Review

Man kann auch mit dem Mini-Budget von 12.000 Euro einen abendfüllenden Spielfilm drehen, ohne dass dieser gleich den Amateurstempel aufgesetzt bekommt.
„Unter Wölfen“ sieht recht talentiert aus, da kommt wieder ein wenig Hoffnung auf deutsche Talente auf, denn Rene Sydow und Daniel Hedfeld liefern mit diesem Streifen ihre Diplomarbeit ab.
Bis auf einige Mängel, würde ich sagen, bestanden!

Schauplatz der Handlung bilden Wald und Jagdhütte in Tschechien. Firmenchef Otto hat seine Mitarbeiter zu einem Jagdwochenende eingeladen und hätte sich wohl kaum träumen lassen, kurz darauf erschossen im Wald zu liegen.
Keiner weiß anscheinend, wie es dazu kam, doch jeder verdächtigt den anderen, es wird intrigiert und die Schuld von sich gewiesen, dabei haben einige Mitarbeiter ein offensichtlich deutliches Motiv, aber niemand ein Alibi.

„Ich dachte, ich wäre unter Freunden, nicht unter Wölfen“ sagt einer der Beteiligten, als man versucht, ihm alles in die Schuhe zu schieben.
Doch wer ist wirklich verantwortlich, wer hatte das deutlichste Motiv?
Vielleicht Chefs junger Stellvertreter Klaus, dem nun die ganze Firma gehören würde, oder Heiner, der vom Chef degradiert wurde, obwohl er einst Gründungsmitglied war.
Könnte ja auch Sebastian gewesen sein, dem einfach ein Schuss daneben ging, was seine mitgereiste Verlobte Iris unter allen Umständen zu vertuschen sucht, damit er in der Firmenhierarchie eine Stufe nach oben klettert. Am Ende Ernst, der die Leiche gefunden hat und sich nachfolgend von den anderen leicht beeinflussen lässt.
Ein durchaus ansprechender Stoff, der dem Zuschauer sogar Raum zum Miträtseln gibt.

Zwar wird ein wenig Vorlauf benötigt, bis die Leiche im Wald liegt, danach geht es jedoch relativ turbulent zur Sache. Ein einheimischer Förster sieht die Leiche, wird k.o geschlagen und im Keller der Jagdhütte gefesselt, die Verdächtigen gehen sich gegenseitig an den Kragen, angebliche Beweise werden dem anderen zugeschoben, egal, wer den Chef getötet haben mag, - erstmal die eigene Haut retten.

Mag es dem einen oder anderen Zuschauer unlogisch erscheinen, nicht gleich die Polizei zu rufen und sogar den unbeteiligten Förster zu drangsalieren, so kann ich mir dennoch gut vorstellen, dass eine solche Stresssituation zu komplett irrationalen Verhalten führt, welches irgendwann eskaliert.
Das findet sich dann im blutigen Finale, bei dem es gleich mehrere Tote innerhalb von zwei Minuten gibt.
Kommt zwar ein wenig abrupt und konstruiert, aber durchaus temporeich und Fx-technisch brauchbar daher.

Was der Erzählung dabei ein wenig fehlt, ist die Nähe zu den Figuren, man möchte fast sagen, sie sind typisch deutsch, ein wenig kalt und unzugänglich ausgefallen, etwa wie in einem durchschnittlichen „Tatort“.
Dafür agieren die weitgehend unbekannten Darsteller glaubhaft, nur Klaus und der Förster wirken ein wenig steif, Letztgenannter eher unbeholfen.

Richtig gelungen ist jedoch die Kameraarbeit, die stark variiert, besonders schnelle und irreführende Bilder bei den Jagdszenen erzeugt, mal eine Schräge in der Totalen bringt, dann wieder die Beine der Protagonisten beim Lauf durch den Wald begleitet, mehrere Blickwinkel liefert und zu keiner Zeit faul und unbeholfen draufhält.
Zwar keine super Einstellungen, die man noch nie gesehen hat, aber insgesamt sehr sauber.
Ähnliches Lob lässt sich der Filmmusik aussprechen, die ebenfalls von den Jungfilmern stammt. Hier variieren Sound-Fx (Inklusive Wolfsgeheul und tickender Uhr) mit dumpfen Beats und ein paar sehr interessanten Loops und schaffen eine bisweilen dichte Atmosphäre.
Nur an manchen Stellen etwas vordergründig und ein wenig zu laut.

Sicher, es finden sich einige Schwächen innerhalb der Story, ein paar Unwahrscheinlichkeiten und auch kleine Dummheiten und selbstverständlich ist dem Film sein äußerst geringes Budget deutlich anzusehen.
Aber für ein Erstlingswerk ist „Unter Wölfen“ recht ambitioniert, unterhaltsam und zeitweilig auch spannend ausgefallen.
Ich glaube zwar nicht, das man in Tschechien einfach so umherwildern darf und auch nicht, dass ein einheimischer Förster nach mehreren Schlägen mit einem Stein an den Kopf noch so munter umherfraggelt, aber sei´s drum, mein Abend ist gerettet und man darf gespannt sein, was Sydow und Hedfeld in Zukunft noch abliefern werden.
7 von 10

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