbare Vorahnung von Michio Besitz ergreift, verhält sich seine Großmutter merkwürdig verschlossen und bedrückt. Als seine Mutter dann auch noch mit einem düsteren Kapitel aus der Geschichte ihrer Familie konfrontiert wird und langsam den Verstand zu verlieren scheint, gerät der Junge in höchste Gefahr...



So weitreichend die Erfolgswelle des asiatischen Geisterhorrors durch fantastische Genrebeiträge wie Ringu oder Ju-On vor ein paar Jahren auch um sich griff, so hat man sich als Horrorfan dann doch irgendwann an den zumeist gleichen Gespenstergeschichten satt gesehen, was auch nicht gerade dadurch verhindert wurde, dass sich die Amerikaner mit zahlreichen Remakes und Sequels natürlich wieder einmal ihren Teil vom Gruselkuchen abgreifen mussten. So dürfte auch der episodenhaft angelegte Horrorfilm Kowai onna aus dem Jahr 2006 auf den ersten Blick nur die wenigsten Genrefans zu Begeisterungsstürmen verleiten, zu deutlich sind noch all jene lieblosen Ableger der großen Vorbilder im jüngeren Kollektiv verankert. Und obgleich letzten Endes auch keine wirklich positive Überraschung, so hätte sich Unholy Women, so der hiesige Titel des Films, die Aufmerksamkeit einiger aufgeschlossener Horrorliebhaber durchaus verdient. Das Prinzip des 102-minütigen Werkes ist dabei einfach gehalten: In drei inhaltlich voneinander losgelösten Episoden darf je ein Regisseur seinen individuellen Beitrag zum grob vorgegebenen Thema des weiblichen Geschlechts leisten, wobei die einzelnen Resultate dann auch unterschiedlicher nicht sein könnten.

Den Auftakt bildet dabei das Segment Das Klappern des in seinem Heimatland scheinbar durchaus bekannten Filmemachers Keita Amemiya. Diese Episode präsentiert sich als konventionelles Horrorstück, dem weit weniger daran gelegen ist, mit einer ganzen Reihe noch nie dagewesener Innovationen zu prahlen, als vielmehr eine kurzweilige und erstaunlich unterhaltsame Albtraumsequenz zu visualisieren. Denn genau das ist es, an was Amemiya's Beitrag zu Unholy Women sein Publikum von den ersten Momenten an erinnert: an einen ebenso konsequenten wie stilvollen Albtraum, dessen Protagonistin dabei von einer übernatürlichen Monsterfrau in einem roten Kleid erbarmungslos durch eine ansonsten menschenleere Stadt gejagt wird. Trotz der einfachen Kalkulierbarkeit des Ausgangsgeschehens wartet Das Klappern dann allerdings noch mit einer geschickt eingefädelten Auflösung auf, die dem vorhergehenden Horror eine ungeahnte Tiefe verleiht und dieses Segment kurz gesagt auch zur überzeugendsten Episode des Films werden lässt. Das Potential der minimalistischen Geschichte wird geschickt ausgespielt und erinnert mit seiner ausdrucksstarken Geisterfrau bisweilen sogar an ein japanisches Pendant zu Freddy Krueger. Während vereinzelte Grimassen der Antagonistin stellenweise fast für unfreiwillige Komik sorgen, treibt einem das variationsreiche Minenspiel der hasserfüllten Geistererscheinung im nächsten Augenblick wieder eiskalte Schauer über den Rücken. Kombiniert mit einem effektiven Subplot und einem für japanische Verhältnisse sehr bodenständigen Schauspiel der glaubwürdig agierenden Noriko Nakagoshi ergibt dies einen ingesamt doch sehr stimmigen und gefälligen Kurzfilm.
 
