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Als Fan des Werwolffilms hat man ein schweres Los gezogen. Während Freunde des Vampirgenres regelmäßig mit Frischfleisch versorgt werden, sind Werwolffilme eher rar gesät, so dass man quasi auf alles zurückgreift, was zu bekommen ist. Leider findet man so auch sehr viel Müll, doch gerade Filme wie "Dog Soldiers" oder "American Werwolf in Paris" haben in den letzten Jahren bewiesen, dass durchaus noch Potential in dem Subgenre steckt. Ein Film allerdings, mittlerweile sogar eine Trilogie, hat es zweifellos geschafft, sich von alledem an die Pole Position zu etablieren. Mit "Ginger Snaps" inszenierte John Fawcett, der zuvor meist vereinzelte Episoden für Serien wie "Queer as Folk", "Xena" oder "Nikita" drehte, eine bissige Mischung aus blutigem Horror und ehrlichem Pubertätsdrama. Dieser Mix schlug bei den Fans ein wie eine Bombe, so dass es nicht lange daurte, bis noch zwei Fortsetzungen in den Startlöchern standen, die beide im Jahr 2004 erschienen.

Der Anfangspart konzentriert sich dabei voll und ganz auf die beiden Hauptdarstellerinen und ihren überaus schrägen Lebensstil. Brigitte und Ginger Fitzgerald lassen sich wohl als zwei Gothics umschreiben, die sich in dieser Szene überaus wohlfühlen und deren Klisschees bis an die Grenze ausleben. Beide sind Einzelgänger, die in der jeweils anderen die beste Freundin sehen. Ansonsten können sie gut auf menschlichen Kontakt verzichten und konzentrieren sich lieber auf ihre gestellten Selbstmorde, die sie liebend gerne mit der Kamera festhalten.

Glücklicherweise geht Fawcett richtig mit seinen Charakteren um, und lässt einen durchaus glaubwürdigen Einblick in die "Szene" zu, in der Ginger und Brigitte leben. Die beiden Teenager sind nicht die Hauptfiguren, weil jeder Film welche braucht, sprich Mittel zum Zweck, sondern sie tragen den gesamten Streifen sogar selbst. Ginger und Brigitte sind Figuren, wie sie sich wohl jeder Film dieser Art nur wünschen kann. Mit Herz, Seele und Glaubwürdigkeit gewinnen sie sofort die Symphatie des Zuschauers, so dass man der Handlung auch zu jedem Zeitpunkt interessiert folgt.

Unerwartet und etwa nach dem ersten Viertel erfährt "Ginger Snaps" dann seinen ersten, frontalen Umschwung. Mit dem nächtlichen Angriff auf Ginger werden die ersten Horrorelemente entfesselt, Schrecken verbreitet und Blut vergossen. Dennoch orientiert sich der weitere Verlauf des Films nicht an dieser einen Szene, er befährt vielmehr weiter die "Pubertäts" Schiene, und zeigt, welche Schwierigkeiten die Verwandlung in einen Werwolf für ein 16 jähriges Mädchen mit sich bringt. Der Horror Aspekt darf dabei auch als Nebensache und der ganze Film als reine Metapher über das Erwachsenwerden betrachtet werden. Durch den Eintritt der Menstruation wird die "Bestie" angelockt, die Ginger infiziert und verändert. So sind hier durchaus auch versteckte Hintergedanken vorhanden, wenn man sich mal näher mit der Materie befasst.

Nun will ich andererseits auch nicht so weit gehen "Ginger Snaps" enorm viel Anspruch zu unterstellen. Vordergründig ist es eine sehr unterhaltsame Überbruckung zwischen typischen Horrorelementen  und interessant erzählten Jugenddrama. Loben muss man Fawcett auf jeden Fall dafür, dass es ihm gelungen ist, beide Fraktionen ausreichend zu beleuchten.

Was die Schauspieler angeht, befindet sich "Ginger Snaps" auf einem sehr hohen Niveau. Emily Perkins als Ginger und Katharine Isabelle als Brigitte verfügen über eine unglaubliche Präsenz, die sie in jeder Szene sofort in den Mittelpunkt rückt. Während Perkins dabei die ältere der Beiden spielt, die sich in gewisser Weise weiterentwickelt, ist Isabelle die, die an den alten Idealen ihrer Freundschaft festhalten möchte und Ginger's abrupte Veränderung nicht versteht. Gleichzeitig gibt sie ihr bestes, die Verwandlung ihrer Schwester geheim zu halten. Für die Hauptrollen könnte man sich jedenfalls keine anderen Schauspielerinnen als Perkins und Isabelle wünschen, die ihre Sache einfach nur perfekt machen. Dagegen verblassen die Nebendarsteller absolut, einzig Mimi Rogers als verzweifelte und überforderte Mutter, sowie Kris Lemche als intilligenter Drogendealer sind mir dabei noch länger im Gedächtnis geblieben.

Ich möchte allerdings auch eine Warnung aussprechen, denn wer sich einen reinrassigen Horrorfilm erhofft, dürfte enttäuscht werden. "Ginger Snaps" ist sehr weit davon entfernt, in die Schubalde der Teenie-Horrorfilme eingeordnet werden zu können, auch wenn dieser Aspekt eine tragende Rolle im Film spielt. Dafür ist er letztendlich aber dennoch eine Spur zu blutig und schwarzhumorig. Das hervorstechendste Merkmal des Streifens ist aber definitiv sein Unterhaltungswert, der zu jedem Zeitpunkt gegeben ist und niemals zu verschwinden droht.




"Ginger Snaps" ist eine sehr unterhaltsame Mischung aus Teenager-Drama und fesselndem Horror. Blut, Tiefgang, eine sich stetig höher schraubende Spannungskurve, zwei geniale Hauptdarstellerinnen und und und.. Würde ich nun alle positiven Aspekte benennen wollen, wäre dies vermutlich eine unmögliche Aufgabe, deshalb mache ich es kurz. Wer sich auf diesen Werwolffilm der etwas anderen Art einlässt, bekommt ein Genrehighlight geboten, das seinesgleichen sucht. Zwar ist "Ginger Snaps" auf ein jüngeres Publikum ausgerichtet, doch dies sollte auch die alteingesessenen Horrorfreaks nicht davon abhalten, mal einen Blick auf diese kreative, kleine Perle zu werfen, die in dieser Art sicherlich nur noch schwer zu toppen sein dürfte.

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