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Mit erstaunlichem Zuspruch bedachtes Triadendrama, mit dem Regisseur und Autor Herman Yau seit Jahren mal wieder Aufmerksamkeit erlangte. Sein einstiger Ruf als Category III Experte ist mittlerweile auch verraucht; in der langen Zwischenzeit gehörte er mit einigen Arbeiten wie Astonishing, Dating Death oder Shark Busters eher zur Fraktion der routinierten, nicht besonders aufregenden B - Filmer. [Wobei sein Händchen für sachkundige Kameraarbeit immer mal wieder zur Tätigkeit als director of photography bei high - profile Kinowerken führte.]
Nun kehrt er selber in diesen Rang zurück; seiner Handvoll erlesener Besetzung sowie speziell auch der Mundpropaganda hat er es zu verdanken, dass man mit dem nostalgischen Thriller-Melodram sein Publikum fand und nicht wie üblich wenige Tage vor leeren Kassen lief.

Verblüffend ist dies vor allem deshalb, weil weder auf dem Papier noch im Film selber einschneidende Erneuerungen zu finden sind und nebenbei die Konkurrenzprodukte sowohl mit mehr Marketing als auch deutlich höheren Erwartungshaltungen ins Rennen gegangen sind. Das hier aufgefahrene Casting gehört mittlerweile fast zum traditionellen Handwerk des Genres und wird auch ausnahmsweise nicht durch einen gewinnbringenden Jungstar ergänzt.
Die Geschichte eines Undercover gilt nicht erst seit Infernal Affairs und seine Nachfolger als bewährtes Storykonstrukt, sondern hat auch bereits davor seine weiten Kreise im Hong Kong Kino gezogen; Man on the Brink [ 1981 ] und City on Fire [ 1987 ] als die mit herausragendsten Vertreter der Sub - Gattung.
Grund für das allgemeine Gelingen des Projektes und die prinzipiell positive Aufnahme des Filmes ist neben dem strategischen Appellcharakter besonders das nahegehende, eben auch emotionale Involvement der Zuschauer. Der Alternativtitel In Between gibt die innere Thematik vor und beschreibt in einem verschachtelten Rückblenden - Puzzle die Geschichte eines Grenzgängers zwischen den Welten Polizei und Kriminalität. Dabei interessiert man sich weniger für eine Studie über verschiedene Milieus und ihre Wertesysteme und auch nicht für eine Abrechnung des hier wenig schmeichelhaft gezeichneten Polizeiapparates. Sondern in einer melancholischen Tragödie primär für die Nöte eines Mannes, der sich nicht entscheiden kann, auf welche Seite er gehört.

Harry Sin [ Nick Cheung ] ist seit acht Jahren Polizist und ebensolange bei den Triaden eingeschleust. Die letzten vier Jahre hat er sich speziell um den lokalen Gangboss Don Dark [ Francis Ng ] gekümmert und konnte diesen auch kurz vor der Absetzung am Hafen stellen und mit Hilfe des Cops Lung [ Anthony Wong ] festnehmen. Wieder im offiziellen Polizeidienst ermittelt er an der Seite von Lung in seinem ehemaligen Territoritum um und stösst dabei an seine Grenzen.

Verwobene Erzählstränge detaillieren sowohl die kasuistische Vorgeschichte als auch die Zeit im Hier und Jetzt. Mit der Verhaftung ging ein Schnitt durch Harrys Leben: Es gab einer Vorher mit der Wunschvorstellung einer gerechten Welt, mit Freundschaft und Geborgenheit und mit einem klaren Auftrag. Und es gibt ein Danach. Alles hat sich geändert. Sein bisheriges Leben wurde auf einem Tag zum anderen komplett aufgelöst und wird auch nie wieder dasselbe sein. Er hat keine Freunde mehr, seine bisherige Beziehung zu Cat [ Rain Li ] zeigt keine Anzeichen für eine Weiterführung oder gar eine Zukunft. Und ihm wird auch die Möglichkeit genommen, statt zurück nach vorne zu schauen. Die Aufnahme bei den Kollegen ist kühl. Man enthält ihm Informationen vor, bezieht ihn nicht bei Besprechungen ein und verfällt ins Flüstern, wenn er auf dem Gang entgegen kommt. Für seine Dienste hat er im Eilverfahren wie nebenbei einen Händedruck, eine Urkunde und einen Barscheck von 5000 HK$ bekommen. Das Foto der nachlässigen Verleihung stellt er bei sich in der Wohnung auf, die ausser einem Tisch, ein Bett und einem kaputten Fernseher nichts beinhaltet.
Er hat nichts. Nichts an Wertgegenständen, an persönlichen Sachen und auch Niemand, an den er sich klammern kann. So leer und karg wie sein Zuhause ist auch sein Herz.

