„Scream 3“ markiert den Abschluss von Wes Cravens Slasher-Trilogie, allerdings nicht den Höhepunkt. Das mag daran liegen, dass sich Originalautor Kevin Williamson von der Reihe verabschiedete und die Drehbuchpflichten dem fähigen, aber eigentlich in einem anderen Thriller-Metier bewährten Ehren Kruger überließ.
Cotton Weary (Liev Schreiber) hat inzwischen seine eigene Talkshow und ist ein gemachter Mann. Doch eines Abends bekommt er mysteriöse Anrufe, die ihn auffordern, das Versteck von Sidney Prescott (Neve Campbell) preiszugeben. Als Cotton sich weigert, werden er und seine Freundin von dem bekannten Ghostface verhackstückt. Der Auftakt führt das neue Gimmick ein, dass der Ghostface-Killer seine Stimme mit einem Spezialgerät nicht mehr nur verfremden kann, sondern auch die Stimmen anderer Leute nachahmen. Das sorgt für ein gelungenes Verwirrspiel, auch wenn der Auftakt nicht an die Spannung des legendären Beginns von „Scream“ oder die Ironie des Openers von „Scream 2“ heranreicht.
Da der Mörder ein Foto von Maureen Prescott, Sidneys Mutter, am Tatort hinterlässt, wendet sich der ermittelnde Polizist Mark Kincaid (Patrick Dempsey) an Dewey Riley (David Arquette) und Gale Weathers (Courteney Cox). Während Gale inzwischen ihre eigene Show hat, ist Dewey Berater am Set von „Stab 3“. Auch in „Scream 3“ wird wieder mit der Film-im-Film-Idee gespielt, allerdings wird das Rezept glücklicherweise variiert. Der aktuelle „Stab“ verfilmt keine Ereignisse der Vorgänger, sondern das Geschehen von „Scream 3“ orientiert sich am Drehbuch von „Stab 3“. Gleichzeitig ist es ein Seitenhieb auf die Sequelitis in Hollywood: Bleiben Vorlagen oder gute Ideen eine „echte“ Fortsetzung aus, dann zimmert man doch noch etwas unter bekannten Markennamen zusammen. Hier mit neuer, deutlich weniger prominenter Besetzung, denn Tori Spelling und Co. haben hier der „Stab“-Reihe bereits den Rücken gekehrt.
Sidney lebt zurückgezogen in den Hügeln von Hollywood, doch der Killer kann sie ausfindig machen und anrufen. Als dann noch Personen der Crew von „Stab 3“ ermordet werden, ist es für Sidney Zeit aus ihrem Versteckt zu kommen. Zusammen mit Dewey und Gale macht sie sich daran herauszufinden, warum man ihr dieses Mal ans Leder will…
„Scream 3“ ist der oft gescholtene Abschluss der Trilogie: Ein Horrorfilm neueren Datums, eine weitere Fortsetzung und dann noch deutlich unblutiger als die Vorgänger. Tatsächlich kommt mancher Tadel nicht zu Unrecht, bestand das Studio angesichts des Columbine-Massakers auf weniger But und Gewalt, was man den Mordszenen stellenweise anmerkt. Spannend sie teilweise schon, gerade wenn der Killer die Opfer stalkt, falsche Fährten und echte Schocks den Zuschauer verwirren und erschrecken, jedoch spricht meist nur relativ stereotyp das Messer – da waren die Vorgänger in Sachen Kills meist kreativer und abwechslungsreicher. Hier ist eine fatale Gasexplosion schon das Äußerste und der Gefühle und gerade das Abräumen im Finale, das in erster Linie uninteressante Nebenfiguren dahinrafft, hat nicht die Brisanz von den Finishes der Vorgänger.
So versteht sich „Scream 3“ teilweise auch mehr als Mix aus Hollywoodsatire und Slasher, weniger als reinrassiger Horror, womit das originelle Szenario in den Filmstudios auf der Habenseite zu verbuchen ist. Ähnlich wie „The Player“ oder „Bowfinger“ spießt „Scream 3“ die Marotten und Eitelkeiten von Stars, Sternchen und Studios auf, vom Geschacher um die Größe einer Rolle über Gerüchten in Sachen Hochschlafen und Skandale bis hin zum Produzenteneingriff ins Filmschaffen reicht die Palette. Da dürfen auch Cameos nicht fehlen, darunter Jason Mewes und Kevin Smith alias Jay und Silent Bob sowie Wes Craven als Teil einer Touristengruppe bei der Studiobesichtigung, B-Movie-Papst Roger Corman als Studioangestellter und Carrie Fisher als ihre eigene Doppelgängerin. Die Gags und Filmbezüge dagegen wurden eher heruntergepegelt, gerade was Horrorgenre angeht; Kruger baut dafür ein paar Film-Noir-Referenzen ein: Während Sidney und Detective Kincaid ähnlich gebrochen wie die Protagonisten jenes Genres sind, finden sich im Hintergrund immer mal wieder Plakate für Film Noirs wie „Kiss Me Deadly“. Sarah Darling (Jenny McCarthy) erwähnt zudem „Vertigo“, allerdings im Zusammenhang mit einer Duschszene – anscheinend hat die Blondine ihre Hitchcock-Referenzen nicht ganz drauf. Was zu der Figur passt, denn ein Running Gag von „Scream 3“ ist jener, dass sich die intradiegetischen Filmfiguren und ihre Schauspieler aneinander angleichen, von der Blondine, die einen viel jüngeren Teen spielt und wenig Ahnung hat, über den schwarzen Spaßmacher als Comic Relief und den planlosen Star als in der Polizistenrolle, der im falschen Moment seinen Spürsinn entdeckt.
