Schade um die Knetmännchen ! - Die noch liebenswert in Handarbeit geformten Figuren der englischen Trickfilmfirma Aardman haben eine glatte, Computer animierte Optik erhalten. Zwar sind sie in ihrer Dreidimensionalität diesen nachempfunden, aber die Tiefenwirkung und der Charme ,den diese Figuren zuvor ausstrahlten, ist damit nicht zu vergleichen.
Dafür sind die Hintergründe und Details, die das Szenario der Kloake im Untergrund Londons bietet, natürlich deutlich vielfältiger und großartiger, so daß ein Teil des optischen Verlustes wieder wettgemacht wird. Viel stärker wiegt in "Flutsch und weg" aber der Verlust der typisch skurrilen britischen Eigenarten, die das Universum um "Wallace&Gromit" immer ausgezeichnet haben. Hier hat sich zum ersten Mal der amerikanische Partner Dreamworks durchgesetzt und so entstand ein Trickfilm für die ganze Familie...
Im Mittelpunkt steht Hausmaus Roddy, ein Abkömmling der Londoner "Upper Class", denn während sich die Meisten seiner Artgenossen in den unterirdischen Abflußrohren tummeln, genießt er das Luxusleben im trauten Heim als gepflegtes Haustier - besonders wenn "seine Familie" mal für einige Zeit weg ist. Dumm nur, daß eine dieser "Kanalratten" durch die Rohrleitung nach oben gespült wird und Roddy bei seinem gepflegten Leben stört.
Der Versuch ihn loszuwerden, geht nach hinten los und so macht Roddy Bekanntschaft mit der Unterwelt und damit mit dem harten realen Leben dort. Wer hier jetzt eine Konfrontation zwischen verschiedenen Schichten erwartet ,verbunden mit einer Odyssee des armen Roddy, wird enttäuscht. Der Film verschenkt hier jedes Potential und bleibt seiner kindgerechten familientauglichen Linie treu.
Roddy gerät in ein klassisches Abenteuer, bei der eine dicke Kröte als Unterweltboss die Fäden zieht. Die toughe ,hübsche Maus Rita hat sich mit diesem angelegt und Roddy platzt mitten in deren Auseinandersetzung. Natürlich stellt er sich trottelig an und selbstverständlich hält sie zuerst nichts von diesem gelackten, weltfremden "Upper-Class"-Weichei, aber ganz schnell zeigt Roddy, daß er das Herz auf dem rechten Fleck hat.
Genau hier liegen die größten Unterschiede zu Aardmans früheren Werken, besonders zu "Wallace&Gromit". Hier ließen sie sich noch Zeit, die beiden Hauptcharaktere auszuarbeiten, eine Leistung ,zu der nur wenige Zeichentrickfilme bisher in der Lage waren. Zusätzlich verstärkt wurde die Identifizierung durch den überhaupt nicht angepaßten, fast weltfremden Charakter der Beiden und ein großer Teil des Witzes lag in ihrem Zusammenspiel, völlig unabhängig von besonderem Wortwitz oder gar Action.
In "Flutsch und Weg" ist dagegen immer was los, der Film gönnt sich nur wenige Ruhepausen. In aberwitzigem Tempo rast man durch die Röhren, fällt aus sämtlichen Höhen und läßt dem Slapstick großen Raum. Das ist überzeugend animiert und unterhält durchgehend, selbst die Familienszenen die dem Einzelgänger Roddy zeigen sollen, was er verpaßt, wirken witzig in ihrer ständigen Abwechslung im Schaukelmodus.
Die Stärke des Films, der thematisch und auch in der Darstellung der Brutalität immer im Rahmen der kindgerechten Unterhaltung bleibt, liegt in seinen Details. Zum Einen gibt es hier doch ein paar nette Anspielungen auf englische Vorurteile, seien es die französischen kriminellen Frösche mit einem eigenen pantomimischen Übersetzer oder die deutsch-englische Fußballhistorie, die immer wieder Anlaß zu Lachern geben oder seien es die vielen witzigen Nebenfiguren. Besonders gelungen sind hier die Nacktschnecken, die meistens im Chor auftreten und entweder schreien oder für die musikalische Untermalung sorgen - sicherlich der Höhepunkt des Films.
Fazit : trotz des Schauplatzes in der "bösen und dreckigen" Unterwelt, in die ein unbedarfter Vertreter der "Upper Class" unfreiwillig eintritt, ist "Flutsch und weg" ein harmloser Unterhaltungsfilm für die ganze Familie. Gefördert wird dieser Eindruck noch durch die glatte Computer-Optik und platte Charakterisierung der Hauptakteure, was ein wenig wie Verrat an der eigenen Sache der "Wallace&Gromit"-Macher wirkt.
Unabhängig davon unterhält der Film sehr gut mit zahlreichen Einfällen, ordentlichem Wortwitz und "viel Action". Der Gesamteindruck bleibt insgesamt mittelmäßig, trotz der in ihrer Umsetzung gewohnt hervorragenden Animation - die Story ist einfach zu schwach und wenig originell.
Als nette Nachmittagsunterhaltung geeignet, in die man getrost mit seinen Kindern gehen kann. Wer Skurriles und schwarzen Humor sehen möchte, ist hier fehl am Platz - was bleibt sind die Nacktschnecken (5/10).