"Ausstieg mit sechzehn oder tot in der Szene, aber für immer zusammen" – das ist das Motto der beiden 15jährigen Schwestern Ginger (Katharine Isabelle) und Brigitte Fitzgerald (Emily Perkins), die in dem verschlafenen Nest Bailey Downs leben. Die beiden krassen Außenseiterinnen sind fasziniert von Tod und Gewalt, sehr zum Missfallen ihres Umfeldes, vor allem der Lehrer, aber auch der Mitschüler, welche sie als Freaks abstempeln.
Eines Nachts wird Ginger von einem wilden Tier angefallen und gebissen. Nach und nach kommen die Schwestern dahinter, dass es ein Werwolf gewesen sein muss. Brigitte versucht verzweifelt mit Hilfe des Dealers Sam (Kris Lemche), ein Heilmittel zu finden, während Ginger eine grauenhafte Veränderung durchmacht und die "Fleischeslust" in ihr erwacht.
Mit der Independent-Produktion "Ginger Snaps" haucht Regisseur John Fawcett dem Werwolf-Thema frischen Wind ein und liefert einen überraschend guten Film ab.
Die Story ist gefühlvoll und wunderbar erzählt. Auch wenn die enge Verbindung der Fitzgerald-Schwestern bizarr scheint, so kann man sie durchaus nachvollziehen. Die Entwicklung dieser Verbindung im Lauf der Geschichte ist immer hintergründig und nie überzogen.
Als Hauptaugenmerk der Story findet man die Metapher des Erwachens weiblicher Sexualität. Diese Metapher wird virtuos in die Geschichte integriert und mit der Entwicklung zum Werwolf verknüpft.
Die optische Umsetzung ist mehr als geglückt. Der langsame Erzählstil wird durch lange Kamerafahrten und wenig Schnitte unterstützt. In den entsprechenden Szenen wird im Tempo auch mal ein Gang hochgeschalten, doch alles bleibt im Einklang, nichts wirkt unpassend.
Atmosphärisch war einiges drin. So wirkt die Stadt Bailey Downs im Herbst sehr trostlos, satte Farben gibt es so gut wie nie zu sehen. Viele Szenen spielen sich im Dunklen ab oder sind düster gehalten, sollte sich mal etwas am Tag abspielen, so wirken die Sets kalt. Der langsame Erzählstil und der Score von Thom Best sorgen auch dafür, dass alles kalt und feindselig wirkt.
Das Schauspiel-Ensemble hat wirklich gute Arbeit geleistet. Emily Perkins und Katharine Isabelle bilden ein perfektes Schwesternpaar. Die Entwicklung der Charaktere ist so perfekt glaubwürdig gespielt, wie man es selten erlebt. Die krasseste Veränderung durchlebt Ginger, und dank Isabelle nimmt man ihr diese auch hundertprozentig ab. Perkins überzeugt als zweifelnde Figur im Fahrwasser ihrer großen Schwester.
Mimi Rogers gibt eine herrliche überfürsorgliche Mutter und Kris Lemche spielt Sam sehr routiniert.
Fazit:
"Ginger Snaps" ist ein hochatmosphärischer Film, spannend, intelligent und düster. Dank der tollen Erzählweise und der grandiosen Story wird eine Stimmung erzeugt, die mitreißt. Tolle Schauspieler, innovative Ideen, eine kalte Optik und ein schöner Score runden das Bild ab. Hier wird endlich ein ganz neues Licht auf das Genre geworfen. "Ginger Snaps" ist vielleicht nicht der beste, aber einer der besten Werwolf-Filme, die je gemacht wurden.
14 von 15 Punkten (= 1)