Review

Nun, da ein Review immer die Darstellung des persönlichen Geschmacks widerspigelt, bedarf es vielleicht kurz der Darstellung von wenigstens zwei meiner filmischen Geschmacksknospen:

1. ich bin zwar nicht Bond-Fan der ersten Stunde, fand meinen Einstieg aber schon recht früh, als ich mit 9 Jahren Moonraker im Kino sah. Dieser gehört, genauso wie Diamantenfieber, zu meinen All-Time -Favoriten. Trotz ernsten Grundtönen (die Welt steht mal wieder vor dem Abgrund) waren sie zeitgemäß, voller slapstick-artigem Humor und nahmen sich überhaupt nicht ernst. Es fiel leicht, diesen Bond-Charakter zu mögen, auch wenn man nie wirklich Angst um ihn haben musste.

2. ich bekomme bei Filmen, in denen ein unzerstörbarer Held Gegnerreihen im glatten Durchmarsch lichtet, immer Mitleid mit den armen Bösewichtern (fragt mich nicht, woher das kommt). Entsprechend schlecht habe ich zum Teil die Brosnan-Bonds ausgehalten. Diesen Bond-Charakter habe ich als kaltblütig, empfindungsarm und (was am schlimmsten ist) todernst empfunden. Ich finde es halt einfach nicht lustig, wenn der Held in "Der Morgen stirbt nie" einen Gegener völlig unmotiviert in eine Druckerpresse wirft. Oft habe ich mir beinahe einen Fehlschlag unseres Superagenten gewünscht, einfach, um ihn mal wieder etwas meschlich zu erleben, mitfühlen zu können. Zwar wurde am Anfang von "Stirb an einem anderen Tag" versucht, den Panzer etwas zu knacken, wohl aber aus Angst vor den Fans, die eigentlich keine Schwächen ihres Idols dulden, wurde dieser Faden nicht konsequent weitergesponnen.

Die Aussicht, mit dem 21. Bondabenteuer einen noch härteren Film präsentiert zu bekommen stieß bei mir entsprechend auf Misstrauen. Hatte ich mir doch nach "die another day" geschworen, den britischen Superhelden demnächst nur noch ohne mein Beisein die Welt retten zu lassen.

Willensschwach, wie ich nun mal bin, war ich dann schließlich doch im Kino und....

.....wurde überrascht.

Daniel Craigs Bondfigur ist vielschichtiger geworden. Glaubt man anfangs noch, er sei einfach nur unerfahren, ein Macho mit einem Ego wie ein Berg, der sich noch die Kanten abschleifen muss, wird schnell klar, dass es nicht nur um die Metamorphose in die bekannte Killermaschine geht. Vielmehr scheint hier der Versuch stattzufinden, die Bondhülse im 21. Versuch endlich mit etwas Leben zu füllen. Das passiert im Kleinen und Subtilen, aber auch mit der Holzhammermethode. Zugegebenermaßen ist das Liebesgesäusel im letzten Drittel ziemlich dick aufgetragen, aber gerade die kleinen, eingestreuten Momente zwischendurch lassen immer wieder etwas Menschliches durchscheinen.

So betrachtet sich Bond kurz im Spiegel, nachdem er nur knapp einem Anschlag entgangen ist. Er sieht....ja....beinahe entgeistert aus, als müsse er das Ganze erst einmal verarbeiten. Beim Versuch, im Badezimmer das Gift wieder loszuwerden, dass man ihm eingeflößt hat, gibt er sich einer sehr meschlichen Reaktion hin. Seine con-geniale Gespielin Vesper Lynd rettet ihm mehr als einmal das Leben und am Schluss "dürfen" die Zuschauer dann sogar beinahe Tränen sehen.

Jetzt keine Sorge! Die beschrieben Szenen mach aus Casino Royale mit Sicherheit kein großes Gefühlskino, aber das Konzept ging wenigstens für mich auf. James Bond ist ein Mensch, und mit Menschen lässt sich nun mal leichter mitfiebern und sogar Mitgefühl entwickeln.

Und so erleben wir den Unzerstörbaren dann auch das allererste Mal in einer wirklich ausweglosen Situation. Plötzlich hatte ich für wenige Sekunden sogar leichte Zweifel, ob er da wirklich noch mal rauskommt. Das habe ich in noch keinem Bond-Abenteuer erlebt. Casino Royale ist tatsächlich über weite Strecken spannend, ein Attribut, dass insb. die Brosnan-Filme nicht für sich verbuchen können.

Und der MENSCH Bond ist ein echt harter Hund. Er kriegt auf die Fresse, blutet wie ein Schwein und beißt sich fest, lässt nicht locker, bis sein Gegener das Zeitliche gesegnet hat. Da werden auch mal, ganz ohne großes Brimmborium, Kopfschüsse verteilt, was diesem Bond aber leichter abzunehmen ist, als seinen Vorgängern.

Die Actionszenen sind ausufernd und hart, wenn auch nicht ganz so zahlreich vertreten, wie im letzten Teil.

Die nötige Zeit für die Charakterzeichnung bleibt dann den ruhigeren Szenen vorbehalten. Insb. die witzigen Wortgefechte mit Vesper Lynd machen viel Laune.

Nun, nach knapp 2 1/2 Stunden war der Spass dann vorbei und ich hatte dass Gefühl, sehr gut unterhalten worden zu sein. Mehr noch, ich hegte die Hoffnung, im nächsten Film noch mehr über DIESEN Bond zu erfahren.


Für mich sehr klare 8 von 10 Punkten.

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