Bond-Wechsel. Nach dem manchmal etwas zu smarten Pierce Brosnan tritt nun genau das gegenteilige Erscheinungsbild in seine Fußstapfen: Daniel Craig.
Der muskulöse Engländer mit den stechenden Augen wirkt eher wie ein Pseudo-Charmeur, der sich gegen Ende einer Agentenhandlung als der wahre Bösewicht entpuppen könnte (das wäre doch mal ein Bond-Plot-Twist).
Trotz geringer Erwartungen kann Craig jedoch einigermaßen überzeugen, sofern man ihn als etwas anderen 007 akzeptiert.
Denn neben Moneypenny und Q fehlen dem neuen Bond auch nahezu sämtliche technische Raffinessen, schließlich ist er soeben zur Doppelnull befördert worden, da traut man dem Neuling noch nicht so recht, vor allem, wenn dieser dreist in die Privatwohnung von M (Judi Dench) eindringt, nachdem er einen Auftrag auf Madagaskar vergeigt hat.
Dieser gerät allerdings zu einer spannenden und fulminanten Actionsequenz, von der Verfolgung auf einem Baugerüst in schwindelerregender Höhe, waghalsigen Sprüngen von einem Kran bishin zu einer Explosion, sitzt ordentlich Schmackes dahinter.
Ein Actionhighlight, das im Verlauf leider nicht mehr übertroffen wird, denn dieser Bond verschießt sein Pulver überwiegend in der ersten Hälfte, auch wenn eine Verfolgung auf einem Flughafengelände, ein halb zerstörtes Venedig und diverse Zweikämpfe noch ordentliches Tempo und Rasanz mit sich bringen.
Immerhin ist der häufige Schauplatzwechsel mit exotischen Kulissen ein bewährtes Rezept typischer Bondfilme und so bewegt sich unser MI-6-Agent von Prag nach Uganda, von den Bahamas nach Montenegro, nur um gegen den Bösewicht Le Chiffre (Mads Mikkelsen) im Poker anzutreten, weil der mit den Gewinnen den globalen Terror unterstützt.
Leider nehmen jene Pokerpartien ziemlich viel Screentime in Anspruch, der Drive geht flöten und wer da welche Karte zieht und inwieweit überzeugend blufft, gerät schon fast ein wenig langweilig, da es an dramaturgischen Höhepunkten mangelt. Nur Ludger Pistor als Schweizer Bankier und eine Drinkbestellung unter Spielern bringen zwei Erheiterungen.
Danach wird es allerdings kaum besser, der Oberschurke hat noch ein paar Auftraggeber im Hintergrund und will gar nicht die Weltherrschaft, Zugehörigkeiten werden gewechselt und münden in einem Plot-Twist, der sich meilenweit ankündigte und plötzlich spricht der neue Bond von Liebe, vielleicht, weil er einem vergifteten Todesdrink mit Hilfe von Anweisungen aus der Zentrale gerade noch so entgegenwirken konnte.
Richtig lecker sind demgegenüber die 1½ Bondgirls: Caterina Murino kommt direkt auf einem weißen Gaul daher, hat aber als Gattin eines bald erledigten Mittelmannes kaum Zeit zum sexy sein.
Günstiger angelegt ist die Rolle von Eva Green als Vesper, die dem Agenten als Aufpasserin des Pokereinsatzes mitgegeben wurde.
Das psychologische Herantasten zwischen Bond und ihr gerät zu einem dialogtechnisch gut durchdachten Schlagabtausch, zudem sieht die Frau höllisch gut aus und sie glaubt zu wissen, dass Bond ein Heimkind war. Bei Brosnan glaube ich das nicht, bei Craig schon.
So hat mich der neue Bond letztlich nicht vollends begeistern können, auch wenn der leicht veränderte Charakter der Figur auf sein Äußeres abgestimmt wurde und es ihm egal ist, ob der Martini nun geschüttelt oder gerührt werden soll, - die an Sean Connery erinnernden Mundpartien reichen für ein cool charmantes Auftreten nicht aus.
Zwar agiert Craig ohne Zweifel überzeugend, was eine Folterszene mit zynischem Spiel durchaus bekräftigt, doch fehlt ihm die allgemeine Präsenz und der augenzwinkernde Umgang als britischer Gentleman. Er ist eher der durchtrainierte Schläger im Smoking, der auch derbe einstecken kann, was sein erstes Agentenabenteuer deutlich beweist.
Aber er ist nicht der Bond, den man jahrzehntelang gewohnt war, vielleicht muss man sich daran erst noch gewöhnen.
Ansonsten bieten die bewährten Zutaten einen zumeist unterhaltsamen Mix aus Agentenpoker, einem nicht ganz so prägnanten Bösewicht, hübschen Frauen und ein paar sehr sorgfältig inszenierten Actionszenen, von denen es leider nicht allzu viele gibt.
Und solange sich M den kalten Krieg zurück wünscht, Bond seine neusten Bekanntschaften gleich am ersten Abend ins Bett bekommt und sich seine Helfer vor Ort nicht immer als beste Freunde erweisen, gebe ich Craig gerne grünes Licht, um im nächsten Bond noch etwas mehr Persönlichkeit und vor allem Action auf die Leinwand zu bringen.
7 von 10