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1974, auf dem Höhepunkt der Watergate-Affäre, inszenierte Alan J. Pakula nach "Klute" und zwei Jahre vor "Die Unbestechlichen", der filmischen Aufarbeitung des Watergate-Skandals, mit "Zeuge einer Verschwörung" den zweiten Politthriller aus seiner sogenannten "Paranoia-Trilogie".

Das Attentat auf einen beliebten Senator und Präsidentschaftskandidaten führt einen Reporter (dargestellt von Warren Beatty) auf die Spur einer mysteriösen Todesserie: mehrere Zeugen des Anschlags werden Opfer dubioser Unglücksfälle. Seine Ermittlungen werden mit jedem Schritt gefährlicher und führen zu einer geheimnisvollen Organisation, die Killer für politische Attentate rekrutiert und ausbildet. Ausgestattet mit einer Tarnidentität schleust er sich in die Parallax Corporation ein und versucht, die Verschwörung aufzudecken.

***** Am 22. November 1963 kam der 35. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, John F. Kennedy, bei einem Attentat in Dallas ums Leben. Knapp eineinhalb Stunden nach dem Attentat  wurde Lee Harvey Oswald als Verdächtiger in einem Kino festgenommen und zwei Tage später in Polizeigewahrsam von Jack Ruby erschossen. Die Umstände der Ermordung des Präsidenten und die Frage, ob Oswald überhaupt der Täter war und ob er Mittäter oder Hintermänner hatte, wurde von mehreren staatlichen Untersuchungsausschüssen, unter anderem der Warren-Kommission, untersucht. Sie sind bis heute umstritten, um sie ranken sich zahlreiche Verschwörungstheorien. *****

Das Kennedy-Attentat und das Ergebnis der Warren-Kommission standen eindeutig Pate bei "Zeuge einer Verschwörung". In der Realität als auch in Pakulas fiktiven Aufarbeitung der Ereignisse kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Attentäter um einen Einzeltäter handelte, der aus falsch verstandenem Patriotismus seine Tat verübte und dass eine Verschwörung auszuschließen sei.
Dabei vertreten die Drehbuchautoren David Giler und Lorenzo Semple jr. die jedoch These, dass die Geschicke des Landes von einem mächtigen Konsortium gesteuert werden, das mit Hilfe der Parallax Corporation unliebsame politische Gegner durch Attentäter ausschalten lässt, um ihre Interessen zu wahren.
Dieses Motiv der Verschwörer wird zwar nicht angesprochen, liegt aber für mich klar auf der Hand. Welchen Sinn und Zweck sollte ein politisches Attentat einer Gruppe von Konspiranten sonst haben, als durch die Liquidierung eines Gegners mit konträren politischen Ansichten eine Veränderung der Politik herbeizuführen?

Diese Verschwörungstheorie wurde dabei von Regisseur Pakula sehr packend in Szene gesetzt. Warren Beatty als schlagfertiger, enthusiastischer Reporter kämpft sich durch einen intelligenten Thriller, der geschickt Action mit dramatischen Spannungsmomenten verbindet, wobei vor allem die Bombe im Flugzeug an Suspense kaum zu überbieten ist und zu einer der nervenaufreibensten Szenen des Films angesehen werden darf.

"Zeuge einer Verschwörung" arbeitet mit den Stilmitteln des klassischen Detektivfilms und überrascht dabei mit unerwarteten Drehungen und Wendungen innerhalb der Handlung, die in einem fiesen Finale münden.

Der Film ist geschickt aufgebaut und dabei angenehm zurückhaltend. Ohne reißerisch oder plakativ zu wirken wird die Story geradlinig umgesetzt und endet wie sie begonnen hat: mit dem fragwürdigen Ergebnis einer Untersuchungskommission, die - ohne Zusammenhänge oder Beweise zu hinterfragen - nur den einen Schluss zulässt, dass es niemals eine Verschwörung gegeben hat.

Der Film entlässt sein Publikum in den Abspann mit dem Gefühl, dass im Hintergrund mächtige Interessengemeinschaften die Fäden ziehen. Ein unsichtbarer, allgegenwärtiger, über alles und jeden stehender und nicht zu besiegender Gegner, der eiskalt über Leichen geht. Ein Gefühl, dass so nah an der Realität ist, dass es beängstigend ist...

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