Review

Über A LIVING HELL hab ich schon viel Gutes gehört:
"The Japanese 'Texas Chainsaw Massacre'!" oder "Das Härteste was Japan zu bieten hat!!!" lauteten die Schlagzeilen.
Schenkt aber diesen Lobeshymnen bitte keinen Glauben! Is alles nur heiße Luft, was da gelabert wird, und ich will euch sagen wieso ...

Aber erstmal der Handlungsablauf im Groben:
Eine Familie nimmt zwei entfernt Verwandte (eine apathische alte Frau und ein stummes Mädchen) auf, die die einzigen Überlebenden eines Massakers waren.

Schon von Minute Eins an wird dem Zuschauer durch düstere Musik und dem bedrohlichen Auftreten von der Alten und ihrer Enkelin unmissverständlich klargemacht, dass mit den beiden irgendetwas nicht stimmt.
Überraschungseffekt also gleich Null als sich dann herausstellt, dass die beiden selbst für das Massaker verantwortlich waren und ihre Mordlust immer noch nicht gestillt ist.

Der an den Rollstuhl gefesselte Yasu bekommt nun den Sadismus der beiden zu spüren und als er bei seiner Familie Hilfe sucht, glaubt diese ihm kein Wort.
Zu den Folterungen zählen u.a. eine Elektroschock-Therapie am Sack, eine Zahnbehandlung mit der Kneifzange und das Bewerfen mit Dartpfeilen. Diese fallen aber keineswegs übermäßig brutal oder blutig aus, wie uns die Slogans vom Anfang glauben machen wollten, und auch von Splatter ist hier nicht die Spur.

A LIVING HELL versucht auch ständig eine bedrückend perverse Atmosphäre aufzubauen, was dem Film aber nur minimalst gelingt.
Dies liegt daran, dass
1.: die Folterungen alles andere als "krass" oder "heftig" rüberkommen,
2.: die Charaktere alle solche Jammerlappen sind, dass man ihnen Qualen und ein schmerzhaftes Ende fast schon an den Hals wünscht,
und 3.: die Ekel-Szenen, die den Wahnsinn der alten Frau und ihrer Enkelin zum Ausdruck bringen sollen, allesamt ziemlich lächerlich und fast schon unfreiwillig komisch geraten sind (als Beispiel: eine Szene, in der die alte Frau in einen Käfer beisst...).
Zudem nervt dieses aufgesetzte, verbissene "Oh-wir-sind-ja-alle-sooo-wahnsinnig"-Getue einfach volle Kanne.
Beim "Texas Chainsaw Massacre" (dem Original) fand ich's persönlich auch schon übertrieben von einem hohen Härtegrad oder von unvorstellbarer Perversion zu sprechen, bei A LIVING HELL allerdings kommt wirklich Null Komma Null ernsthaftes Sicko-Flair rüber (Betonung auf "ernsthaftes"!).

Der Showdown oder besser die Auflösung, bei der herauskommt, dass die Alte, ihre Enkelin und die Gastfamilie mit Rollstuhl-Junge einst eine Familie waren, kommt dann so an den Haaren herbeigezogen und dämlich rüber, dass man alle mühsam zusammengekratzten Sympathien für den Film wieder über Bord wirft.

Ich fass nochmal kurz zusammen:
Eine alte Frau und ihre Enkelin ziehen bei einer Familie ein, foltern und quälen deren querschnittsgelähmten Jungen und schließlich stellt sich heraus, dass alle eine große wahnsinnige Sicko-Familie sind.

Mit TCM hat dieser Streifen also nur gemein, dass es sich um eine Familie dreht, die einen an der Waffel hat. Ansonsten sind aber alle Vergleiche zwischen A LIVING HELL und dem dreckigen Redneck-Horror-Klassiker vollkommen aus der Luft gegriffen.

Mein Fazit also:
Kein Blut, kein Splatter, kein gelungener Psycho-Terror, keine guten Darsteller und Charaktere, aber dafür eine bescheuerte, konfuse Story ohne den gewissen Thrill und diverse Spannungseinbrüche, ergeben meiner Rechnung nach insgesammt KEIN Highlight im Sicko-Bereich, KEINEN Schocker und auch definitiv KEINEN guten Film.
Splatterfans sind hier definitiv falsch. Leute, die auf Hochspannung und Nervenkitzel stehen, sollten sich auch lieber anderweitig umsehen.

A LIVING HELL ist aber schon anschaubar und auch durchaus erträglich, Besonderheiten oder Sachen, die man nicht bereits woanders in besserer Art und Weise zu sehen bekommen hat, werden einem hier allerdings nicht präsentiert.

Daher:
Wen's zu sehr reizt, kann schon zugreifen.
Wer den Streifen nicht kennt, hat aber absolut nichts verpasst.


Noch ne Anmerkung zur Dvd von Japan-Shock:
Das Bild ist schon mal sehr dunkel, der Hammer sind aber die deutschen Untertitel: über die Grammatik- und Rechtschreibfehler kann man ja noch hinwegsehen, eine echte Frechheit jedoch ist, dass die Subs sehr oft nur für den Bruchteil einer Sekunde eingeblendet werden, dann aber an einer wichtigen Stelle fast eine Minute lang gar keine Untertitel kommen.
Da ich nicht glaub eine Fehlpressung oder ne defekte Disk ergattert zu haben, rate ich allen, die es sich nicht verkneifen können sich diesen Streifen zuzulegen, dringenst von dieser Fassung ab.

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