Horror-Guru Stephen King ist mit den meisten seiner Verfilmungen, selbst wenn es sich dabei um von der Kritik gefeierte Klassiker handelt, unzufrieden. Doch sieht es besser aus, wenn der Gruselkönig selbst Hand anlegt und das Script verzapft? Wie „Schlafwandler“ beweist: Nein.
Denn irgendwie scheint keinem der Macher klar gewesen zu sein, was für eine Art Film „Schlafwandler“ sein sollte; so ist eine Mischung aus Serienkillerkrimi, Splatter und Monsterhorror mit wenigen Actioneinlagen, winzigen Tabubrüchen und etwas Tiefsinn herausgekommen, die aller Genres plündert, aber keines richtig bedient. Die titelgebenden Schlafwandler sind Charles Brady (Brian Krause) und seine Mutter Mary (Alice Krige). Diese ziehen wie Serienkiller von Ort zu Ort und rauben jungen Mädchen die Lebenskraft. Nebenbei sind sie noch inzestuös; man will ja ein bisschen Aufsehen erregen, um den Film zu bewerben.
Nach Wegziehen aus einem alten Wohnort, an dem die Polizei nur Unmengen toter Katzen findet, soll das neuste Opfer die reizende Tanya Robertson (Mädchen Amick) werden, welche Charles auch sofort verfällt. Gleich am nächsten Tag will er ihr bei einem Ausflug die Seele rauben, schließlich sind er und Mutti hungrig. Das Ganze läuft natürlich schief, Tanya darf sich als Scream-Queen profilieren, während Regisseur Mick Garris dies als Anlass für einige gepflegte Metzeleien nimmt, deren bevorzugte Opfer die (natürlich total unfähigen) Polizisten sind...
Schon allein innerhalb des Horrorgenres ist „Schlafwandler“ uneins: Während die durch die Lande ziehenden Massenmörder bereits Raum für einen Serienkillerfilm bieten würden, muss nach der Hälfte die Horrorkeule hervorgeholt werden. Denn man sieht das wahre, raubtierhafte Gesicht der beiden, die dadurch viel von ihrer Bedrohlichkeit einbüßen. So werden auch komplexe Fragen á la „Was veranlasst einen Serienkiller zum Morden?“ nicht mal ansatzweise gestellt, das wäre zu anspruchsvoll. Die Mordszenen sind stellenweise sehr splattrig inszeniert: Es werden Leute auf Zäune gespießt, bei offenem Armbrüchen sind Knochen zu sehen etc. Wirklich passend ist dies nicht, aber auch die Effektspezialisten wollen ihr täglich Brot verdienen, was bisweilen in lächerlichen Aktionen á la Erdolchen mit einem Maiskolben endet.
Da es sich bei den Bösewichten nicht mehr um menschliche Wesen handelt, dürfen ihnen auch Attribute wie Inzest angedichtet werden ohne dass es große Nachwirkungen auf das Publikum hat. Doch dieser Hauch des Verruchten reicht natürlich dazu sensationslüsternes Publikum anzuziehen.
Bemüht tiefsinnig ist der Versuch die Schlafwandler als Ausgestoßene darzustellen. Mit derartigen Sub-Ebenen fühlt King auch seine Romane effektiv. Leider wirkt dies verfilmt nicht so sehr und durch die laute Inszenierung tritt dieser Aspekt noch weiter in den Hintergrund.
Teilweise fehlt den Figuren auch die Motivation: Warum rast Charles mit seinem Sportwagen durch die Lande und zieht den Zorn der Verkehrspolizei auf sich, wobei es für ihn und seine Mutter eigentlich wichtiger wäre nicht aufzufallen? So wirkt das Drehbuch hölzern, da man merkt, dass hier lediglich eine etwas actionreichere Sequenz eingefügt werden sollte. Ähnlich hölzern werden diverse, halbwegs spektakuläre Effekte (unsichtbar machen etc.) in die Story eingebunden.
Atmosphärisch hat „Schlafwandler“ durchaus seine Momente, auch wenn diese aufgrund der etwas unbeholfenen Genre-Mischung nie eine dauerhafte Atmosphäre schaffen können; dazu wechselt die Stilrichtung zu oft. Gelungen sind z.B. die diversen Szenen, in denen Katzen, die einzigen Wesen, die Schlafwandler fürchten, Mary und Charles belagern und auf ihre Chance zum Zuschlagen zu warten scheinen.
Darstellerisch kann man „Schlafwandler“ im oberen Durchschnitt ansiedeln; die Schauspieler bringen ihre Rollen halbwegs glaubhaft rüber, aber besondere Leistungen sucht man vergebens.
„Schlafwandler“ ist ein eher unbeholfener Genre-Mix, mit dem sich Horrormeister Stephen King keinen großen Gefallen getan hat: Durchschnitt mit wenigen atmosphärischen Pluspunkten.