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Die Ehe von Grant und Fiona ist durch viele Höhen und Tiefen gegangen, doch jetzt steht sie vor ihrer wohl größten Prüfung, denn Fiona ist an Alzheimer erkrankt. Die einzige sinnvolle Maßnahme ist es daher, sie in ein Pflegeheim einweisen zu lassen. Auch wenn Grant damit nicht einverstanden ist und immer noch hofft, dass die Aussetzer seiner Gattin einen anderen Grund haben, akzeptiert er letztendlich ihre Entscheidung. Dem Paar ist es die ersten dreißig Tage verboten sich zu treffen, damit sich die neue Bewohnerin gut in ihre fremde Umgebung einleben kann. Als Grant seine Frau nach dieser schier endlos langen Zeit besuchen kommt, muss er schmerzvoll erkennen, dass die Krankheit doch schon weiter fortgeschritten ist als beide annahmen, denn sie erkennt ihn nicht mehr. Noch schlimmer ist jedoch, dass sie mit Aubrey einen neuen Verehrer und Freund gefunden zu haben scheint. Zunächst hält Grant sich noch zurück und lässt beide gewähren, doch als er merkt, dass sich seine geliebte Frau immer mehr von ihm entfernt, beschließt er einzugreifen.

Sarah Polleys Regiedebut heimste nahezu überall sehr gute Kritiken ein - nicht ganz zu Unrecht. Mit „An ihrer Seite" gelang ihr ein stilles Werk, das zum Nachdenken anregt und von seinen guten Darstellern getragen wird. Auch wenn überall Julie Christie mit Lob überhäuft wurde, gefällt mir Gordon Pinsent fast noch ein wenig besser. Seine Darstellung des „betrogenen" und mit der Situation letztendlich überforderten Ehemannes ist sehr eindringlich und nachvollziehbar geraten.

Polleys Problem ist allerdings, dass die Krankheit, die sie beschreibt, eben eine sehr schleichende ist. An manchen Stellen gerät ihr Film daher etwas knapp, obwohl er mit einer Laufzeit von 105 Minuten eigentlich ziemlich lange ist. Für den Zuschauer ist es jedoch schwer nachzuvollziehen, dass Fiona ihren Ehemann schon nach so kurzer Zeit komplett vergessen zu haben scheint, zumal das filmisch gerade einmal zehn Minuten sind. Doch wäre sie noch ausführlicher auf die Entstehung dieser Tatsache eingegangen, hätte der Film ausufern können.

Auch die Handlungsweisen von Grant, der mit der Ehefrau von Aubrey anbandelt, erschließt sich mir nur bedingt. Auf der einen Seite könnte man daraus schießen, dass er sich nach Zärtlichkeit sehnt, die ihm seine Frau nicht mehr geben kann, auf der anderen wirkt mir dieser Handlungsstrang nicht ganz realistisch. Dafür werden die Gefühle für seine Frau im ersten Abschnitt zu intensiv dargestellt, als dass man ihm diese Romanze komplett abnehmen würde. Aber auch hier liegt das wohl am gleichen Problem wie bereits oben - die Regisseurin musste ihren Film natürlich straffen.

Trotzdem ist „An ihrer Seite" natürlich als gelungen zu bezeichnen und gibt, auch anhand anderer Schicksale, die in die Handlung im Pflegeheim integriert wurden, einen sehr guten Einblick in eine scheußliche Krankheit, die sich zwar jederzeit verschlechtern, aber praktisch nie bessern kann. Die Darstellerleistungen sind intensiv, die Regie von Polley zurückhaltend, aber eindringlich geworden. Macht unter dem Strich sieben Punkte.

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