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Für den Mainstream ungewohnt kompromisslos und stilsicher inszeniert Regisseur Abel Ferrara („Ms. 45“, „Bad Lieutenant“) sein „King of New York“ als düsteres Gangsterdrama, indem Christopher Walken („The Deer Hunter“, „A View to a Kill“) als kriminelles Bandenoberhaupt Frank Black eine einmal mehr beeindruckend ausstrahlungsstarke Performance abliefert.

Nach seinem mehrjährigen Knastaufenthalt kehrt die ehemalige Größe des organisierten Verbrechens geläutert in seine alte Wirkungsstätte, der Bronx, zurück, um dort feststellen zu müssen, dass die Lage der dortigen Bewohner sich seit seiner Verurteilung noch weiter verschlechtert haben. Black kann sich diesen Zerfall nicht weiter mit ansehen und kündigt als selbstlose Wiedergutmachung zumindest das Bezirkskrankenhaus zu retten. Doch er plant mehr als das zu tun.

„King of New York“ ist die Geschichte eines Verbrechers, der etwas zum Positiven verändern will. Black plant seinen Einstieg in die Politik, um etwas für New Yorks unbequemsten Stadtteil zu tun. Doch dafür braucht er Geld und Einfluss, also schlägt er den einzigen Weg ein, den er kennt – den des Verbrechens. Gnadenlos räumt er unter den lokalen Unterweltgrößen für den guten Zweck auf und reißt das Drogengeschäft an sich, um seinen Wechsel zu finanzieren und zumindest das skrupellose Vorgehen seiner Konkurrenten zu unterbinden.

Ferrara verpackt diesen Werdegang in eine sehr düstere Optik, der mitunter schon etwas postapokalyptisches anhaftet. „King of New York“ spielt fast durchgängig bei Nacht und hält neben den vielen unwirklichen Orten jede Menge bedrohliche Spelunken, Gassen und Hinterhöfe breit. Das wirklich gnadenlose Ausradieren anders denkender Unterweltler wird in brutalen, bluttriefenden Shootouts gezeigt. Doch auch für die eine oder andere Verfolgungsjagd ist Ferrara zu haben. Farbfilter, durchdringender Regen und fast schon surreal anmutende Neonreklamen und Lichtermeere erhellen diesen Sündenpfuhl.

Inmitten dieses Strudels aus Drogen, Gewalt und Prostitution kann Black auf einen einflussreichen Anwalt bauen, der ihm stets den Rücken freihält. Den hat er auch bitter nötig, denn die Cops hängen ihm fanatisch am Hacken. Um jeden Preis wollen sie ihn wieder hinter Gittern bringen. Da hilft auch die Erklärung seiner Ziele nicht viel. Ferrara stellt dabei die Cops überraschend dimensional dar. Die in ihrem Beruf nämlich für ihre Ziele (Das Ausschalten von Black) auch mal das Gesetz brechenden und Lynchjustiz übenden, emotionalen Polizisten, sind Ehemänner, Väter und Großväter, die für ein besseres New York in den Kampf ziehen.

Aufgewertet wird „King of New York“ durch seine exquisite Besetzung der Nebenrollen. Insbesondere Laurence Fishburne („Fled“, „The Matrix“) sticht dabei als schießwütiges Großmaul an Walkens Seite heraus. Auf der Seite der Cops machen David Caruso („Kiss of Death“, „CSI: Miami“), der nie den Durchbruch schaffte, ein noch junger, unbekannter Wesley Snipes („Demolition Man“, „Blade“) und ein sehr ruhiger und nachdenklicher, in früheren Jahren immer wieder in Nebenrollen bei Scorsese zu sehender Victor Argo auf sich aufmerksam.

Durchzogen wird dieses bedrückend pessimistische Werk (Mal ehrlich, wer glaubt an ein Happy End?) nicht nur von Referenzen an „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens“, „Frankenstein“ und „Scarface“, sondern auch Verrat, falschen Freunden und der in Black wachsenden Gewissheit, dass sein Wille die Dinge zu verändern einfach nicht ausreicht, um wirklich etwas bewegen zu können.

Souverän, antiklimatisch und mit einer vibrierenden Ruhe lässt Ferrara sein Werk ausklingen. Keine finale Schießerei und keine Verfolgungsjagd, sondern zwei Männer, die sich längst von den Menschen, die sie umgeben und nicht verstehen, isoliert und entfremdet haben und deswegen ganz allein sterben werden.


Fazit:
Gelungenes Gangsterdrama von Abel Ferrara, das aufgrund seines unbequemen Stils Schwierigkeiten hat, sein Publikum zu finden. Wer sich auf diese zutiefst trostlose Geschichte, in der ein Krimineller eigentlich nur Gutes vollbringen will und deswegen von allen Seiten attackiert wird, jedoch einlässt, wird nicht nur eine atemberaubende Optik, sondern einen mal wieder ausnahmslos starken Christopher Walken sehen. „King of New York“ bleibt damit ein überraschend vielschichtiger, wenn auch inhaltlich nicht sonderlich innovativer Nischenfilm, auf den man sich einlassen muss.

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