Eins vorweg: die Werbekampagne zu diesem Film kann man in die Kategorie „Vorspiegelung falscher Tatsachen“ einordnen, denn sowohl der mit Fantasysequenzen vollgeproppte Trailer wie auch der Werbeschriftzug „…von den Machern von „Narnia“…“ suggeriert dem Publikum, hier hätte man es erneut mit einem frisch getricksten Fantasykracher Marke Weihnachtsfilm zu tun.
Wer das annimmt, kann nicht falscher liegen.
„Brücke nach Terabithia“ ist nämlich etwas, was man für gewöhnlich aus den USA gar nicht mehr geliefert bekommt (sondern wenn, nur aus Europa): ein sensibler, einfühlsamer Film über die Jugendzeit, der nur ganz marginal mit Fantasyseqenzen ergänzt wurde.
Hier liegt der Fokus eindeutig auf einer früh angelegten „Coming-of-Age“-Story, in der sich zwei Außenseiter zu einer zarten Form der Weltflucht zusammenfinden.
Der junge Jess ist zwar nicht gerade ein Träumer, erschafft sich aber mit seinem Zeichentalent einen Fluchtpunkt in dieser Welt, die ihm bisher nicht viele Freunde bietet.
Daheim gesegnet mit vier Schwestern und einem Vater, der ihm nicht das gibt, was er braucht, sondern ihn eher unterschätzt, bleibt er meistens für sich – bis die junge Leslie in das Haus nebenan einzieht. Die ist ihm insofern ähnlich, das ihre Phantasie sich auf das Geschichtenerzählen auswirkt und die beiden sich somit perfekt ergänzen.
Behutsam und außergewöhnlich natürlich entwickelt Regie-Novize Gabor Csupo die Geschichte seiner Protagonisten.
Angesiedelt in einer eher ländlichen Gegend verzichtet er auf die allzu bekannten Bilder aus typischen amerikanischen High Schools und bewahrt sich einen Blick auf die kleinen Dinge des Alltags. Die Probleme der beiden Jugendlichen und auch die ihrer Umwelt sind nicht monströs, sondern alltäglich: Die Eltern von Jess haben Geldprobleme, der Vater schenkt ihm nicht die nötige Aufmerksamkeit und Jess vermutet dahinter mangelnden Respekt; Leslie flieht notgedrungen in die Phantasie, da ihre sympathischen Eltern als Autoren oft vergessen, die nötige Zeit für sie zu haben. In der Schule leidet Jess unter ein paar Bullies, die aber eher nervig als grausam sind, eine etwas grobschlächtige Achtklässlerin drangsaliert alle.
Das sind die Themen mit denen diese Buchverfilmung hantiert – und gleichzeitig eine vorsichtig erblühende Freundschaft visualisiert, ohne sie auf Teufel komm raus zu romantisieren.
Die Teenager (präpubertär) kompensieren ihre Realität einfach dadurch, dass sie in einem Waldstück das Land Terabithia erträumen, rund um ein altes Baumhaus (Schloß) und die Tiere des Waldes (Helfer oder Diener des dunklen Herrschers).
Diese Form der Weltflucht hat so ziemlich jeder im Publikum als Kind einmal unternommen und ist deswegen ultimativ verständlich für jeden Zuschauer.
Csupo setzt dieses Stilmittel aber nur sehr vorsichtig ein, weil er sich vermutlich bewusst war, wie dies seinen eigenen Plot problemlos erschlagen konnte.
Deswegen finden sich im Film auch nur etwa 5-7 Minuten Effektsequenzen überhaupt und die Tricks sind der Geschichte dienlich und nicht etwa umgekehrt.
Was „Terabithia“ so stark macht, ist seine ungeheure Bandbreite. Das Skript deckt Freundschaft, Liebe, Vertrauen in die eigene Person, Selbstüberwindung, Selbstfindung und die Verarbeitung des Todes ab, ohne auch nur ein Thema zu vernachlässigen.
Unpretentiös und ohne Kitsch widmet er sich in erster Linie auf sanft sentimentale Art und Weise nur den Figuren und zieht durch die Natürlichkeit die Zuschauer in seinen Bann – was zur Folge hat, dass man sich auch als hartgesottener Erwachsener am Ende nur mit Mühe ein paar Tränen verkneifen kann (wenn man es denn tut).
Großes Lob an die Darsteller Josh Hutcherson („Zathura“) und AnnaSophia Robb (die „Violet“ aus „Charlie und die Schokoladenfabrik“), die mit größtmöglicher Natürlichkeit hier jedes Klischee vermeiden. Einen Sonderpunkt auch für Bailee Madison, die Jess kleine Schwester May Belle darstellt und so quietschvergnügt routiniert ihre Pointen abfeuert, dass man sich am liebsten aus dem Sessel rollen möchte.
Wer also möglichst flott vergessen kann, dass dies hier NICHT „Narnia“ oder „Eragon“ ist, der wird einen Film geliefert bekommen, der wohl das Beste im US-Jugendfilm seit „Stand by me“ darstellt und der ein großes Publikum wirklich verdient hat. (8,5/10)