Review

Was für eine Bruchlandung!

Nach drei guten bis soliden „Airport“-Filmen erreichte die Reihe mit dem vierten Teil einen eigentlich unfaßbaren Tiefpunkt. Hier stimmt nun wirklich gar nichts mehr, und die unfreiwillige Komik feiert wahre Triumphe, weshalb „Die Concorde“ wenigstens noch für Freunde des schlechten Geschmacks goutierbar ist. Die dürften sich sogar alle Finger danach lecken, denn so viel Unfug mit so vielen bekannten Gesichtern muß man auch erstmal hinbekommen.

Gestatten, als Piloten und Flugingenieure diesmal mit von der Partie: Alain Delon, David Warner und – jawohl – George Kennedy in seiner schon vertrauten Rolle als Joe Patroni, womit er der Einzige ist, der in allen Teilen mitgespielt hat. Hier sitzt er allerdings endlich mal in der ersten Reihe direkt im Cockpit, anstatt sich die versagende Technik wieder nur als Außenstehender ansehen zu müssen. Delon aka Paul Metrand hat das Vergnügen, die obligatorische Beziehung mit einer Stewardeß zu führen, und zwar mit keiner Geringeren als Sylvia „Emmanuelle“ Kristel, die zur Abwechslung ganz angezogen bleibt. Dieses bunte Flugpersonal gerät in der Folge in arge Schwierigkeiten. Die alleinige Schuld trägt die Reporterin Maggie Whelan (Susan Blakely), weil sie unmittelbar vor ihrem Abflug Wind von finsteren Waffengeschäften bekommt, in die der Vorsitzende eines Rüstungskonzerns und ihr gleichzeitiger Jetzt-nicht-mehr-Lover Harrison (Robert Wagner) verwickelt ist. Sobald der weiß, daß sie es weiß, verfällt er auf einen teuflischen und garantiert völlig unkomplizierten Plan: Er entführt das Projektil einer Kampfdrohne und läßt es auf die Passagiermaschine abfeuern!

Mein absolutes Verständnis für all diejenigen, denen sich da bereits die Haare sträuben, aber mit dem Kopf auf der Tischplatte liegt man spätestens, wenn Patroni irrwitzige Flugmanöver zu schäbigen Effekten vollführt, die in einer Flugshow für Begeisterungsstürme sorgen würden. Auch im Film steht die Menge Kopf, wenn auch ungewollt, während die Concorde ihre Pirouetten dreht. Der ehrenwerte Versuch Harrisons, seine Ex in den Orkus zu blasen, scheitert letztlich, aber es wäre ja gelacht, wenn er nicht umgehend einen Alternativplan in petto hätte: Also heuert er keine fünf Minuten später Kampfjets an, die das Flugzeug in alle Einzelteile zerlegen sollen. Damit Metrand auf seinem Co-Pilotensitz nicht langweilig wird, darf er sich diesmal als Held verdingen und auf die eben von Patroni gezeigten Kunststücke noch eins draufsetzen – noch mehr Pirouetten, waghalsige Sturzflüge fast ins Meer hinein, während sein Partner parallel das Seitenfenster öffnet und vergeblich Signalmunition abzuschießen versucht – wenn es sein muß, auch kopfüber. Wenigstens bekommen die Passagiere dabei etwas frische (sprich: mindestens orkanartige) Luft, und auch beim zweiten Mal kommen alle mit dem Leben davon, bis auf die abstürzenden Piloten der Kampfjets.

Tatsächlich muß sich der Zuschauer bereits in der ersten Stunde (denn das oben Geschilderte ist allen Ernstes lediglich der Stoff für rund 60 von 108 Minuten) mehrfach kneifen, um zu realisieren, daß die Macher diesen quietschfidelen Blödsinn wohl bierernst gemeint haben, so bekloppt, wie das Drehbuch geschrieben ist. „Die Concorde“ spielt sich in vielen Szenen wie eine Parodie auf Katastrophenfilme und steht der eigentlichen, etwa zeitgleich entstandenen Verarsche „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ in ihren besten Momenten in nichts nach.

