Review

"Der Unbeugsame" - dazu die Attribute "cool" und "rebellisch". Wer, der sich mal in das Hollywood-Kino der 60er Jahre zurückversetzt, denk bei diesen Schlagworten nicht an Steve McQueen oder Paul Newman? McQueen hatte mit "The Geat Escape" seinen Ausbruchsklassiker bereits 1963 hinter sich gebracht, Newman sollte drei Jahre später mit "Cool Hand Luke" folgen.

Beide Filme verbindet natürlich ihr Klassikerstatus, andererseits schlagen sie jeweils einen völlig anderen Weg ein. "Gesprengte Ketten" legte sein Hauptaugenmerk auf die Flucht aus einem Kriegsgefangenenlager, "Der Unbeugsame" ist mehr Charakterisierung und Glorifizierung einer Figur, die sich durch keine Obrigkeit unterkriegen lässt. Für Newman ist die Ausgangssituation zunächst deutlich unbedrohlicher, denn sein Gesetzesbruch resultiert aus einer - im wahrsten Sinne des Wortes - Schnapslaune heraus. Parkuhren hat er im Suff demoliert, dafür soll er zwei Jahre in einem Provinzgefängnis verbringen. Es gibt keine dicken Mauern, höchstens Stacheldraht und den ein oder anderen kompromisslosen Aufseher.

Über Lukes Vorgeschichte erfährt man sehr wenig. Ein Kriegsveteran ist er gewesen, seinen Vater hat er nie gekannt und die Mutter (die ihn einmal besucht) ist sichtlich schwer krank. Trotz seiner Wortkargheit sickert immer wieder durch, dass Luke scheinbar unfähig ist, ein geregeltes Leben mit Job, Frau und Kindern zu führen, nicht umsonst flüchtet er jedes Mal völlig willkürlich in eine Richtung, ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen.
Zunächst verhält sich Luke wie ein gewöhnlicher Gefangener, erwirbt sich aber aufgrund seiner geistigen und körperlichen Standfestigkeit bereits einen Namen unter den Mithäftlingen. Manche Szenen sind hierbei längst zu Klassikern avanciert, man denke nur an den Boxkampf, bei dem Luke fast totgeprügelt wird, oder natürlich das Eierwettessen. Aufgrund seines Charismas und seiner Unbeugsamkeit schließen ihn die anderen schnell ins Herz. Newman scheint fast wie aus Stein gemeiselt, so cool und lässig agiert er. Die Fassade bröckelt dann aber doch, als er vom Tod seiner Mutter erfährt und für die Tage bis zu ihrer Beerdigung in Einzelhaft muss, um nicht auf "dumme Gedanken" zu kommen. Erst jetzt macht er das Spiel der Aufseher nicht mehr mit und flüchtet. Obwohl man ihn schnell wieder fasst, wird es nicht seine einzige Flucht bleiben. Die Spannung rührt dabei weniger aus der Frage, ob Luke entkommen kann (ein Leben in Freiheit wäre bei seinem Charakter sowieso nicht befriedigend), sondern daher, was sich die Aufseher noch alles einfallen lassen, um ihn zurecht zu biegen, und ob er es schafft, seine aufmüpfige Haltung gegenüber dem "Captain" und den "Bossen" bis zum Schluss zu wahren. Und Luke wäre nicht Luke, müsste man diese Frage mit einem 'Nein' beantworten.

Die kurze Phase, in der es tatsächlich scheint, als sei sein Willen gebrochen, offenbart dann auch die menschlichen Abgründe seiner Mithäftlinge. Als Rebell war er ein Held, als er jedoch wimmernd vor Schmerzen am Boden seiner Zelle liegt, wenden sich die anderen von ihm ab. Keiner will den Mann, der stets grenzenlose Zuversicht ausstrahlte, so sehen und ihm helfen. Luke wird nun erneut zum Vorzeige-Häftling, welcher er zu Beginn war, doch aufmerksame Zuschauer werden dieses Finte schnell durchschauen und das unausweichliche Ende vorhersehen können.

Den Klassikerstatus muss man "Der Unbeugsame" sicherlich attestieren, doch frei von Schwächen ist er ebensowenig. Ich sehe eine davon ausgerechnet in der Hauptrolle, denn obwohl Newman cool und charismatisch wie immer agiert, bleibt sein Luke doch irgendwie unnahbar und unnatürlich. Das mag auf jeden Konsumenten anders wirken, aber vergleiche ich Luke Jackson mit Charakteren aus "Gesprengte Ketten", "Papillon" oder "Die Verurteilten", so sind dort deutlich bessere Identifikationsmöglichkeiten gegeben. Für einen anderen Minuspunkt kann man Niemandem direkt einen Vorwurf machen, aber Genrekundige werden viele Versatzstücke späterer Filme vorfinden, die längst abgenutzt sind (Einzelhaft, sadistische Aufseher etc.).
"Der Unbeugsame" funktioniert dann doch eher als Charakterdrama, denn als Ausbruchsfilm, weshalb man nicht mit den falschen Erwartungen an Stuart Rosenbergs Klassiker herangehen sollte. Ergibt sich einmal die Chance, diesen selten im TV gezeigten Film zu Gesicht bekommen, sollte man sie auf jeden Fall wahrnehmen, ein (längst überfälliges) DVD-Realease ist nämlich hierzulande immer noch nicht in Sicht.

Details
Ähnliche Filme