Review

Das Top-Model Jennifer Tree wird nach einer Party in einem Szene-Club unter Drogen gesetzt und findet sich kurz darauf in der Gewalt eines irren Serienkillers wieder, der seine vornehmlich hübschen, weiblichen Opfer in ein High-Tech-Verlies sperrt, um dort ein wenig Schindluder mit ihnen zu treiben, bevor er sie möglichst grausam um die Ecke bringt. Dieser will nun auch mit Jennifer seinen Spaß haben und unterzieht sie einer Reihe ekelhafter Torturen (Highlight: Der Augapfel-Smoothie... hmm, lecker!), um sie gefügig zu machen. Die Lage sieht für die junge Frau ziemlich hoffnungslos aus, da entdeckt sie, dass sich der ebenfalls entführte Gary in einer Nachbar-Zelle hockt. Zusammen versuchen die beiden ihrem Peiniger zu entkommen und einen Weg aus dem Kerker zu finden... Eigentlich hätte man ja auch nicht gedacht, dass ausgerechnet der ehemals respektable Regisseur Roland Joffé ("The Killing Fields", "Mission") im Verbund mit dem ewigen B-Movie-Filmer Larry Cohen (in diesem Fall Story und Drehbuch) den Bodensatz des Torture Porn-Subgenres ausloten würde. Wobei die Bezeichnung "Folter-Porno" hier im Grunde genommen gar nicht wirklich zutrifft, denn der billig in Russland runtergekurbelte "Captivity" sollte ursprünglich mal ein reiner Psycho-Thriller werden, den der ausführende Produzent Courtney Solomon dann aber in Hinblick auf den finanziellen Erfolg von "Saw", "Hostel" und Co mit eigens nachgedrehten Gore-Szenen versetzt hat. Man muss sich das Ganze also in etwa so vorstellen, wie die Produktions-Historie von Ken Wiederhorns "Die Augen eines Fremden", der damals mit Tom Savinis Splatter-F/X aufgepeppt wurde, um inmitten der früh80er-Slasher-Welle konkurrenzfähig zu sein. Eine anstößige Marketing-Kampagne (immerhin, credit were it’s due: Design-mäßig gut gestaltet), bei der die übliche Moralapostel-Brigade schnell frauenfeindliche Tendenzen ausgemacht haben wollte und wie geplant Zeter und Mordio geschrieen hat, war dann schnell lanciert und der Tabu-Brecher aus der Konserve in aller Munde. Tja, da sollte der garantierte Box-Office-Hit doch vorprogrammiert sein, gelle... oder auch nicht, denn so leicht lässt sich der Kinogänger wohl doch nicht an der Nase herumführen, insbesondere dann, wenn die präsentierte Geschichte eh nicht gehaltvoller ist als die eines jener schnöden Schlitzer-Filmchen und zudem noch viele (verdientermaßen) miserable Kritiken mit dem Kino-Start einhergehen. Mir scheint es so, als hätte sich die "seriöse" Presse 2007 kaum auf einen anderen Horrorstreifen derart eingeschossen, vergleichbar sind da allenfalls noch die Hasstiraden, die dem Lindsy Lohan-Vehikel "Ich weiß, wer mich getötet hat" entgegengeschlagen sind, was wieder für ein entsprechendes Rauschen im Blätterwald gesorgt und eine erneute Diskussion um die Meriten solcher Gore-Pornos losgetreten hat. "Captivity" ist also völlig zu Recht kolossal gefloppt und hat es hierzulande nicht mal mehr in die Lichtspielhäuser geschafft, sondern wurde vom Anbieter Sony Pictures direkt auf DVD verramscht. Die Beteiligung Larry Cohens weckt dann leider Hoffnungen, die der Streifen nicht zu erfüllen in der Lage ist, denn eigentlich war der Mann ja mal ein Garant für gut durchdachte, clevere B-Plotten voller schräger Einfälle. Umso enttäuschender, dass er sich hier nur an eine gerade grassierende Trendwelle anhängt und lediglich ohne viel Brimborium ein paar schnöde Folter-Sequenzen aneinanderkoppelt, die dann noch nicht einmal besonders schockierend ausgefallen sind... und sich im Nachhinein auch zumeist noch als fauler Psycho-Zauber entpuppen. Dabei wird die fehlende Logik der Ereignisse natürlich gerne mal unter den Tisch gekehrt, während der Witz und die Frische seiner High-Concept-Skripts zu Thrillern wie "Nicht auflegen!" und "Final Call" der Chose leider völlig abgehen. Als nur allzu offensichtlicher "Saw"-Klon fällt „Captivity“ im direkten Vergleich mit dem Vorbild kolossal flach, denn die notwendigen Twists und Turns der Handlung, die das Original auch im x-ten Aufguss der ursprünglichen Idee noch annehmbar durchexerziert, sind dummerweise weithin vorhersehbar und wirken fast schon rührend banal. Da wissen auch Uneingeweihte nach einem kurzen Blick auf die Inhaltsangabe schnell Bescheid wie der Hase läuft, da muss man nicht einmal großartig spoilern, das tut der Film schon selbst zur Genüge. In Deutschland ist "Captivity" in zwei Fassungen auf DVD erhältlich: Einmal juristisch geprüft mit SPIO-Siegel, was dem ungekürzten R-Rated-Cut entspricht, der auch in den US-Kinos gelaufen ist, und einmal als, *hüstel*, "Alternative Edition" ohne Jugendfreigabe, aber dafür mit rausgeschnittenen Gore-Szenen, was wohl ungefähr einen Eindruck davon vermittelt, wie der Film in seiner Psycho-Thriller-Form ausgesehen hätte. Sehr geil auch, nein, die Fassung ist nicht "gekürzt", sie ist "alternativ". Es gibt auch noch eine amerikanische Unrated-DVD, die mit minimal mehr Schmodder und einem anderen (noch alternativeren) Ende aufwartet, nach dessen Ansicht man dem hiesigen Verleiher dankbar sein muss, dass es einem hierzulande erspart geblieben ist, denn das ist absolut schwachsinnig wie selten...

4/10

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