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Das ist er nun - Daniel Craigs Einstand als nunmehr sechster "Bond"-Darsteller in "Casino Royale", routiniert von Martin Campbell in Szene gesetzt, jener Regisseur, der bereits Pierce Brosnans ersten Einsatz "Goldeneye" inszeniert und der Reihe eine kleine Frischzellenkur verpasst hatte.

Vier Jahre nach dessen letzter Mission in "Stirb an einem anderen Tag" werden uns mit "Casino Royale" praktisch Bonds Anfänge als Secret Service-Agent präsentiert, der sich seinen Doppel-Null-Status und das Vertrauen seiner Vorgesetzen M erst einmal verdienen muss.
Doch während Brosnan noch mit Qs Wunderwaffen ausgestattet war und mit Miss Moneypennys Avancen zu kämpfen hatte, beginnt mit Daniel Craigs erster Mission ein neues Kapitel innerhalb des "007"-Franchise:
weg von phantastischen Gimmicks und übertriebenen Krawumm-Actioneinlagen, die die Reihe zum effektgeladenen, lauten und bunten Knallbonbon verkommen ließen und hin zum rauhen, an der Realität kratzenden Agentenkrimi mit wohl dosierter Action und ohne spektakulären Firlefanz.

Und so unterscheidet sich bereits Bonds Einstieg in die "Casino Royale"-Mission von allen vorherigen Teasern, die jeweils den Zuschauer zu Beginn der Credits die Haupthandlung schmackhaft machen sollten:
in einer kühlen Schwarz-Weiß-Sequenz und einer clever geschnittenen Montage aus vergangener und gegenwärtiger Situationsbeschreibung, verdient sich Bond seine Sporen, in dem er einen Landesverräter und dessen Kontaktmann liquidiert und daraufhin die "Lizenz zum Töten" erhält.
Der raue Zweikampf, in dessen Verlauf sein Gegner in einem Waschbecken ertränkt wird, soll stilbildend für die neue "Bond"-Generation sein und den Realismus der Reihe unterstreichen: Das Agentengeschäft ist hart und dreckig.
Gleichzeitig wird aber auch ein Bruch mit alten Traditionen deutlich: beispielsweise wird auf das berühmte "James Bond"-Theme von Monty Norman verzichtet, dass bislang jeden "Bond"-Film eröffnete.
Im Laufe der Handlung wird der Fan noch weitere Verluste hinnehmen müssen, denn auf lieb gewonnene Charaktere wie Q oder Miss Moneypenny wurde ganz verzichtet.
Die MI 6-Zentrale gleicht einer High Tech-Kommandozentrale und bietet mit dreidimensionalen Bildprojektionen die einzigen hochmodernen Spielereien.

Nach der kurzen und stilsicher inszenierten Einleitung verschlägt es Bond auch gleich nach Haiti, um einen Auftragskiller bei einer atemberaubenden und schwindelerregenden  Parcours-Verfolgungsjagd zu stoppen.
Die Spur des Geldes führt über Umwege zu dem Privatbankier Le Chiffre, der einer mächtigen Organisation angehört und die Finanzmittel der Terroristen verwaltet, diese aber an der Börse verliert und gezwungen ist, im titelgebenden "Casino Royale" ein Poker-Tunier zu veranstalten, um das verspekulierte Geld seiner Klienten zurückzugewinnen.
Bond, bester Pokerspieler der "00-Abteilung", wird in das Tunier eingekauft und ihm die schlagfertige Vesper Lynd vom Schatzamt zur Seite gestellt. Nach anfänglichen Reibereien erliegt sie Bonds Arroganz und rauem Charme, rettet ihm in einer spektakulären Aktion das Leben und wird seine große Liebe, die nicht nur Bonds Kündigung, sondern auch trivial-schmalzige Schmonzetten-Dialoge zur Folge hat, die das spannende Treiben im letzten Drittel minimal ausbremsen.

Selbst Zuschauer, die lediglich "MauMau" beherrschen, werden an dem zentralen Pokerspiel ihre Freude haben, weniger aber an der in die Länge gezogenen Romanze zwischen James und Vesper. Intention sowohl von Drehbuch als auch Regie war es, Bonds vielschichtigen Charakter zu zeigen, doch sind 15 Minuten voll süßlich-kitschiger Zweisamkeit mit unendlichen Liebesbeteuerungen einfach zu viel, zumal sich die Gesamt-Laufzeit auf 140 Minuten erstreckt.

Sieht man von dieser Episode jedoch ab überzeugt "Casino Royale" durch fulminant choreographierte Fights und spektakuläre Stunts und einem grandiosen Mads Mikkelsen als Blut weinenden Gegenspieler Le Chiffre.
David Arnolds Score und auch Chris Cornells "Bond"-Song "You Know My Name" sorgen in jeder Szene für die nötige Atmosphäre. Die "Bond"-Girls geizen nicht mit ihren Reizen und sind nett anzuschauen, während ein anderes "Bond"-Girl - Dame Judi Dench als M - für Auflockerung sorgt.
Craigs Bond dagegen ist ungewohnt ernst - und was sehr positiv auffällt - verletzlich: nicht nur charakterlich, vor allem auch nach Zweikämpfen. Er ist kein Connery oder Moore, deren Frisur nach den härtesten Fights noch akkurat saß. Craig ist Craig, Daniel Craig - schmutzig, schwitzend, blutend und kaum daran interessiert, ob sein Wodka Martini geschüttelt oder gerührt ist.

Fernab jeglicher Traditionen, die das erfolgreiche "Bond"-Franchise zu dem machten, was es heute ist, entstand ein fast perfekter Einstieg in eine neue Ära.
Der neue "Bond" verspricht ungeschönten Realismus, eine neue Form der Bedrohung und des Verbrechens fernab vergangener Welteroberungsphantasien durchgedrehter Psychopathen wie Blofeld, Stromberg oder Scaramanga.
Lediglich Jesper Christensen als "Mr. White", jenem ominösen Handlanger einer unbekannten Verbrecherorganisation, wirkt viel zu uncharismatisch und farblos, darf aber - um den nächsten Handlungsschritt zu Bonds zweitem Einsatz zu ebnen - das Open End überleben! Ungewöhnlich für einen "Bond" ihn mit einem Cliffhanger zu beenden.
Und als ob man zeigen wolle, dass sich Daniel Craig nach erfolgreicher Mission einen Namen gemacht hat, stellt er sich dem Publikum in seiner letzten Szene standesgemäß vor:

"Mein Name ist Bond, James Bond!"

7,5/10

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