Irgendwie...schade!
Mit dem Werwolffilm kann man ja rein erzählerisch schon nicht so viel machen wie z.B. mit Vampiren, die zumindest immer eine gewisse sexuelle Komponente im Blutsaugen beinhalten. Hier jedoch wird die Sexualität in den Wolfkontext (wie schon in "Zeit der Wölfe") gut in ein Teenagerdrama eingearbeitet, mit der Pubertät, einsetzenden Menstruation und dem Erwachen sexueller Begierden gleichgesetzt und unterhaltsam vorangesponnen.
Doch dann geht auf der Schlußgeraden alles den Bach runter!
Aber der Reihe nach: die "Ginger" des Filmtitels ist eine von zwei Schwestern, die an ihrer High School die reinen Außenseiter sind. Beide noch nicht "entwickelt", ständig zusammenklebend, den Rest der Welt verabscheuend (vor allem Jungs und Mädchen, die was von Jungs wollen) und den Kopf voller morbider Ideen. Die "Snaps", das sind die Schnappschüsse, die sie für ein Schulprojekt inszenieren, die den eigenen Tod in verschiedensten kunstvollen Situationen zeigen. Die Außenseiterstudie ist schon nach diesen herrlich schrägen Bildern gelungen und eine unbekannte Bestie ist auch in der Stadt, die reihenweise Hunde killt.
Doch die Zeit läßt sich nicht aufhalten, bei Ginger setzt irgendwann die Periode ein, ungewollt und verdammt stark. Und gerade das steigt dem Werwolf bei einem nächtlichen Rachefeldzug in die Nase. Folge: Ginger wird gebissen, der Wolf kurz darauf vom schmucken Schulgrasdealer mit seinem Transporter überrollt.
Von jetzt an vermischen sich Sexualität und Werwolfvirus zu einer gefährlichen Mixtur. Das Erwachen der Gefühle bekommt in Gingers Fall nämlich bald eine agressive Note, der sexuelle Appetit und die Zerstörungswut nimmt zu und im Falle von ungeschütztem Verkehr ist das auch noch ansteckend. Mit dem Bruch des Todesschwurs, immer füreinander da zu sein, zerbröselt auch das Verhältnis der Schwestern, da Ginger nunmehr nicht zu halten ist, während ihre kleine Schwester sich notgedrungen auch mit dem unliebsamen Thema auseinandersetzen muß, um ein Gegenmittel zu finden.
"Ginger Snaps" baut sich ruhig und ungewohnt eckig, jedoch sehr unterhaltsam, auf. Kaum einmal werden die tiefsten Klischees bemüht, sogar mit der Werwolfidee ist man sofort bei der Hand. Der Film spielt geschickt mit sexuellen Urängsten und parodiert gleichzeitig den Wunsch nach dem ersten Sex, gemäß Vorstellung und tatsächlicher Realität.
Blut fließt dabei wenig, Tote gibt es auch nicht viele und die Effekte sind höchst mittelmäßig. Es gibt aber auch kaum Verwandlungen, hier und da sprießen die Haare und das Äußere macht nur eine langsame Verwandlung durch, allerdings wächst den Beteiligten hier schnell ein Schwanz.
Kurz bevor der Wolf nun endgültig ausbricht, wird dann doch noch ein Gegenmittel gefunden und eigentlich könnte es mit Drive zum Showdown gehen, als storytechnisch noch alles verdorben wird. Die Eltern, eh nur überflüssige Karikaturen, verschwinden. Der Vater total, die Mutter wird noch teilweise aufgebaut, um dann doch komplett fallengelassen zu werden.
Das gefundene Gegenmittel wird an Infizierten getestet und wirkt offensichtlich, doch aus unerfindlichen Gründen stopft man sich hier nicht schnellstmöglich damit die Taschen voll, sondern läßt die Figuren zögern und zögern, taktieren und abwarten, bis es endlich zu spät ist, den Teufelsbraten noch irgendwie zu bändigen. Schließlich muß man das Gegengift unter denkbar ungünstigsten Umständen zusammenbrezeln, um es dann in einem überlangen und konfusen Hickhack einfach nicht mehr anzuwenden, bis die Chose mit einem großen Fragezeichen endet.
Die Symbolik dieses Schlusses drängt sich mir nicht auf, eher wage ich mal zu ahnen, daß die gewisse Tragik am Ende noch mehr betont werden sollte, der fatale Schwur, der am Ende sich erfüllt. Trotzdem besteht die Reaktion nach Konsum des Restfilms eher in dem Schluß, dass hier eine schöne Chance schnöde verpaßt wurde. (6/10)