Mit dem Film "Til Death" meldet sich Jean Claude van Damme zwar nicht zurück auf die großen Kinoleinwände dieser Welt, schafft es aber, nach jahrelangem Mitwirken in Filmen mit geringem Niveau endlich wieder einen achtbaren Film auf den Markt zu bringen.
Ich möchte fast sagen, dass der, mittlerweile in die Jahre gekommene, Belgier sich langsam auf dem richtigen Weg befindet.
Jahrelang verschrien, als einfacher Action-Darsteller, ohne sonderlich großes schauspielerisches Talent, wollte man und konnte man ihn nur in weniger tiefsinnigen stupiden Hau-drauf Streifen bewundern, die sich allesamt wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert haben.
Der Belgier, für den es schwer zu sein scheint, von seinem Martial-Arts Image loszukommen, bekommt mit der Rolle des Anthony Stowe erneut die Chance eine mehr realistische und ernsthaftere Rolle zu übernehmen. Immer wieder deutete van Damme an, er wolle mehr glaubhafte realistische Rollen verkörpern, in Filmen in denen die Handlung und nicht die Actionszenen im Vordergrund stehen. Nun bekam er in Simon Fellows Werk „Til Death“ die Chance sich als besserer Schauspieler zu beweisen und einen ersten kleinen Schritt zu seriöseren Rollen zu machen.
Nach unzähligen missratenen Low-Budget Actionfilme, bei denen die Geschichte, wie ein zwanghafter Zusatz wirkte, der ab und an zwischen den vielen mittelmäßig bis schlechten Actionsequenzen zum Vorschein kam, kommt mit diesem Werk ein Film zu Tage, bei dem die Action zwar noch immer nicht gänzlich vom Tisch fällt, jedoch mehr zweitrangig neben der Handlung erscheint.
Um ehrlich zu sein würde man einen Film mit Jean Claude van Damme, der gänzlich gewaltfrei wäre auch nicht wirklich besonderes Augenmerk schenken, da man ihm, aufgrund seiner Vergangenheit, solche Art Rollen nicht zutrauen kann.
Mit Sicherheit würden die meisten einen solchen Film mit einem Lächeln auf den Lippen als weiteren Misserfolg in der Karriere des Belgiers abstempeln und wenig Beachtung schenken. Jedoch hat bei „Til Death“ die Gewalt und die Action einen anderen Stellenwert als beispielsweise bei Filmen wie „Hard Corps“ oder „Derailed“.
Die Action-Sequenzen harmonieren mit der einhergehenden Handlung und unterstützt diese vielmehr, als dass sie diese überschattet. Dadurch gewinnt der Film vielmehr an Realismus, Glaubwürdigkeit und Tiefe. Auch wenn van Damme durch den Film kein zweiter Pacino oder de Niro geworden ist spielt er zum aller Ersten Mal eine lebensechte Rolle, wie sie so irgendwo auf der Welt existieren könnte.
Van Damme ist nicht darauf angewiesen, auf seine alten Tage, im Alleingang ganze Verbrecherscharen aufzumischen und mit Martial-Arts Künsten auf die Bretter zu schicken. Hier steht vielmehr die Wandlung seiner verkörperten Rolle im Fokus.
Wie der drogenabhängige Undercover-Polizist nach und nach zu einem mentalen Wrack dahinvegetiert, nachdem er bei Kollegen und Frau immer mehr in Ungnade fällt. Den Karriere- und Lebenstiefpunkt erlangt Stowe, nachdem er bei seinem letzten Einsatz aus angeblichen Eigenverschulden zwei Partner verliert und kurz darauf zu alledem erfährt, dass seine schwangere Ehefrau ihn verlassen wird.
Vollgepumpt mit Drogen und Alkohol fängt er sich bei einer Schießerei mit seinem größten Widersacher und Ex-Partner, Callahan, eine Kugel ein, wodurch er nur knapp am Tod vorbeischrammt.
Fortan konzentriert sich der Film darauf, wie Stowe Schritt für Schritt wieder zu sich findet und vor allem einen Sinneswandel durchlebt, der ihn zu einem anderen, einem besseren Menschen werden lässt, ohne dabei unglaubhaft und realitätsfremd zu werden.
Man merkt, dass van Damme die Rolle leicht zufallen scheint, war er doch selbst jahrelang Drogenabhängig.
Zu Beginn des Filmes spielt er, für seine Verhältnisse, beinahe schon grandios, wie er als abgewrackter Cop sturzbetrunken, mit tiefen Augenringen und bleichem Gesicht seinen Tag durchlebt, nur um sich Abends den nächsten Schuss zu setzen, um für wenige Augenblicke, sein Leben und den Schmerz zu verdrängen.
Den gesamten Film über bleibt seine Rolle, da wiederhole ich mich gerne, glaubhaft. Er wird zu keiner Zeit der tadellose Held und Vorzeigemensch. Sein Sinneswandel ist erkennbar und dennoch nicht zu sprunghaft oder gar surreal. Alles in Allem wird er menschlicher. Lernt eine ganz neue menschliche Seite an sich kennen, die sich anderen öffnet und Freundschaft erfährt.
