Review

Nach einer langen Haftstrafe kehrt Frank White zu seiner treu ergebenen Gang zurück, deren Mitglieder der schießwütige Jimmy Jump, Test Tube und White's attraktive Anwältin Jennifer sind. Sie nisten sich im Trump Plaza ein und beginnen die Mitglieder anderer Gangs auszulöschen, um ihr Revier wieder unter Gewalt zu bekommen und um den gewohnten Drogen- und Sex-Geschäften nachgehen zu können. Doch plötzlich entwickelt White mehr und mehr ehrenhafte Ambitionen wie z.B einen Großteil des Drogengeldes für wohltätige Zwecke zu spenden. Eine Gruppe von harten Cops, die Frank White den plötzlichen Geisteswandel nicht abkauft, beschliesst abseits der Legalität gegen ihn vorzugehen.


"Abel Ferrara ist ein Cineast der Mitternacht, der im Dunkeln noch das Schwärzere entdeckt, im Sumpf der Sünde noch das Unmoralischere, in der Hölle noch das Teuflischere,,,! (Norbert Grob, 2000)


Diese Worte dienen als Einleitung für das Booklet, das sich im Mediabook von Ascot Elite befindet und ehrlich gesagt treffen sie genau ins Schwarze. "King of New York" ist sicherlich eine der besten Arbeiten des Regisseurs, der schon mit Filmen wie "The Driller Killer", "Bad Lieutenant" oder "Die Frau mit der 45er Magnum" für Furore sorgte. Mit einem glänzenden Christopher Walken in der Hauptrolle wurde die Figur des Gangsters Frank White absolut perfekt besetzt und endlich einmal kann dieser fantastische Schauspieler in einer tragenden Hauptrolle eine Kostprobe seines grandiosen Könnens abliefern. Die Facettenreiche Performance von Walken ist jedoch nur einer der zahlreichen Höhepunkte in diesem brillanten Film, der äußerst starke Anlehnungen an den Film noir der 50er und 60er Jahre aufzeigt. Ferrara ist es nämlich gelungen, ein nahezu perfektes Gesamt-Szenario ins Bild zu setzen, das im ersten Moment eventuell den Eindruck eines handelsüblichen Gangster-Filmes hinterlässt. Bei genauerer Betrachtung offenbart sich jedoch eine qualitativ hochwertige Geschichte, deren Klasse im Prinzip in jeder einzelnen Sequenz zum Ausdruck kommt. Gleichzeit ist die Story mit etlichen Kontrasten versehen, die selbst beim Zuschauer einen inneren Zwiespalt auslösen. Dieser entsteht hauptsächlich durch die Hauptfigur Frank White (Walken), der einerseits als scheinbar eiskalter-und emotionsloser Gangsterboss in Erscheinung tritt, aber trotz dieses Aspektes eine Menge an Sympathie-Werten beim Zuschauer sammeln kann. Vom Äußeren her gesehen erscheint Walken fast schon wie ein Aristokrat und dieser Eindruck verstärkt sich umso mehr in den Passagen des Filmes, in denen er sich in der New Yorker High Society bewegt. Im Gegensatz dazu dienen die Szenen, in denen er mit seiner farbigen Gang in den heruntergekommenen Räumen in Harlem anzutreffen ist, wo die Männer sich mit Prostituierten vergnügen und dem Drogen-Konsum frönen.

Allein schon der visuelle Unterschied zwischen prunkvollen Sälen und den düsteren Räumen in Harlem ist absolut grandios und vermittelt einem dabei das Gefühl, sich in zwei vollkommen anderen Welten zu bewegen. Nur selten schafft es ein Film dabei, diese Kontraste so plastisch und authentisch ins Bild zu setzen, wie es bei "King of New York" der Fall ist. An dieser Stelle kommt man dann auch zu einem weiteren Fakt, den ich persönlich absolut beachtenswert finde. Das Werk zählt ja eher zu den niedriger budgetierten Filmen, doch genau dieser Aspekt kommt während der gesamten Laufzeit nicht einmal zum tragen. Eher das Gegenteil ist der Fall, denn die Geschichte erscheint in einigen Passagen sogar recht opulent ausgestattet, wobei sich das Szenario auch in seiner Gesamtheit keinesfalls hinter weitaus höher budgetierten Vertretern verstecken muss. Der dramaturgische Verlauf der Story ist absolut perfekt gestaltet worden, so kann man den Aufstieg von White zum "King of New York" fantastisch nachvollziehen. Der Weg zum Verbrecher-Thron in der Metropole wurde dabei phasenweise extrem hart-und brachial nachgezeichnet, zudem müssen etliche Menschen ihr Leben lassen, damit Frank sein Ziel erreichen kann. Wer nun aber denkt, das es sich hier lediglich um die reine Machtgier handelt, wird im Verlauf des Geschehens eines Besseren belehrt. An diesem Punkt kommt man dann automatisch wieder zu den zwiespältigen Gefühlen des Zuschauers zurück, die durch die Hauptfigur ausgelöst werden.

