Zur Zeit häufen sich die Prequels und Neuaufänge: „Batman“, „Superman“, „Der Exorzist“ usw. Nun ist auch Bond an der Reihe, wobei das gleichnamige „Casino Royale“ den ersten von Ian Flemings Bondromanen darstellt und bisher aus rechtlichen Gründen nicht verfilmt wurde.
Allerdings ist Umorientierung angesagt: Die Pre-Credit Sequenz ist in schwarz-weiß gehalten, zeigt James Bond (Daniel Craig) als kaltblütigen Killer, der zwei Überläufer für seinen Doppelnullstatus eliminiert. Auch der Vorspann ist anders: Keine tanzenden Frauen, stattdessen bewegt sich Bond vor Spielkartenmotiven hin und her, wird beim Kämpfen und Töten gezeigt, was direkt ein Bild vom neuen, raueren Bond zeichnet, der näher an den Romanen ist, was bisher ja nur „Lizenz zum Töten“ war (der aber wiederum auf keinem Ian Fleming Roman basiert und nur Motive aus dem Buch „Leben und Sterben lassen“ aufnahm).
Bond kann bei seinem nächsten Auftrag einen Bombenleger ausschalten und kommt dessen Hintermännern auf die Schliche, die einen neuen Terroranschlag planen. Auch ohne Genehmigung von M (Judi Dench) ermittelt Bond gegen die Organisation...
Zwei Fragen wurden im Vorfeld an den neuen Bondfilm gestellt: Wird der Film gut? Ist Daniel Craig ein würdiger Bond? Erstere Frage kann man mit ja beantworten, letztere eher mit nein. Zwar zeigt „Casino Royale“ wie Bond zu der Figur wird, die man kennt, doch Craig sieht nicht nach Bond aus (zu unzivilisert, zu sehr Schlägertyp) und legt seine Rolle so an, dass sie an das Fachgebiet von Leuten wie Bruce Willis, Mel Gibson oder Wesley Snipes erinnert. Schauspielerisch ist er aber gut, kann die Emotionen seines Charakters glaubhaft machen, denn Bond durchläuft hier einige Veränderungen.
Leider kann die Riege der Nebendarsteller da nicht hundertprozentig mithalten. Eva Green als Vesper Lynd ist ein ordentliches Bondgirl, aber mehr auch nicht, Giancarlo Giannini muss vor allem sein charismatisches Gesicht in die Kamera halten. Mads Mikkelsen hat als Fiesling Le Chiffre Charisma, aber ist als Bondbösewicht doch etwas zu wenig bedrohlich. Liegt zum Teil auch daran, dass noch andauernd Arbeitgeber seiner Figur auftauchen und andere, die über ihm stehen. Judi Dench als M ist große Klasse, Jeffrey Wright ein guter Felix Leiter.
Aufgrund des Prequelcharakters von „Casino Royale“ fehlen natürlich einige Elemente: Weder Q noch Moneypenny tauchen auf, ein Missionsbriefing in der gewohnten Form fehlt und Bond ist kaltblütiger, gemeiner als sonst. Seine Härte erinnert an „Lizenz zum Töten“, doch „Casino Royale“ will zeigen, wie Bond seinen Feinschliff bekommt und sich auch charakterlich entwickelt. Vom Hitzkopf zum Gentleman, vom unsubtilen Killern zum echten Geheimagenten. Den Bogen zeichnet „Casino Royale“ auch wirklich gut und kann auch über das Hauptdarstellermanko hinwegtrösten.
Handlungstechnisch war auch lang kein Bondfilm mehr so komplex: Der zu verhindernde Terrorakt nimmt gerade mal die erste Hälfte des Films ein, von da an muss sich Bond Le Chiffre im Casino Royale stellen. Beide Parts sind sehr spannend gemacht, erst die Ermittlungen Bonds, danach eine Pokerpartie, die von den üblichen Finten und Mordanschlägen begleitet wird. Regisseur Martin Campbell inszeniert packend; gerade die Pokerpartie ist sehr spannend.
Doch dann baut „Casino Royale“ auf einmal rapide ab: Nach der Entführungsszene ist klar, dass noch nicht alles geklärt ist, schließlich fehlt ein Showdown in irgendeiner Form, doch „Casino Royale“ plätschert weiter gemütlich vor sich hin. Es tauchen noch weitere Doppelagenten und Hintermänner auf, an jedes scheinbare Ende wird noch eines drangesetzt. Erst das echte Finale sorgt wieder für Aufregung, danach kommt „Casino Royale“ immer noch zu keinem fixen Ende, aber geht auch nicht mehr zu lang.
Neben diesem Absacken zum Schluss muss man „Casino Royale“ auch ankreiden, dass er actiontechnisch sein Pulver zu schnell verschießt. Die Action ist gering dosiert, doch das ist nicht das Problem: Kurz nach den Credits einen Opener, in der Mitte eine Actionszene auf dem Flughafen von Miami, der Showdown sowie kleinere Kämpfe zwischen durch. Inszenatorisch machen die Stunts, Shoot-Outs und Fights Laune, wobei in letzteren moderne Kampfsporttechniken (so wie bei den „Bourne“-Filmen) zum Einsatz kommen, was zu begrüßen ist. Doch die beste Actionszene bleibt die erste, in der Bond den Bombenleger hetzt und dabei sowohl ein Baugelände als auch eine Botschaft in Schutt und Asche legt. Die Flugfeldszene ist gut, aber nicht herausragend, der Showdown in einem versinkenden Haus gut, aber es fehlt ein spektakuläres I-Tüpfelchen. Dafür kommt das Finale schön roh mit harten Kampfhandlungen (u.a. Zweckentfremdung einer Nagelpistole) daher, was immerhin zum angenehm rauen Stil des Films passt.
Schlussendlich ist Daniel Craigs Bondeinstand wirklich gelungen, auch wenn Craig die Rolle nicht so ganz würdig ausfüllen kann. Gegen Ende zieht es sich etwas zu sehr und der Anfang ist bereits das Actionhighlight, doch trotz dieser Kritikpunkte ist „Casino Royale“ äußerst spannend, besitzt viel Drive und die Action ist fantastisch inszeniert, sodass Bond- und Actionfans den Kinogang beruhigt wagen können.