Martin Scorsese, der heute definitiv zu den besten Regisseuren überhaupt zählt, konnte in den 70ern zum ersten Mal von sich reden machen und verhalf so auch Robert De Niro und Harvey Keitel mit seinen frühen Filmen zu einem enormen Bekanntheitsschub. Scorsese arbeitete im weiteren Verlauf seiner Karriere noch sehr oft mit den beiden zusammen, besonders beeindruckt scheint er aber von De Niros Schauspielkunst gewesen zu sein, weshalb er ihn mit Rollen geradezu überhäufte, die bekanntesten Filme des Gespanns dürften wohl "Casino", "Kap der Angst", "Goodfellas", "King of Comedy" oder "Wie ein wilder Stier" sein. Auch "Taxi Driver" entspringt einer kreativen Schaffensphase Scorseses und darf sicherlich als Meisterwerk bezeichnet werden.
Was uns hier präsentiert wird ist die Geschichte eines Mannes, die von Einsamkeit und Wut geprägt ist und die fast schon als Spiegel der Gesellschaft betrachtet werden darf. "Taxi Driver" ist durch diese Ansätze zeitlos - Travis Bickle bezeichnet sich selbst als Gottes einsamsten Mann und glaubt, der einzige zu sein, der dies fühlt. Egal was er tut, er schafft es nicht, innere Ruhe oder Zufriedenheit zu finden, bis er auf Betsy trifft. Sie gibt ihm etwas, von dem er nicht einmal wusste das es existiert, eine art Antrieb, den Willen, das Geschehen um sich herum aktiv in die Hände zu nehmen. Als diese Beziehung jedoch auch scheitert, verliert Travis jegliche Orientierung, fällt wieder in seine alte Lethargie zurück und begibt sich schon kurz darauf auf einen gnadenlosen Rachefeldzug. Einen "Nigger", der einen Laden ausraubt, erschießt er ohne jegliche Gewissensbisse, ebenso wie anderen Abschaum, der das Leben seiner Meinung nach nicht verdient.
Dadurch hat sich Scorsese damals sozusagen selbst der Kritik ausgesetzt, denn hier wird ein Rachefeldzug gezeigt, ohne jegliche moralischen Einwände, was aber nur dadurch gut funktioniert, da auch Robert De Niro keine Identifikationsfigur darstellt. Travis hebt sich über das Gesetz hinweg, übt Selbstjustiz aus und wird letzten Endes dafür belohnt. Kritisieren sollte man "Taxi Driver" dafür aber eindeutig nicht, da De Niros Charakter in jeder Hinsicht zerrüttet, kaputt und am Ende ist. Ich war mir eigentlich nie so recht sicher, ob ich nun auf seiner Seite sein soll oder nicht. Man weiß, dass manche seiner Taten nicht in Ordnung sind, kann sein Handeln aber in gewisser Weise auch nachvollziehen. Dies macht "Taxi Driver" aus dramaturgischer Sicht sehr interessant, da die Figur des Antihelden in der Lage ist, das Publikum für sich zu gewinnen und gleichzeitig eine Präsenz auszustrahlen, wie man sie sonst nur von den Bad Guys kennt.
Für eine lange Zeit war der Streifen in Deutschland ab 18 freigegeben und hatte somit das Pech, von vielen nur auf seine Gewalt reduziert zu werden. Dies ist ein Fehler, da es bei "Taxi Driver" in keinster Weise darauf ankommt, wie viel Blut verspritzt wird. Ja, es geht gegen Ende hart zur Sache, doch dies verblasst gegenüber Travis fast schon misanthropischen Monologen und den Sätzen, die er in sein Tagebuch niederschreibt. Gerade in diesen Szenen strotzt "Taxi Driver" von einer unglaublich intensiven Atmosphäre und lässt die graphische Gewalt als etwas absolut nebensächliches erscheinen.
"Taxi Driver" ist das Portrait eines Mannes, dessen Leben von Einsamkeit und Hass geprägt ist und dessen ganzer Frust sich am Ende in einem schockierenden Finale entlädt. Der Großteil der Story wird dabei in eher ruhigen Bildern erzählt, die Travis´ Einsamkeit gekonnt unterstreichen und so sehr zur beklemmenden Atmosphäre beitragen. Für den Effekteverliebten Mainstreamgucker ist Scorseses Streifen eher weniger geeignet, da man mitdenken muss, um sich in die Lage des Taxi Driver hineinversetzen zu können. Ist einem das erst einmal gelungen, erwartet einen hier ein bedrückendes Drama, das seinesgleichen sucht und das viel Platz für eigene Interpretationsansätze lässt.