Mit „King of New York“ steht ein gefeiertes Werk eines Kultregisseurs auf dem Plan. Ein Film, dessen Faszination sich mir weitestgehend entzieht. Die eigentlich ziemlich banale Thrillerhandlung wird in eine eigenwillige, etwas plumpe auf jeden Fall aber gewöhnungsbedürftige Erzählstruktur verpackt und mit einer Vielzahl von Klischeetypen angereichert - vielleicht misinterpretieren manche Fans dies als höhere Kunst. Mir ist das eher unangenehm aufgestoßen. Als positive Aspekte sind die überraschend üppige Ausstattung des Film, stimmige New-York-Bilder, ein schönes Finale und die durchweg guten Schauspielleistungen, allen voran Christopher Walken, der in der Rolle des eiskalten und äußerst zielstrebigen Mobster Frank White voll aufzugehen scheint, festzuhalten.
Frank White (Christopher Walken) übernimmt nach seiner Haftentlassung nach und nach den Drogenmarkt in New York. Getrieben von seinem Traum ein Krankenhaus in der Bronx zu erhalten, schafft er seine Widersacher mit der Unterstützung seiner rechten Hand Jimmy Jump (Laurence Fishburne) nacheinander aus dem Weg. Der örtlichen Polizei in Gestalt der Detectives Thomas Flanigan (Wesley Snipes) und Dennis Gilley (David Caruso) bleiben bald nur noch illegale Wege, um den King of New aus dem Weg zu räumen.
Abel Ferrera gibt sich redlich Mühe, sämtliche Hauptfiguren ambivalent zu gestalten. Auf der Gangsterseite stehen Frank White und Jimmy Jump, genauso kompromisslos, brutal und eiskalt wie kinderlieb und sozial. Die Hüter des Gesetzes sind in ihren Methoden nicht weniger zimperlich als die Gangster, werden aber im gleichem Atemzug als gesellige Familienmenschen porträtiert. Gut und Böse exisitiert in „King of New York“ nicht. Die Botschaft wird konsequent und insofern kann man den Film als gelungen bezeichnen weiterentwickelt, bis im eher ruhigen Finale auch die integerste Figur moralisch zugrunde geht. Schade nur, dass Abel Ferrera bei der Figurenzeichnung größtenteils auf plumpe Gansterfilmklischees setzt. Laurence Fishburne darf mit seiner Performance als großmäuliger Killer sämtliche HipHop-Klischees der ausgehender 80er Jahre bedienen und der junge Wesley Snipes ist eigentlich die ganze Zeit der hitzköpfige, latent aggressive Brutalobulle. Daneben gibt es die üblichen Verräter, alten Hasen und schmierigen Anwälte. Etwas überraschend und durchaus originell ist die Verbindung zwischen Christopher Walken und der schwarzen Ghettogang. Überraschend und durchaus anstrengend ist allerdings auch die verfahrene Erzählstruktur des Films. Einige Hauptfiguren werden erst im zweiten Drittel des Films eingeführt und dann zu lasten anderer Hauptfiguren fokussiert. Ein Erzählstil, der mit gängigen Strukturen bricht, muss an sich nichts Falsches sein und es mag an meinen Sehgewohnheiten liegen – in meinen Augen verkompliziert die eigenwillige Struktur den Film unnötig. Ohne Sinn für Timing wechseln sich konventionelle Actionszenen mit eher assoziativen Momenten ab. Wirklich gelungene Szenen mit pointierten Dialogen paaren sich mit plumben Die-Geschichte-muss-vorangetrieben-werden-Szenen. Der Zuschauer weiß oftmals nicht genau, woran er eigentlich ist.
Das am Ende doch noch ein halbwegs gelungener Gangsterfilm herausgekommen ist, ist dem aufstrebenden Starensemble im allgemeinen und Christopher Walken im Besonderen zu verdanken. Seine Performance ist derart nuancenreich und treffend, dass auf diese Weise manche vermeidliche Plattitüde zu großer Schauspielkunst gerät. Wenn man ein großer Christopher-Walken-Fan ist, sollte man „King of New York“ nicht verpassen, allen anderen sei gesagt, dass dieser überraschend durchschnittliche Streifen alles andere als Pflichtprogramm oder -Gott bewahre- kultverdächtig ist.
Daran werde ich mich noch lange erinnern
Christopher Walken als waschechter Hip-Hop-Homie