Als ich hörte, dass Mel Gibson einen Film über die Maya plante, war ich schwer begeistert; haben doch bisherige Filme von und mit Gibson meist ein hohes Niveau und eine hohe Gewalt- bzw. Actionrate aufweisen können. Einzige Ausnahme war da die Passion Christi, die m. E. storytechnisch etwas dünn war. Nun kann man zwar sagen, dass die Bibelgeschichte von Jesus letzten Tagen nicht mehr hergibt, aber trotzdem hätte da ein mehr an Story nicht geschadet.Leider schlägt Gibson bei Apocalypto nun die gleiche Schiene ein und ich muss sagen, dass ich das Kino deshalb etwas enttäuscht verlassen habe. Aber von Anfang an…
Spoiler!!!
Pranke des Jaguars ist der Bewohner eines ebenso glücklichen wie idyllischen Indianerdorfes inmitten des Dschungels. Als das Dorf von Maya-Kriegern überfallen wird, werden viele Dorfbewohner umgebracht, während Pranke des Jaguars und die anderen Überlebenden gefangen genommen und in eine Maya-Stadt gebracht werden, wo sie den Göttern geopfert werden sollen. Dort jedoch gelingt ihm die Flucht.
Spoiler Ende
Leider gibt es zur Story auch schon nicht viel mehr zu sagen und das ist auch das große Manko des Films. Ich muss einfach sagen, dass ich hier mehr, viel mehr erwartet habe. Mit den Maya wird eine der m. E. interessantesten der untergegangenen Kulturen der Geschichte involviert; und trotzdem kann der Film über durchaus monumentale und grandiose Bildaufnahmen hinaus daraus kaum Kapital schlagen. Es bleibt bei einem oberflächlichen Blick auf die Kultur und Situation der Maya, statt eines Einblickes in dieselben. Sie stellen nur die Kulisse dar für einen Anfangs eher ruhigen aber spannenden, später dann rasanten Action/Abenteuer-Film.
Hierin liegt nun wieder die Stärke des Films. Gibson-üblich wird die Gewalt zelebriert und reichhaltig dargestellt. Ob während des Überfalls auf das Dorf, der Opfer-Szenen oder einfach bei der Jagd lässt es Gibson ordentlich krachen und scheut auch vor extremen Bildern nicht zurück. (Obwohl ich mich des Gefühls nicht erwehren kann, dass die Kino-Fassung trotz k.J.-Freigabe an manchen Stellen geschnitten ist. Directors-Cut?) Sicher nichts für schwache Nerven, wobei die Gewalt jedoch nie zum Selbstzweck verkommt sondern gut in den filmischen Rahmen passt.
Dabei ist der Film grundsätzlich sehr gut choreographiert und an vielen Stellen spannend und bedrohlich inszeniert. Langeweile kommt so nie auf. Besonders gefallen hat mir in diesem Zusammenhang die Kameraführung, die entgegen dem heutigen Trend nicht durch wackelige Bilder und hektische Schnitte auffällt, sondern Kämpfe und Verfolgungsjagden zuschauerfreundlich darstellt.
Ebenfalls positiv ist die sehr gute Leistung der größtenteils indianischen Laiendarsteller. Diese spielen ihre Rollen absolut überzeugend und mit großer Hingabe, auch wenn das Drehbuch ihnen nur wenig Raum zur Entfaltung bietet. So kann man neben Pranke des Jaguars eigentlich nur zwei Maya als Hauptdarsteller bezeichnen. Alle anderen, ob Maya oder Dorfbewohner, sind nur Nebendarsteller, von denen sich auch nur wenige als individuelle Personen herausbilden können. Trotzdem spielen alle mit großer Authentizität und ich zumindest nehme jedem seine Rolle hundertprozentig ab. Beeindruckend!
Auch die Ausstattung weiß zu gefallen und wirkt sehr authentisch. Gerade die Kostüme sind mit viel Liebe zum Detail und sehr beeindruckend gestaltet. Besonders eindrucksvoll ist, dass fast jeder Darsteller individuell ausgestattet ist, sei es durch Tätowierungen, Frisur oder Piercings. Zusammen mit der wirklich schönen Dschungel-Umgebung und den Bildern aus der Stadt der Maya ergibt sich so eine absolut herausragende und das Publikum fesselnde Optik.
Weniger gut hingegen gefällt mir das Gut-Böse-Schema des Films, das mir doch etwas zu platt herüberkommt, aber bei Mel Gibson so wohl zu erwarten war.
Fazit: Ein sehr guter Action/Abenteuer-Film mit beeindruckender Optik, aus dem man aber inhaltlich sehr viel mehr hätte herausholen können (müssen?) und der dadurch etwas enttäuscht. Schade, denn mit einer guten Story hätte Apocalypto ein absolut herausragender Film werden können. Was übrig bleibt reicht aber immer noch für einen durchaus empfehlenswerten Filmgenuss.
8/10