Es freut mich zu sehen, dass endlich ein Film erschienen ist, bei dem van Damme die Miseren vergangener Jahre in den Schatten stellt und hoffentlich endlich die Weichen in eine bessere Richtung gestellt hat.
Auch sonst merkt man, dass der Film, neben der schauspielerischen Verbesserung des Hauptdarstellers, mehr denn eine Klasse besser ist als die letzten Werke, in denen der belgische Star mitgewirkt hat.
Die Kameraführung und die Schnitttechnik wirkt sehr viel professioneller und erinnert an bessere Kinowerke. Keine hektischen Schnitte, keine amateurhaften Aneinanderreihungen von Nahaufnahmen und überflüssigen Einstellungen, die dem Film einen unpassenden Flair verpassen würden.
Seit „Universal Soldier“ und „Harte Ziele“ der wohl erste Film van Dammes, bei dem mir die Kameraführung und Schnitttechnik gefallen, ja mich schon wieder an besseren Kino und weniger an schlechte B- und C- Low-Budget Produktionen erinnert hat. Mit zwei drei kleineren Ausnahmen, bei denen eine scheinbar innovative Kameraschwenkung verwendet wurde, welche eher überflüssig erschien, da sie nicht einen durch den kompletten Film verfolgten Stil darstellte, ist die Kameraführung sehr gelungen.
Auch die musikalische Untermalung des Actiondramas, bzw. des actionbeinhaltenden Dramas passt zu den jeweiligen Szenen. Immer beklemmend, an manchen Stellen heiter, dennoch mit einem düsteren Unterton, der einen nie ganz aus der traurigen Stimmung herauskommen lässt, erfüllt die Komposition ganz und gar ihren Zweck. Mit Sicherheit handelt es sich um keinen Score, den man sich unter Tage, auf dem Weg zur Arbeit, oder während des Abendessens, anhören würde aber in Kombination mit dem Film und den entsprechenden Szenen wirkt der Soundtrack sehr zufriedenstellend.
Da die Action dennoch ein Bestandteil des Films ist, möchte ich abschließend doch noch auf sie eingehen. Ich würde sagen es gibt zweierlei Arten von körperlicher Gewalt im Film.
Zunächst die trockene Gewalt, des Anthony Stowe, vor dessen Verwundung und Sinneswandel. Diese ist kalt und direkt und mehr als Zweckmäßig. So verhört er in guter alter „Bad-Cop“- Manier festgenommene Tatverdächtige, fackelt nicht lange von seiner Waffe gebrauch zu machen, wenn er nicht die Antworten bekommt, die er hören möchte und schreckt nicht davor zurück, Frauen zu misshandeln oder die Mitarbeiter des Abschleppdienstes zu vermöbeln, weil er gerade von seiner Frau verlassen wurde.
Die andere Art der Gewalt kommt im zweiten Tei des Films zum tragen und spitzt sich im finalen Shootout zu. Hier bleibt sie dezent und realitätsnah. Die Involvierten feuern mit Handfeuerwaffen um sich, suchen hinter Betonsäulen Schutz und werden nach und nach durch ein oder mehrere Kugeln zur Strecke gebracht, ohne, dass dabei der, noch immer schwer verletzte Stowe, Heldentaten vollführt oder übermenschlich durch die Gegend hechtet und einen Bad-Guy nach dem anderen mit Fausthieben ins Jenseits schickt.
So beklemmend wie der Film sind auch die immer wieder unerwarteten, Tötungsszenen, die wie ein Messer in die Handlungskette einschneiden und wegen denen der Film wohl auch seine „kj-Einstufung“ erhalten haben dürfte.
Im Vergleich zur US-Kinofassung sind mir 3-4 Abänderungen ins Auge gefallen. Es mag sein, dass es hier und da noch einige kleinere Änderungen gab, die mir dann aber auch nicht aufgefallen sind. Um nicht zu Viel zu verraten möchte ich auch nicht unbedingt näher auf die angesprochenen Szenen eingehen. Alles in allem fand ich die in der US-Fassung geänderte Szenen, zw. Stowe und seiner Frau, wenngleich es sich nur um zwei Sätze handelt und eine der Tötungsszenen besser als im deutschen Release. Wobei ich sagen muss, dass mir das düstere Ende der deutschen Version viel mehr zusagt und auch zu dem realistischen Gesamtbildes des Streifen besser passt, als das typisch amerikanische Hollywood Ende der US-Fassung.
Alles in allem denke ich, haben beide Versionen ihren Reiz und werden beim Publikum auf Befürworter stoßen.
Ich für meinen Teil finde, dass „Til Death“, nach langem Überlegen, aufgrund seiner Story und der realistischen Tiefe vielleicht zu den Top 3, mit Sicherheit zu den Top 5 aller van Damme Filme zählen dürfte.