Neben der angesprochenen Beklopptheit kommen nun auch schier unglaubliche Nachlässigkeiten hinzu: Die Zwischenlandung in Paris geht zwar etwas holprig, aber auch wie geplant über die Bühne, doch sollte man nun annehmen, die beiden rätselhaften Vorfälle in der Luft würden von den offiziellen Stellen (Flugsicherheit, Polizei o.ä,) untersucht werden, so irrt man. Stattdessen werden über Nacht einfach die wenigen technischen Defekte am Flugzeug behoben, ehe es am nächsten Tag fast mit der gleichen Besatzung, von der offensichtlich jeder, ob Kind oder Greis, die atemberaubenden und lebensgefährlichen Luftloopings vor einigen Stunden als lustigen Betriebsausflug wahrgenommen hat, mit dem Flug nach Moskau weitergeht. Wer hier noch einmal mit dem Kopf die Tischplatte streicheln will, sollte es jetzt tun, wenn ihn nicht vorher schon das kleine romantische Intermezzo unseres Piloten-Opas Patroni mit einer Prostituierten (inklusive Kaminfeuer) in die Bewußtlosigkeit getrieben hat. Oder das Treffen zwischen Maggie und ihrem Schurken-Ex Harrison, bei dem man sich die ganze Zeit fragt, warum er sie nicht einfach umpustet oder umpusten läßt, wo sie doch jetzt am Boden leichte Beute ist.

Wobei: Warum einfach, wenn es auch schwer geht? Harrison hat ja noch einen viel genialeren Plan ausgetüftelt: Er hat nämlich einen Techniker gekauft, der eine Zeitschaltuhr an der Frachtluke der Maschine anbringt, die sich dann zu einer bestimmten Zeit öffnen und das Flugzeug durch die damit einhergehenden Schäden auf dem Weg nach Moskau zum Absturz zwingen soll – und eine ungeplante Landung irgendwo in den verschneiten Alpen notwendig macht. Somit erleben wir in „Die Concorde“ gleich drei Katastrophensituationen zum Preis von einem, der pure Overkill, alles auf Kosten der Logik und zu Gunsten einer nicht mehr zu beschreibenden Lächerlichkeit.

Wie es sich für eine echte Trashgranate gehört, ist außer dem Skript auch alles andere an dem Film furchtbar und/oder falsch: Lalo Schifrins überdramatischer Score paßt so überhaupt nicht, Delon bleibt blaß wie selten und paßt sich chamäleonartig ganz seiner Filmfreundin Kristel an, Warner wird auf geradezu unverschämte Weise völlig verschenkt, Kennedy reißt ständig blöde Witze und spielt allgemein so aufgedreht, als hätte ihm jemand etwas Speed ins Frühstück gemischt (das ist selbst für seine sonstigen Verhältnisse over-the-top) und Wagner gibt sich mit seinem Stoneface erst gar keine Mühe, einen anderen Eindruck zu erwecken, als würde er den ganzen Scheiß nur irgendwie hinter sich bringen wollen. Minuspunkte auch für die optisch erbärmlichen Effekte in den Flugszenen und einige unschöne Rückprojektionen, die „Die Concorde“ stellenweise den Look verleihen, immer noch Ende der 60er, Anfang der 70er festzuhängen, obwohl wir doch schon auf die 80er zugehen.

Summa summarum ein echter Katastrophenfilm, nur eben nicht in der Schilderung der Situation, sondern auf inhaltlicher, technischer und schauspielerischer Ebene, aber wenigstens keine Sekunde langweilig und in seinem Totalversagen schon fast wieder faszinierend. Mehr als 3/10 kann man dafür aber wirklich nicht geben.

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