Blick zurück-nach vorn!
Ich mag Mel Gibson als Schauspieler überhaupt nicht leiden: seine Darstellungen bieder-hektischer Typen und Familienväter, die vor eingebildeter Coolness nur so strotzen, sind mir grundsätzlich zuwider. Auch "Braveheart", dieses unsäglich romantisierende, und dabei doch nichtssagende Hauen und Stechen mochte ich nicht. Doch schon die "Passion Christi" fand ich trotz entsprechender Vorlagen gar nicht antisemitisch - der Film wird mir auf ewig als ein auch für Agnostiker und Atheisten erträglicher, weil in seiner Darstellung erstaunlich misanthroper Jesus-Film in Erinnerung bleiben. Neben Pasolinis "Evangelium nach Matthäus" trotz gegenteiliger Ästhetik auch der einzig sehenswerte Film zum Thema - und dementsprechend weit entfernt von Auftragsschmarren wie dem des Berlusconi-Jüngers Franco Zeffirelli.
Wie Pasolini ist auch Gibson ein Inszenator von Körpern, und in seiner expliztien Darstellung von Gewalt stets auf der Seite der Opfer, und nicht bei der Sauberkeit von Tätern.
Auch bei "Apocalypto" ist dies nicht anders: "Gewalt" ist in "Apocalypto" entweder rituell, sozusagen asexuell-"sadistisch", also "just-for-fun", oder ergibt sich quasi beiläufig beim gefährlichen aber zum Überleben mitunter eben auch notwendigen Aufenthalt im Urwald. Den Vorwurf des Biologismus kann ich deshalb auch nicht nachvollziehen, obwohl ich als Mensch mit Behinderung sehr empfindlich bin bei dem Thema. Es scheint einfach eine Menge Freude gemacht zu haben, mit Mel Gibson und diesen Leuten durch den Dschungel gerannt zu sein - worüber man sich auch beim bemerkenswert lustigen Audiokommentar auf der DVD Überzeugen kann. Der "asexuelle Sadismus" oder die Gewalt "just for fun" der einen Gruppe deutet hier auch immer gleichzeitig auf eine andere Körper- oder Diesseitswahrnehmung hin.
Vieles was dem Film im Vorfeld von offenbar medienfeindlichen Altamerikanisten vorgeworfen wurde entpuppt sich am Ende gar nicht handlungsbezogen, sondern eher den Subtext betreffend: Gibsons Film ist eigentlich ein einziges unwahrscheinliches Abenteuer, fast schon ein Schelmenstück, verlagert in ein bloß ansatzweise in sich zerbrechendes Paradies. Das bemerkenswerteste an "Apocalypto" sind dabei die lebendigen, absolut unprätentiösen Darstellugen sämtlicher Akteure im Film: wo andere bei soetwas auf ethnische Langeweile abzielen, setzt Gibson auf dramatischen Fun. Toll!
Rating 8.5