Stärker im Fokus steht dagegen das eigene Erbe: Nicht nur begegnen die Hauptfiguren ihren Doppelgängern, die sie in „Stab 3“ spielen und die ihre Manierismen nachahmen, auch Woodsboro wird im „Stab 3“-Studio nachgebaut, was für Déjà-vu-Erlebnissen bei Figuren und Zuschauern sorgt und für eine schicke Hetzjagd durch den Nachbau der Kleinstadt sorgt, bei der die wichtigsten Locations nun setbedingt direkt nebeneinander stehen. Auch die Auflösung schlägt den Bogen zum Beginn der Reihe und funktioniert, auch wenn sie stellenweise bemüht wird. Auch Randy Meeks (Jamie Kennedy) kriegt noch einen posthumen Auftritt via Videokassette (treffend beschriftet mit „Scary Movies 101“), bei dem er noch die Trilogie-Regeln erklärt und betont was denn nun alles anders werden würde im Finale – das soll die Spannung erhöhen, „Scream 3“ nicht nur als bloßes Sequel ausweisen, ist aber bisweilen etwas penetrant.
Zur Verwaltung des eigenen Erbes gehören auch Verweise auf das Verhältnis von Filmgewalt und realer Gewalt, das ja auch in den Vorgängern schon thematisiert wurde, sowie auf die oft austauschbaren Motive im Slasherfilm – nicht umsonst schleudert Sidney dem Killer, der sich erklären will, ein „I’ve heard this shit before“ entgegen. Wenn sich dagegen die intradiegetischen Schauspieler über Scriptänderungen und verschiedene Drehbuchfassungen mokieren, dann ist das ein Metagag: „Scream 2“ wurde umgeschrieben, nachdem das Originaldrehbuch und damit die Auflösung im Internet landeten; „Scream 3“ wurde gleich in verschiedenen Versionen gedreht und erst spät der Presse gezeigt, damit man niemand die Geheimnisse des Films ausplaudern könnte. So ist „Scream 3“ als Trilogieabschluss mehr selbstbezogen als die Vorgänger, was wiederum bedeutet, dass das Horrorgenre leider nicht so gut wie dort bedient wird.
Wirklich exzellent ist der Soundtrack, der aus dem Bereich Rock und Metal kommt. Zu den Highlights zählen die Creed-Songs „What if“ und „Is this the end?“ sowie „Suffocate” von Finger Eleven und „Spiders” von System of a Down. Aber auch die anderen Stücke von Slipknot, Powerman 5000, Static X etc. sind wirklich klasse, weshalb „Scream 3“ musikalisch der beste Film der Reihe ist. Als Leitmotiv der „Scream“-Saga darf natürlich auch Nick Caves „Red Right Hand“, hier in einer neuen Version, nicht fehlen. Schade nur, dass viele Stücke nur ultrakurz angespielt werden, aber der Griff zur Soundtrack-CD lohnt sich definitiv.
Neve Campbell ist mal wieder sehr sexy in ihrer Paraderolle und spielt auch sehr gut, hat aber deutlich weniger Screentime. Zwischen David Arquette und Courteney Cox (inzwischen ja verheiratet) stimmt die Chemie ebenfalls wieder und sie geben ein wunderbares Gespann ab. In den Nebenrollen sind dieses Mal Independent-Schauspielerin Parker Posey, Patrick Dempsey und der alte Recke Lance Henriksen zu sehen, sowie eine Reihe junger, unbekannter Schauspieler. Henriksen trägt den vielsagenden Rollennamen John Milton, der einen kleinen Verweis aus Hintergrundgeschichte darstellt, die hier entwickelt wird, und im Büro des Produzenten John Milton steht die Figur eines Terminator-ähnlichen Roboters – im ersten „Terminator“ war Henriksen mit von der Partie, Die ganze Crew erbringt sehr gute bis solide Performances und auch die Cameos sind sehr launig.
Eine leichte Innovationsarmut und das Fehlen von Kevin Williamson fallen bei „Scream 3“ schon auf, aber trotzdem ist der Film eine rasante Fortsetzung, die immer noch origineller daherkommt als die meisten Sequels in diesem Genre und sich eher als Hollywoodsatire versteht. Es wird auch mehr auf die eigene Reihe verwiesen, das eigene Entstehen thematisiert, worein man mehr Arbeit steckte als in spannend ausgearbeitete Mordszenen. Nur ein vierter Teil wäre verlogen, da in „Scream 3“ andauernd über Abschlüsse von Trilogien philosophiert wird.