Ganz und gar beeindruckend...13.06.2011
Man möge es mir verzeihen, wenn ich das eingangs sage, aber ich bin, was Filme betrifft, eigentlich ein recht harter Hund. Weinen im Kino ist meine Sache eigentlich nicht, und bei vielen Filmen merkt man, daß sie ganz gezielt nur die Tränendrüse ansprechen wollen - und keinen Kitsch auslassen, um den Zuseher zum Heulen zu bringen. Das mag ich nicht, denn manipulatives Kino mißfällt mir zumeist. Doch dieser Film hier ist anders. Er packte mich von der ersten Minute an, brachte mich andauernd zum Nachdenken und ließ die Tränen nur so kullern. Nun, den einen oder anderen Single wird dieser Streifen trotz hervorragender Darsteller nicht ansprechen, denn dann ist die Story nicht so ganz nachvollziehbar, aber mir ging er an die Nieren, denn ich bin seit einiger Zeit glücklich verheiratet und möchte mir ein Schicksal wie das der beiden Hauptfiguren nicht ausmalen.
Es ist ein ruhiger Film, der sich seinem Sujet anpaßt und es dazu noch schafft, sämtliche Klippen der Rührseligkeit und des Kitsches säuberlich zu umschiffen. Hier ist nichts nach Kalkül gedreht, und auch das Ende ist kein glückliches nach Art von Hollywood. Wie auch, denn die dem Film zugrunde liegende Krankheit Alzheimer ist eine gnadenlose, die den Angehörigen des Erkrankten schwer zusetzen kann. Hier nun trifft es Fiona und Grant, die seit über 40 Jahren verheiratet sind und ihr Leben auch gemeinsam zu Ende führen wollten - bis die Krankheit ihnen einen Strich durch die Rechnung macht. Der Film setzt auch erst dann ein und beginnt nach einem superkurzen Flashback mit den ersten Symptomen, die sich bei Fiona manifestieren. Man weiß nun schon, wie es weitergehen wird, doch der Film hat anderes im Sinn. Fiona beschließt noch mit klarem Kopf, in ein Pflegeheim zu gehen, und ihr Ehemann stimmt, wenn auch widerwillig, zu. Die Regeln im Heim ( welches recht exklusiv wirkt, aber das nur beiseit ) fordern 30 Tage Besuchssperre, damit sich Neuankömmlinge eingewöhnen können...und hier fragt man sich wie den ganzen Film über, ob man das auch so gemacht hätte wie Grant, der die Entscheidung seiner Frau hinnimmt - mit harten Konsequenzen.
Denn nach 30 Tagen besucht Grant seine Fiona erstmals, doch ihn trifft ein harter Schlag. Sie erkennt ihn nicht wieder und hat sich dem Heimbewohner Aubrey zugewandt, den sie für ihren Liebsten hält - für Grant gibt es nur freundliche, aber nichtssagende Worte. Wir sehen nun, wie Grant mit dieser Situation umgeht, versucht, sein Leben auf die Reihe zu bringen und auch eine neue Beziehung eingeht, auch wenn diese mehr Trost als Liebe ist. Doch vielmehr sehen wir zwei alte Menschen, die wunderbar gespielt werden, am Ende ihres Weges alle Pläne über den Haufen werfen müssen. Das ist unsagbar traurig, da keinerlei Hoffnung in Sicht ist und selbst die letzten Sequenzen eines möglichen Wiedererkennens nicht von Dauer sind ( im Abspann ertönt der Song "Helpless" von K.D. Lang, herzzerreißend...).
Der Film macht wirklich alles richtig, von der Wahl der Darsteller über die blassen Farben ( die das Verschwinden der Erinnerung wiederspiegeln ) und den Soundtrack bis hin zur konsequenten Umsetzung des Alzheimerthemas. Man kann alles zu jeder Zeit nachvollziehen und mitempfinden, und dazu bedarf es nicht vieler Worte, sondern nur eines Gesichtsausdrucks des Ehemannes, dessen zunehmende Verzweiflung ihm allzeit abzulesen ist. Schon lange habe ich keinen so überaus gelungenen Film mehr gesehen, aber angesichts der ihn umwehenden Traurigkeit werde ich ihn mir wohl kein zweites Mal mehr zu Gemüt führen...das strengt die Tränenkanäle zu sehr an - 10/10.