Review

Der geheimnisvolle Le Chiffre fungiert als Geldwäscher für international operierende Terrororganisationen und vermehrt mittels geschickter Börsenspekulationen seinen Reichtum. Agent James Bond soll ihn nun im Glücksspielhaus um eben diesen bringen, beim Poker und mit Hilfe der verführerischen, zunächst überaus kratzbürstigen Kollegin Vesper Lynd. Das ist aber leichter gesagt als getan, denn der Blut weinende Bösewicht besticht nicht nur als begnadeter Zocker, er riecht auch schnell Lunte und unternimmt fortan alles, um den Plan Bonds zu vereiteln.


Das war er nun also, der ominöse erste Bond-Film mit Daniel Craig, der die Meinungen der Fans so sehr gespalten hat, wie wohl noch kein anderes Abenteuer des britischen Geheimagenten. Vier Jahre nach dem letzten Auftritt von Pierce Brosnan präsentiert sich ein vollkommen neues Konzept, denn die Reihe wurde praktisch neu gestartet. Genau darin lag auch mein Problem bei der ersten Sichtung dieses Filmes, dem ich damals überhaupt nichts abgewinnen konnte. Nachdem ich nun aber vollkommen frei von jeglichen Vorurteilen noch einmal eine Sichtung gewagt habe, gefällt mir "Casino Royale" richtig gut und selbst der von mir nicht gerade verehrte Daniel Craig hat mir mit seiner vollkommen neuen Interpretation des Haupt-Charakters äußerst gut gefallen. Vielleicht liegt das ganz einfach darin begründet, das man an dieser Stelle wirklich versuchen muss, die bisherigen Bond-Abenteuer zu den Akten zu legen und auch in seinem eigenen Kopf die Reboot-Taste zu drücken, denn dann funktioniert dieser Film ganz hervorragend. Natürlich fällt das den eingefleischten Fans der Reihe sicher nicht leicht, aber der neue und eher noch unbedarfte Bond hat schon etwas für sich. Dabei geht es im Prinzip ohne den ansonsten vorhandenen Charme zur Sache, denn Craig ist viel eher der trockene Geheimagent, der fast ohne jeglichen Humor an die Sache herangeht. Zugegebenermaßen ist das extrem gewöhnungsbedürftig, doch verleiht es dem Neustart der Reihe eine bisher kaum gekannte Ernsthaftigkeit, so das vorliegendes Szenario ganz automatisch an Glaubwürdigkeit gewinnt. So hat man beispielsweise auch auf jegliche technischen Spielereien verzichtet, was einerseits zwar schon ein wenig traurig stimmt, auf der anderen Seite jedoch den neuen-und eher nüchternen Bond authentisch in Szene setzt.

Lediglich bei den Action-Passagen konnte man nicht komplett auf das spektakuläre Moment verzichten, zwar sind die entsprechenden Passagen keinesfalls so überzogen dargestellt wie noch in den Filmen mit Pierce Brosnan, aber auch hier bekommt man diverse Sequenzen serviert, die sich jenseits der Realität ansiedeln. Als Beispiel sei dafür lediglich die Verfolgungsjagd zu Beginn der Geschichte erwähnt, als Bond in luftigen Höhen einen Schwarzen verfolgt. Dennoch herrscht hier eine weitaus stimmigere Mischung vor, das gesamte Szenario ist weitaus glaubwürdiger umgesetzt, als es bei Vorgänger Brosnan der Fall war. Trotzdem fällt es einem immer noch schwer, Daniel Craig auch wirklich als James Bond anzusehen, denn obwohl der gute Mann hier eine gelungene Performance ablegt, muss man sich erst noch mit der vollkommen neuen Stilrichtung anfreunden, hat man doch fast fünf Jahrzehnte lang ein ganz bestimmtes Bild des Geheimagenten vorgesetzt bekommen, das nun aber völlig auf den Kopf gestellt wird.

Das soll jedoch nichts daran ändern, das es sich bei "Casino Royale" um einen wirklich gelungenen Agenten-Thriller handelt, der zudem eine Härte-und Kompromisslosigkeit an den Tag legt, die man von Bond bisher eigentlich nicht gewöhnt war. Selbst der schon knallhart agierende Timothy Dalton wirkt fast wie ein Waisenknabe gegen die gnadenlose Härte, die ein Daniel Craig in die Waagschale wirft. Wenn man die Sache einmal genauer betrachtet dann fällt einem auf, das eigentlich schon mit Dalton die Richtungsänderung eingeläutet wurde, die nun fast 20 Jahre später ihre Fortsetzung findet. Damals war die Zeit anscheinend noch nicht reif genug und im Gegensatz zu "Casino Royale" handelte es sich zur damaligen Zeit ja auch nicht um einen völligen Neustart, doch die Interpretation des Charakters von Bond ist schon miteinander zu vergleichen. Für mich persönlich ist die alte Bond-Reihe mit "Stirb an einem anderen Tag" abgeschlossen worden und vorliegender Film ist nun auch in meinem Empfinden als absoluter Neubeginn angekommen. Nur so kann man auch wirklich unbefangen an den neuen Stil herangehen und auch Daniel Craig eine faire Chance geben. Und obwohl der britische Schauspieler mit der Mimik eines Til Schweiger wohl nie zu meinen Lieblings-Darstellern gehören wird, muss man ihm hier ein richtig gutes Zeugnis ausstellen. Knochenhart-und trocken in seiner Art offenbart er auch menschliche Wesenszüge an einer Figur, die man bisher eher viel zu selten gesehen hat. Dabei ist auch der Nymbus der Unverwundbarkeit verschwunden, denn so wie in vorliegender Geschichte ist Bond wohl noch nie am eigenen Leib malträtiert worden.

Und das macht die Ganze Sache dann wieder sehr sympathisch, denn der ansonsten immer schon fast als Superheld dargestellte 007 ist auf einmal verletzlich, wobei es keinesfalls bei ein paar lächerlichen Schlägen bleibt, die er eventuell mal einstecken muss. Hier geht es so richtig zur Sache und bei diversen Passagen zuckt man ganz unweigerlich selbst zusammen, da man die Schmerzen fast körperlich spüren kann. Man sieht also, das "Casino Royale" den Agenten James Bond in ein vollkommen neues Zeitalter führt und dabei im Prinzip mit allem gebrochen hat, was die Reihe bisher auszeichnete. Das mag nicht jedem gefallen und auch ich fand diesen radikalen Schritt zu Beginn noch absolut furchtbar. Lässt man aber ein wenig Zeit vergehen und betrachtet das Ganze dann einmal wirklich objektiv, dann müsste man eigentlich feststellen, das hier ein absolut gelungener Neustart gelungen ist, mit dem man sich lediglich arrangieren muss. Obwohl ich es nie für möglich gehalten hätte, ist "Casino Royale" nach neuerlicher Sichtung in meine persönliche "Top Five" Liste aller Bond-Abenteuer aufgestiegen und ich möchte dieses Werk nun auch keinesfalls mehr missen.


Fazit:


Nachdem ich mich jahrelang gegen die neue Art von James Bond und insbesondere gegen Daniel Craig zur Wehr gesetzt habe, konnte ich meinen inneren Frieden finden und den gewagten Neustart akzeptieren. Die eher nüchterne Richtung, mit der nun 007 zur Sache geht ist ungewohnt, aber keinesfalls schlecht. In Sachen Härte-und Kompromisslosigkeit wurde die Figur James Bond in eine neue Dimension verfrachtet, in der er aber auch gleichzeitig menschliche Schwächen offenbart, die einem bisher verschlossen blieben.


8,5/10

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