An diesem Punkt möchte ich lediglich auf den Dialog zwischen White und dem ermittelnden Polizisten Bishop (Victor Argo) hinweisen, der wenige Minuten vor dem Ende zu vernehmen ist. in diesem versucht nämlich White seine Beweggründe zu erklären, warum er die anderen Verbrecher-Bosse getötet hat. Und auch wenn das seine Taten selbstverständlich nicht rechtfertigt, so kann man doch spätestens an diesem Punkt der Geschichte gewisse Sympathien für den Gangster nicht verhehlen. Hinzu kommt auch noch der Fakt, das er etliche Millionen aus seinen Geschäften für wohltätige Zwecke spendet und beispielsweise ein Krankenhaus in Harlem am Leben erhalten will. So ist man phasenweise durchaus hin-und her gerissen zwischen durchaus ehrbaren Absichten eines Mannes, der für deren Umsetzung jedoch sämtliche Gesetze außer acht lässt und sich sogar als Richter-und Henker gleichzeitig in eine Position bringt, die beim Betrachter etliche moralische Grenzerfahrungen auf den Plan ruft. Man merkt also, das "King of New York" keinesfalls nur ein handelsüblicher Gangster-Film ist, das Szenario beinhaltet nämlich durchaus eine Menge an inhaltlichem Tiefgang, der oft genug in den Vordergrund tritt und den von Haus aus schon erstklassigen Gesamteindruck noch einmal zusätzlich aufwertet. Wenn es überhaupt etwas zu bemängeln gibt, dann ist es eventuelle die etwas oberflächliche Beleuchtung der Neben-Charaktere. Denn obwohl hier eine sehr hochkarätige Darsteller-Riege am Start ist, wird einzig der Charakter der Hauptfigur eindringlich beleuchtet. Natürlich liegt das auch an der Omnipräsenz eines Christopher Walken, der einen mit seiner grandiosen Performance fast schon in einen magischen Bann zieht, doch gleichzeitig müssen dabei Darsteller wie Laurence Fishburne, Wesley Snipes oder auch David Caruso fast schon ein Schatten-Dasein führen und kommen nicht ganz so zur Geltung, wie sie es eigentlich verdient hätten. Insbesondere Snipes bleibt doch ziemlich blass, während Fishburne und Caruso mit ihren eher bescheidenen Spielanteilen durchaus zu glänzen wissen.

Vor allem der hier noch junge David Caruso hat mir richtig gut gefallen, sein Part als ermittelnder Polizist der das Recht in die eigenen Hände nimmt ist zwar etwas zu spärlich ausgefallen, aber dennoch als eines der Highlights dieses Filmes anzusehen. Auch hier wird man wieder mit einem innerlichen Zwiespalt konfrontiert, stellt sich doch ganz automatisch die Frage, ob ein Polizist sich über das Gesetz stellen darf. Gleichzeitig wird dadurch jedoch auch die Ohnmacht der ermittelnden Beamten in den Fokus gerückt, die einem Frank White mit legalen Mitteln ganz offensichtlich nichts anhaben können. Ferrara hat all diese Aspekte ausführlich herausgearbeitet und seinem Film dadurch einen unverwechselbaren Stempel aufgedrückt, der ganz zwangsläufig dafür Sorge trägt, das diese Geschichte auch einen äußerst nachhaltigen Eindruck beim Zuschauer hinterlässt. Das "King of New York" natürlich kein Werk ist das mit einem schmalzigen Happy End versehen ist dürfte hier außer Frage stehen und so kann man sich ganz bestimmt denken, das die Story für beide Seiten nicht sonderlich gut ausgeht. Und so erhält das Ganze dann auch ein absolut passendes-und logisches Finale, das zugleich den nötigen Schuss Tragik einziehen lässt, den ein solches Meisterwerk benötigt, um auch in glaubwürdiger Erinnerung zu bleiben.


Fazit:


"King of New York" zählt meiner persönlichen Meinung nach zu den absolut zeitlosen Klassikern, die auch in der heutigen Zeit immer wieder sehenswert sind und dabei in keinster Weise auch nur annähernd angestaubt erscheinen. Im besten Stil des Film noir wird hier eine spannende Story voller Tempo-und Kontraste erzählt, die mit einer grandiosen Darsteller-Riege besetzt ist. Der film ist dabei ein gelungener Spagat zwischen gnadenloser Härte und menschlichen Emotionen und offenbart eine herrlich düstere Grundstimmung, an der man sich regelrecht ergötzen kann. Das Mediabook von Ascot Elite stellt eine in allen Belangen lohnenswerte Veröffentlichung dar und jeder der den Film in seiner ungeschnittenen Version noch nicht in seinem Besitz hat, kann hier bedenkenlos zugreifen. Allein schon das informative Booklet dürfte Fans begeistern, erfährt man hier doch eine Menge Informationen über den Film und die generellen Arbeiten seines Regisseurs, der schon immer durch außergewöhnliche Filme auf sich aufmerksam gemacht hat.


9/10

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