Regisseur Yau nutzt die komplexe, achronologische Reihenfolge zur Betonung der Schicksalshaftigkeit vergangener Ereignisse und der Auswegslosigkeit der Gegenwart. Der realistische Ansatz wird mit klischeehafter Gestaltung und gefühlsbetonten Elementen durchsetzt. Die Überblendungen erfolgen geschickt anhand gemeinsamer nebensächlicher Geschehnisse - das Aufblitzen des Fotoapparates, ein Klopfen an der Tür, das Kaputtgehen eines Gegenstandes - und stellen so die Berührungspunkte und die Verbundenheit der kontrastiv gegeneinandergesetzten Erzählung her, ohne in Irritationen eines Doppelgängerphänomens zu verfallen. Einzelne Szenen werden leicht varriiert, um einen Kreislauf und das Miteinander von Erfahrungen aufzuzeigen; gerade die äussere Ähnlichkeit gewisser Einstellungen will betonen, dass sich die Welt für Harry vollständig gedreht hat. Er steht zwar jetzt auf der richtigen Seite, wird dort aber ebenso als Aussenseiter und nicht vertrauenswürdig behandelt wie auch bei seinen ehemaligen Freunden. "Verräter" schalt es ihm bei Razzien entgegen; man spürt und sieht richtig sein Unwohlsein, sein Unbehagen, sein Hinauswollen aus der Rolle.
Im Film gibt es nur die Erinnerung an eine Gemeinschaft, Partnerschaft, Solidarität; heute existiert diese nicht mehr und wird kein Ersatz dafür bereitgehalten. Harry ist das Bauernopfer, dass seine menschlichen Bindungen aufs Spiel gesetzt und verloren hat. Der Ausgestossene ohne Möglichkeit zur Veränderung.

Fatalistische Logik kennzeichnet die Verdrehung der Werte, in der ein Mensch immer nur seiner Rolle entsprechend angesehen wird und damit auch das Scheitern einer Existenz. "Ich bin ein Polizist" sagt Harry mehrmals zu verschiedenen Leuten. Immer mit anderer Bedeutung und anderem Empfang. Um diese Argumentationsstruktur zirkuliert man, ohne psychologische Akkuratesse zu beanspruchen oder die Verknüpfung von Alltagsebene und Symbolzusammenhang überzustrapazieren - Harry hat z.b. arge Mühe beim Anziehen seiner Uniform und muss sich auch einen Rüffel abholen.
Das Halbdunkel der lowkey - Beleuchtung trägt die pessimistische Grundhaltung von der ersten, bereits das Ende vorwegnehmenden Szene in ein Mikrokosmos mit weit weniger Glanz als Elend. Ausstattung und Dialoge der Identitätsfindung sind auf das Notwendigste reduziert, ohne schäbig zu wirken oder die Möglichkeiten optischer Effekte, einiger sicherer Actionsequenzen und die offizielle Zugehörigkeit ans Kino zu vergessen.
Materiell hat man akzentsteigernde Suspensemomente ebenso wie die üblichen Polizeiaktionen grossteils aussen vorgelassen. Es wird niemand verfolgt oder gar gejagt und auch keinem speziellen Verbrechen nachgegangen. Der flüchtende Tung [ Johnny Chen ], der als rechte Hand von Don Dark agierte und dabei auch einen Polizisten tötete, wird ebenso fast vollständig aus der Handlung gelassen wie Harrys ehemaliger bester Freund Mini B [ Derek Tsang ]. Auch bewegt man sich nicht in einer Atmosphäre ständiger Bedrohung - Dark hat vom Gefängnis aus angeordnet, Harry in Ruhe zu lassen -, so dass der Fortgang allein von der adäquaten Klaviatur des Innenlebens und der souveränen Gesamtkomposition des Identitätswechsels lebt. Einfache Dialoge und hypochondrische Begleitmusik als Deutungshilfe.
"Who knows what is actually you ? It's normal suspecting you."

Das psychische Korrelat der ständigen Unsicherheit und Harrys Disposition zwischen zwei Schicksalsmächten, über die er keine Gewalt hat, trägt sich in einem verzweifelten Showdown aus. Nach einer für HK - Verhältnisse grösser angelegten Verfolgungsjagd wird eine Auflösung seiner seelischen Qual geboten, die wie vieles im Film zum ritualisierten Standardinventar gehört. Sowieso ist Wiedererkennungswert, Formelhaftigkeit und "Selbstmitleid" hoch, so dass man es trotz glaubhafter Reaktionen nicht leicht hat, der erforderlichen Aura von Authenzität nahzukommen. Dass man es schafft, hat man neben der kühlen, präzisen Bildgestaltung und der unprätentiösen Inszenierung vor allem auch den typgerecht - überzeugenden Darstellern zu verdanken. Dennoch lassen sich die allzu einhelligen Lobeshymmnen nur damit erklären, dass die Leute erstaunt waren, dass der Film überhaupt gut ist. Was spätestens nach Yaus 2001er Doppelschlag Killing End und Nightmares In Precinct 7 keine wirklich grosse Überraschung darstellt.

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