Weiter geht es daraufhin mit Takuji Suzuki's Stahl, der jegliche Erwartungshaltung des Publikums nach dem vorherigen Beitrag kurzerhand ad absurdum führt und seinem Publikum eine unglaublich skurille Romanze präsentiert. Dieses Segment ist nicht nur im Kontext von Unholy Women das mit Abstand hervorstechendste Stück Film, sondern dürfte auch darüber hinaus all jene in Begeisterung versetzen, welche mit den oftmals kranken und irrwitzigen Storys aus Japan bereits vertraut sind. Für die gängigen Horrorfilmkonsumenten dürfte Stahl jedoch schnell zur grotesken Belastungserprobung werden, behandelt diese Episode doch tatsächlich nur die sonderbare Beziehung eines jungen Mannes zu einer Frau, deren Oberkörper durchgehend unter einem alten Kartoffelsack versteckt ist. Dabei bleibt es jedoch nicht alleine, denn neben der Tatsache, dass man zu keinem Zeitpunkt einen Blick auf die Frau oder gar das Wesen unter dem Sack erhaschen kann, purzeln unter diesem vereinzelt immer mal wieder Ungeziefer oder rohe Fleischstücke hervor. Takuji Suzuki gelingt es zwar leider nicht, seine einmalig geisteskranke Liebesgeschichte gänzlich ohne Längen auskommen zu lassen, außerdem kann das hier aufgefahrene nur schwerlich als Horror umschrieben werden, doch davon abgesehen ist der zweite Kurzfilm in Unholy Women einfach derart absurd und makaber, dass er bei Freunden des abseitigen Nischenkinos definitiv seine Befürworter finden dürfte.

Das Erbe schließlich führt die Stimmung des Films erneut in eine gänzlich andere Richtung und schlägt unvermittelt wesentlich ruhigere Töne als die beiden anderen Kurzfilme an. Keisuke Toyoshima's abschließendes Segment ist eine geradezu klassische Horrorgeschichte, die vor der Kulisse eines abgelegenen Hauses den Wahnsinn seiner Protagonisten immer weiter schürt und eine Eskalation à la The Shining regelrecht heraufbeschwört. Dabei darf dem Werk eine erstaunliche Atmosphäre zugute gehalten werden, mit der es sich präzise ins Unterbewusstsein seines Publikums einschleicht und dort sein subtiles Grauen ausspielt. Auf der anderen Seite jedoch ist Toyoshima's Beitrag an vielen Stellen spürbar zäh, wenn nicht sogar langatmig geraten und weiß mit seinen konventionellen Geisterervisionen und der vorhersehbaren Story nicht immer ins Schwarze zu treffen. Erfreulicherweise agieren die Schauspieler auch hier ohne Übertreibungen, was Das Erbe auch für ein westliches Publikum nicht zu unverständlich werden lässt, doch den faden Beigeschmack dieser Episode weiß diese Tatsache leider nicht abzuschütteln.

Freunde des asiatischen Horrorfilms bekommen mit Unholy Women insgesamt einen interessanten und bisweilen auch recht kurzweiligen Genrebeitrag geboten, der in drei Episoden von unterschiedlicher Qualität ein abwechslungsreiches Spektrum auffährt. Von konventionellem Grusel bis zur Bebilderung abgefahrenen Wahnsinns wird hier jeder solide bedient, der sich für die etwas andere Unterhaltung aus Fernost begeistern kann. Dabei kommt der Streifen allerdings auch nicht gänzlich ohne Längen aus, was den Gesamteindruck ein wenig schmälert und einen etwas schalen Beigeschmack bei diesem ansonsten durchschnittlichen Episodenfilm hinterlässt.


Kowai onna
Japan 2006, 102 Min.
Freigabe: FSK 16
Regie: Keita Amemiya, Takuji Suzuki, Keisuke Toyoshima

Darsteller: Noriko Nakagoshi, Yûko Kobayashi, Kôsuke Toyohara, Tasuku Emoto, Nahana, Teruyuki Kagawa, Maki Meguro, Kenta Suga, Shunsuke Matsuoka, Tokie Hidari

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