☆☆☆TAXI DRIVER☆☆☆
Martin Scorsese drehte einen der kompromisslosesten Meilensteine der Kinogeschichte und ließ ihn wie ein tollwütigen Hund auf die Kinozuschauer im Jahr 1976 los. Der Film beißt sich tief im Fleisch des Betrachters fest...
...und er lässt nicht los bis er restlos alles aufgefressen hat!
In TAXI DRIVER kreiert Scorsese einen Helden, der in unserer erbarmungslosen Welt aus purer aggressivität und dumpfer Gewalt erschaffen wird.
Der Kriegsveteran Travis Bickle ist zwar aus Vietnam zurückgekehrt...aber er hat lediglich nur das Schlachtfeld gewechselt. Denn der Feind ist allgegenwärtig. In seinem Taxi-Cab zieht er durch den Großstadt-Dschungel von New York City und träumt davon, den Abschaum der Menschheit zu töten.
Er ist ein in Isolation lebender Außenseiter ohne Perspektive, der zu einer tickenden Zeitbombe wird. Er schafft es aber dank seiner festverankerten Moral den Gewaltausbruch in eine "richtige" Richtung zu lenken und zu kanalisieren. Travis projiziert seinen Hass auf den miesen Zuhälter "Sport" Higgins. Den Weg, den er wählt ermöglicht es ihm ein 12-jähriges Mädchen aus der Prostitution und den Fängen von "Sport" zu befreien. Der 20$-Schein von "Sport" wirkt symbolisch wie ein Totenkopf und ist gleichzeitig das Bindeglied der Ereignisse.
Peachbrandy in die Cornflakes...mit der Magnum vor den Spiegel... Cowboy Stiefel an...noch mal kurz ins Pornokino...und los geht's um einen Zuhälter zu eliminieren. Ein kranker, akribisch geplanter Gewaltakt macht ihn zu einem wahren amerikanischen Helden. Diese perverse Botschaft brennt wie ein Benzinkanister + Streichholz im Unterbewusstsein des Zuschauers.
Scorsese zeigt, wozu Einsamkeit und das Nachbeben eines Kriegstraumatas führen können. Dabei versucht der Protagonist menschliche Beziehungen aufzubauen. Sein stummer Schrei danach geliebt und verstanden zu werden, wird von Missverständnissen und Unverständnis zerschlagen. Und es sind genau diese Beziehungen zwischen den agierenden Personen zueinander, die unser Gesellschaftsbild widerspiegelt.
TAXI DRIVER wurde mit dem ARRIFLEX 35 BL Kamerasystem und Zeiss Super Speed Lenses auf 35mm Film im Seitenverhältnis 1.85:1 gedreht. Er wurde durch das Studio Columbia Pictures weltweit vertrieben und für 4 Oscars nominiert.
Der DOP Michael Chapman sorgt für unglaublich coole Bildkompositionen, die mit dem heutigen Standard ganz locker mithalten können. Seine starken Bilder werden durch das verträumte Jazz-Saxophon von Bernard Herrmann intensiviert und untermalt. Dieser verstarb kurz nach der Fertigstellung des Films.
Für den exzellenten Schnitt zeichnen sich Melvin Shapiro und Tom Rolf verantwortlich. Leitender Editor war jedoch Steven Spielberg, der im Abspann nicht erwähnt wird.
Der Film basiert zum Teil auf den autobiografischen Erfahrungen des weltberühmten Drehbuchautors Paul Schrader. Dieser hat sich in einer Existenzkrise das beste Drehbuch seines Lebens aus dem Leib geschrieben. Man riecht förmlich den Regen auf den Straßen und spürt das Leid in den heruntergekommenen Vierteln von NY. Schrader's Skript glitt durch die Hände von Brian De Palma. Er fand aber kein Zugang zu dem Stoff und reichte es weiter...und nach einer nicht enden wollenden Odyssee landete es schließlich auf dem Schoß von Martin Scorsese.
Robert De Niro ist wohl einer der besten Schauspieler unserer Zeit. Das beweist er grandios mit seiner eindringlichen Darstellung von Travis Bickle. Er fuhr vor den Dreharbeiten wirklich mit einem Taxi durch New York um sich durch "Method-Acting" auf die Rolle vorzubereiten.
Jodie Foster gelang durch ihre Darstellung als Lolita-Hure der Sprung in den Hollywood Olymp. Sie musste psychologische Tests durchlaufen, damit ihre Eignung für die Rolle bescheinigt werden konnte.
Harvey Keitel ist ebenfalls "Method Actor" und verbrachte einige Wochen mit einem echten Zuhälter um seine Rolle glaubhaft darstellen zu können. Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Hure und Zuhälter wird dem Zuschauer in diesem Film sehr realistisch durch Keitel's Schauspiel verdeutlicht.
Cybill Shepard spielt genauso gut und sehr realistisch die Rolle der Großstadt-Maus Betsy. Diese glaubt nicht wirklich an das, was sie beruflich in dem Wahlkampfbüro des Präsidentschaftskandidaten versucht zu repräsentieren. Diese innere Leere und Ausgebranntheit
reflektiert sich in ihrer Entscheidung, Travis Bickle zu daten.
TAXI DRIVER ist ohne Zweifel einer der besten Filme aller Zeiten und ganz großes Kino für Erwachsene.
Ich nenne ihn liebevoll den "Dirty New Yorker".
Das 4K Master auf Blu-Ray ist absolut zu empfehlen! So detailreich in Bild und Ton war der Film nie zuvor...