Agatha Christie war immer gern das Ziel mehrfacher Verfilmungen und das gilt auch für ihren raffinierten Roman „10 Kleine Negerlein“, der bereits 1945 von Rene Clair unter dem Titel „Das letzte Wochenende“ meisterhaft in s/w verewigt wurde.
Nachdem Miss Marple-Hausregisseur George Pollock 20 Jahre später mit „Geheimnis im blauen Schloß“ die Story ein weiteres Mal auf die Leinwand brachte, jedoch in ein abgelegenes und eingeschneites Bergschloß verlegte (das Original spielt auf einer Insel wie auch das Buch) und kaum Akzente setzen konnte, folgte mit Peter Collinsons Euro-Pudding-Produktion 1974 die erste Farbfassung.
Diesmal findet das muntere Killen in einem Hotelpalast irgendwo in der persischen Wüste statt, schön abgelegen zwischen Kulturruinen vorchristlicher Natur. Ansonsten ist alles gleich geblieben: 10 Gäste, davon zwei Angestellte; ein Tonband, eine Anklage und das Sterben geht von vorne los.
Weil man, wenn man den Plot einmal kennt, sich natürlich kaum noch vom Storyverlauf überraschen lassen kann, müssen es Atmo und Darsteller richten. Jedes Produktionsland hat seine Boten entsandt und die lesen sich wie ein Who is Who der guten alten 60er: für Spanien gehen Maria Rohm und Alberto de Mendoza an den Start, für Italien Ex-Bondschurke Adolfo Celi, für die Deutschen stehen der immer gute Gert Fröbe und die schon leicht angejahrte Elke Sommer bereit, für Frankreich darf Charles Aznavour ein paar Takte am Piano klimpern (und dann als Erster sterben), während für England Richard Attenborough die Würde reinbringt und Oliver Reed mit Pulli und Plauze den Helden mimt.
Herbert Lom mischt auch noch mit. Den unheimlichen Ankläger nölt Orson Welles vom Band.
Gegen das steife Drehbuch können diese zwar auch nichts tun, vor allem Reed scheint das alles so nebenbei gemacht zu haben und trägt ständig einen arrogant-brastigen Gesichtsausdruck zur Schau, weswegen Frau Sommers Begeisterung für ihn auch unverständlich ist. Attenborough ist solide, Lom auch, wenn es für Spielfreude Lorbeeren gibt, dann holt sie Fröbe, dem offenbar jede internationale Produktion einen Sauspaß gemacht hat.
Immerhin ist die Location weitverwinkelt und kryptisch genug, um eine trostlose Stimmung zu vermitteln, aus den Ruinen hat man jedoch zu wenig rausgeholt und wie der Täter in seiner Verfassung all die jungen Leute umgebracht hat, ist auch beachtlich.
Anders als im Roman gibt’s auch hier wieder ein Happy End, aber das macht nun wirklich nichts mehr, dafür wirkt der Film eh zu bemüht oder beinahe wie TV-Produktion, nur mit erleseneren Gesichtern.
Was Spannung oder Suspense angeht, hat Collinson allerdings noch viel zu lernen gehabt, so bleibt nur ein solider Whodunit ohne große Höhen und Tiefen. Aber sein spannungstechnisches Unvermögen bewies er gleich darauf bei dem Farbremake von Siodmaks "Wendeltreppe". (6/10)