Mit "Taxi Driver" zeichnet Martin Scorsese ein sehr tristes und pessimistisches Bild der Gesellschaft. Mittendrin lebt Travis Bickle (Robert De Niro), angewidert von der Perversion der Straße - Fixer, Huren, Junkies. Und Travis chauffiert sie alle - Nacht für Nacht, denn da kann er nicht schlafen. Um daraus wenigstens Kapital zu schlagen, entschloss er sich zum Taxifahren.
Sein Tagesablauf ist immer derselbe, wobei Travis nachts deutlich aktiver scheint. Er verdient sein Geld mit dem Abschaum der Welt, also mit den Leuten, die er abgrundtief hasst und im Off niederträchtig kommentiert. Nacht für Nacht das selbe Übel zu sehen, das ihn oftmals nach seiner Schicht noch zum Säubern des Rücksitzes zwingt, macht Travis nicht nur depressiv, sondern ist auch die optimalste Gelegenheit für Aggressionen, die sich mit der Zeit mehr und mehr anstauen. In seiner Isolation und Einsamkeit lebend, Wahlkämpferin Betsy (Cybill Shepard) zerstört seinen illusorischen Hoffnungsschimmer alsbald, zeichnet sich langsam aber sicher nur ein Ausweg ab, der letztendlich durch das Kennenlernen der von einem verachtungswürdigen Zuhälter (Harvey Keitel) zu seinen perversen Zwecken missbrauchten, minderjährigen Prostituierten Iris (Jodie Foster) beschlossene Sache zu sein scheint - Travis' zweifelhafte Lösung: Gewalt.
Diskutabel bleibt nun aber, ob Travis Bickle wirklich ein Psychopath ist? Hätte der Vulkan nicht vielleicht auch bei jedem ausbrechen können? - Nun, wohl eher nicht, denn im Gegensatz zu einer natürlichen Kurzschlussreaktion plante Travis seinen Amoklauf in ausführlicher Weise: Er schulte sich nach dem Erwerb explizit im Umgang mit Waffen, tüftelte diesbezüglich an Raffinessen und ging eventuelle Situationen mit sich selbst sprechend bereits im Kopf durch. Ihm fehlt deutlich ein, auch durchaus soziales Ventil, um seinen Aggressionen Abhilfe zu schaffen. Der Hass türmt sich ungebremst auf und führt zu seinem Exzess, bei dem er die Welt vom Schmutz reinigen will.
"Taxi Driver" widmet seinem Hauptprotagonisten Travis enorm viel Zeit und funktioniert daher auch gut als Charakterstudie. Das Drehbuch sah jedoch eine irgendwo paradoxe Konzeption einer Figur, die sich mir ihrer Argumentation allzu schnell im Kreis dreht, vor. So fährt Travis mit seinem Taxi Nacht für Nacht die ganze Palette der Freaks von New York von einem Ort zum anderen, obwohl gerade diese Kunden die Wurzel des von ihm selbst definierten Übels sind. Immer wieder wird einmal ein Taxifahrer aufgeschlitzt aufgefunden und doch fährt Travis Taxi; sogar in jede noch so gefürchtete Gegend. Er verdient sein Geld am Abschaum, lebt eigentlich in einer symbiotischen Beziehung mit ihm. Er geht mit Liebe in Pornokinos - ein Milieu, in dem sich auch seine Perversen allzu gerne aufhalten. Travis Bickle bleibt einfach ein im gewissen Maße zweifelhaft angelegter Charakter.
Dennoch, "Taxi Driver" wurde ein Filmklassiker und dies ist auch durchaus nachzuvollziehen. In seinem Werk übt Martin Scorsese mittels einer durch eine melancholische Atmosphäre geschaffenen, pessimistischen Darstellung einer verkommenen Gesellschaft, hier ausgerechnet einer scheinbar strahlenden Metropole wie New York angehörend, nicht nur Zivilisationskritik, sondern lässt den Zuschauer zudem durch ein kontroverses, zynisches Ende mit einem nur schwer verdaulichem Gefühl, nämlich in einem äußerlich gutmütig auftretenden Menschen vielleicht einen potenziellen Amokläufer zu sehen, hilflos im Regen stehen. Leichtfüßige, verträumte Saxophonklänge, ein erschreckend glänzend aufspielender Robert De Niro und ebenfalls engagierte Nebendarsteller, wie eine Jodie Foster in ihren noch sehr jungen Jahren, runden "Taxi Driver" schließlich erstklassig ab. (8+/10)