Mit der Verfilmung des ersten James Bond-Romans "Casino Royale" startete Regisseur Martin Campbell - nachdem er den berühmten Agenten bereits 1995 mit Pierce Brosnan in "GoldenEye" neu definiert hatte - eine neue Ära der Filmreihe. Kluge Storys, niveauvolle Inszenierung, krachende Action und nicht zuletzt Daniel Craig als erster blonder Bond heben die Abenteuer auf eine ganz neue Stufe. Gerade Craig verleiht der nicht totzukriegenden Figur neue, frische Züge: Mit seiner Mischung aus brachialer, eiskalter Gewalt und verletzlicher Menschlichkeit bietet er die tiefgründigste Bond-Interpretation, die es je gab.
Neben dem neuen Superstar Craig trumpfen in "Casino Royale" aber auch seine Mitspieler auf. Eva Green als geheimnisvolle Schöne an seiner Seite, Mads Mikkelsen als Schurke, der selbst um sein Leben bangen muss und deshalb zu allem bereit ist, und die ganze Riege an kleineren und größeren Nebenfiguren spielen intensiv und fesselnd und verhelfen so dem beinahe zweieinhalbstündigen Film zu einer fast durchgehend hohen Spannungskurve.
Dazu trägt natürlich auch die starke Inszenierung bei. In der ersten Filmstunde dominieren rasant montierte Actionsequenzen und Verfolgungsjagden, etwa eine sehr lang gezogene Jagd in Madagaskar, in deren Verlauf der Schnittrhythmus immer schneller wird, sodass sich der Zuschauer unwillkürlich immer tiefer in die Kämpfe hineingezogen fühlt. Solcherlei hochprofessionelle Inszenierungsmittel heben "Casino Royale" weit über den Genre-Durchschnitt und erzeugen eine schweißtreibende, packende Hochspannung, die auch durch die allzu penetrante Spannungsmusik keinen Schaden nimmt.
Nach dieser sehr gelungenen Einstiegsphase wird es etwas ruhiger, bedingt durch das lang gezogene Pokerspiel zwischen Bond und seinem Gegner. Doch auch hier gelingt es dem Film, das Interesse des Zuschauers wachzuhalten - wenn auch zum Preis einiger einfallsloser Dialoge, die nur dazu da sind, die Spielregeln zu erklären.
Ja, dieser Bond hat Schwächen, in mehrfacher Hinsicht: Neben den bereits erwähnten gehören dazu etwa einige etwas unglaubwürdige Actionsequenzen - von denen es andererseits ruhig ein paar mehr und vor allem wuchtigere hätte geben dürfen - und die letzten 20 Minuten, in denen die Story durch allerlei plötzlich aufbrechende Wendungen etwas ins Schlingern gerät und die Spannung deutlich abflaut.
Doch einige Schwächen sind hier auch Stärken: Bonds Schwächen nämlich, seine Verletzlichkeit, seine brutale Gespaltenheit. In einer Szene bringt er gnadenlos seine Gegner um, um kurz darauf für seine neu entflammte Liebe alles hinschmeißen zu wollen. Diese Emotionalität verleiht ihm erstmals eine Menschlichkeit, die seine Figur tatsächlich interessant macht. Eine ähnliche Mischung bietet auch der Film selbst: Einerseits neue, moderne Aspekte in Handlung und Figurencharakterisierung, andererseits durch zahlreiche Anspielungen auf klassische Attribute der alten Filme eine Verbeugung vor der Historie der Reihe - mit diesem Erfolgsrezept haben sich auch die nachfolgenden Daniel-Craig-Bonds in der obersten Actionfilm-Liga gehalten.
Insgesamt besticht "Casino Royale" durch seine neue Interpretation des Superagenten als menschliches Wesen mit Schwächen und zerbrochenen Träumen, eine starke Inszenierung und fesselnde Spannungsszenen. Und auch der Humor kommt nicht zu kurz - zum Beispiel in Form der gepfefferten Dialoge, die sich Green und Craig um die Ohren hauen. Mit diesem Einstand hat der neue Bond die Messlatte sehr hoch angelegt - und sie dennoch in den folgenden Filmen problemlos überboten.